Achtung, sie fährt ein...
...die Trambahns Jerusalems!
Tja, wer hätte das gedacht - die Ewige Stadt hat eine Trambahn, so wie die meisten Städte Europas, aber eine absolute Seltenheit im Nahen Osten, und einzigartig in ganz Israel! Und sie funktioniert auch noch.
Man sagt, dass die spätere Premierministerin Golda Meir, als sie Transportministerin war, dem damaligen Premierminister David Ben-Gurion vorschlug, eine U-Bahn in Tel-Aviv zu bauen. "Tolle Idee", soll er gemeint haben, und Golda versprach, innerhalb von 1-2 Jahren sei sie fertig. Das war 1960, und Tel-Aviv hat immer noch keine U-Bahn. Als also der damalige Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert 1995 großkündig verkündete, dass innerhalb von 5 Jahren eine Trambahn durch Jerusalem fahren würde, waren die meisten Israelis - und nicht nur sie! - eher skeptisch.
Daran glaubte niemand: Jerusalemer Trambahn von innen
Doch wir greifen vor: Bereits zu biblischen Zeiten gab es einen Weg, den man heute als "Weg der Patriarchen" (Derech ha-Avot), der von Meggido im Norden Israels bis zu Beer Sheva im Süden Israels führte, und natürlich - wie konnte es anders sein! - auch über Jerusalem führte. Damals bestand die Stadt natürlich nur aus dem Teil, den man heute "Altstadt" bezeichnet.
Die wenigen Reisenden (Händler, Missionare und religiöse Pilger) kamen damals per Pferd, Kamel oder Esel - und, wenn sie Geld hatten, per Kutsche. Oft aber auch zu Fuß.
Es sollte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Industriellen Revolution, als auch im Nahen Osten die Idee einer Zugverbindung einsetzte. Die Rede ist natürlich vom Orient-Express, der ab 1883 Europa mit dem Nahen Osten verband. Und so konnte man von Berlin, Paris oder London bis nach Konstantinopel (heutiges Istanbul fahren), aber nicht weiter.
Neun Jahre später wurde die Bahnstrecke Jaffa-Jerusalem eröffnet. In dem Zusammenhang gab es auch den Vorschlag, Jerusalem mit Bethlehem und Ein Kerem (ein antikes Dorf, heute Teil Jerusalems) zu verbinden und zwar von dem aus dem Libanon stammenden Ingenieur George Franijeh. Aus dem Ansatz wurde genausoviel wie aus der Idee Golda Meirs fast ein Jahrhundert später...
Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum! Jerusalemer am Fahrkartenautomat
Und dann kam das Jahr 1995. Bürgermeister Ehud Olmert verkündete großspurig seinen Plan, eine Trambahn in Jerusalem zu eröffnen, und wurde mit rasendem Applaus bedankt. Zumindest anfangs...
Es sollten 17 lange Jahre vergehen, bis die Trambahn ihre erste Fahrt durch die Nachbarschaften Jerusalems tätigen sollte - 17 Jahre, die eine abenteuerreiche Geschichte erzählen, von protestierenden Markthändlern (deren Geschäfte den Bach herunterliefen, da keine Autos mehr am Markt halten konnten), von hinzustoßenden und wegtretenden Firmen aus Israel und dem Ausland, von der Politik der Trambahnroute (mit Ostjerusalem oder ohne Ostjerusalem?), und von drei Bürgermeistern, die unterschiedlich nicht hätten sein können: Olmert, der korrupte Berufspolitiker, sein Nachfolger Uri Lupolianski, der Ultraorthodoxe, und schließlich Nir Barkat, der erfolgreiche High-Tech-Unternehmer und Marathonläufer...
Der neue Orient Express
Und heute? Seit Ihrer Eröffnung am 11. August 2011 ist die Trambahn ein voller Erfolg: Sie hat 23 Haltestellen (sowohl in West-. als auch in Ostjerusalem), erstreckt sich über 13 Kilometer, und dient wirklich allen Bürgern Jerusalems (sowie "Zuagroasten"), ohne Unterscheidung. An Bequemlichkeit ist sie kaum zu überbieten - und jeder, der einmal einen Bus in Israel genommen hat, weiß das. Und man hat die Möglichkeit, die Attraktionen einer der schönsten Städte der Welt gemütlich in Augenschein zu nehmen: Die Altstadt, den Herzl-Berg, die Stadtmauer, usw. Inzwischen wird schon heftig daran gearbeitet, die Strecke weiter auszubauen, so dass sie wirklich jede Nachbarschaft Jerusalem dienen kann.
Der Orient-Express ist tot - lang lebe der NEUE Orient-Express!
Bilder und Text: Rosebud
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