Ein Beispiel aus
Israel zeigt, wie sich private Familien staatliche Ressourcen aneignen und sich
zu Lasten der Bevölkerung daran bereichern.
Der Journalist Micki Rosenthal: Inzwischen in die Politik gegangen
Sammy Ofer: inzwischen verstorben
Eines Morgens las
der israelische Journalist Micki Rosenthal eine kleine Nachricht in der
Zeitung: Dort wurde bekanntgegeben, dass Sammy
Ofer, israelischer Milliardär und einer der reichsten Männer der
Welt, dem Stadtmuseum Tel-Aviv 20 Million Dollar spendet. „Das ist doch
eigentlich eine sehr nette Geste“, hört man den Kameramann zu Beginn des
Dokumentarfilms „Das Shakshukah-System“ sagen. Micki
Rosenthal jedoch wittert etwas Unreines. „Die Ofer-Brüder (Sammy und Juli Ofer)
würden nie etwas umsonst hergeben.“
Und er behält
recht: Als Gegenleistung zu seiner Spende (die dem Wert eines halben
Museumsflügel entsprechen) verlangt Ofer, dass das stadtliche Museum auf seinen Namen unbenannnt werden würde.
Mehr noch: In einer leicht übersehbaren Klausel wird festgelegt, dass die
Ofer-Familie bei Fragen, die das Grundstück des Museums betreffen, ein Mitspracherecht haben müssen.
Diese Methode hat
Programm bei den Ofers: Bei fast allen privatisierten Ressourcen des Staates
kauften sie sich prozentweise zu Schleuderpreisen ein, oft mit Hilfe von
illegalen Insidertipps oder Angeboten, die sehr nach Bestechung rochen (so
arbeiteten Mitarbeiter der Regierung, die den Ofer-Brüdern halfen, später oft für
ein besseres Gehalt bei ihnen). Anschließend führten sie diese Betriebe zu
riesigen Profiten, von denen sie ihren festgelegten Anteil an den Staat aber nie
abführten. Wie ein trojanisches Pferd übernahmen die Ofer-Brüder dann selbst
Betriebe, bei denen sie nur zu einem kleinen Prozentsatz eingekauft hatten:
Salzwerke am Toten Meer, Ölraffinerien, Hafenwerke, staatliche Medien etc.
Der Anwalt der
Ofers (Ram Caspi) hat das mit dem Kochen von Shakshuka, einem Gericht, bei dem
Spiegeleier in eine Tomatensoße hineingerührt werden, verglichen. Der Geschmack
der Tomatensoße –des Staates- wird da fast unmerklich von dem Geschmack der
Spiegeleier –der neuen Privatbesitzer- dominiert, bis nichts mehr von ihm
übrigbleibt. „Beachte meine Handbewegung“, meint der Staranwalt noch und macht
eine Kreisbewegung. Er bereitet dieses Gericht nämlich vor, sämtlichen
rechtlichen Hindernissen zum Trotz.
Shakshuka
Für die Arbeiter
hat dieses „Shakshuka-System“ nichts Gutes zu bedeuten: Hafenarbeiter wurden
durch billige Fremdarbeit ersetzt, bei den Salzwerken wurden Tagelöhner
eingestellt, die auf dem Papier gar nicht existieren und für 12-14 Stunden am
Tag einen Hungerlohn bekommen - und der Rest kuscht oder wird gefeuert.
Kaum hat man
diese schwere Mahlzeit verdaut, wird noch mehr Pfeffer in das Shakshuka –und
unsere Augen- gestreut: Sammy Ofer gibt eine Spende von drei Millionen Shekel (ca.
750,000 EURO) für Krebspatienten. Auch hier hebt Micki Rosenthal – und nicht
nur er- eine Augenbraue: Der skrupellose Geschäftsmann zuerst Patron der Kunst,
und jetzt auch Patron der Krebskranken?
Ein Blick auf die
Statistik der Betriebe der Ofers macht hier vieles klar: Versäuchte Flüsse,
verunreinigte Luft, nicht eingehaltene Sicherheits- und Gesundheitsvorkehrungen
sowie eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Krebs-, Unfruchtbarkeits-,
Lungenkrankheits- und Asthmavorfällen sind alles Beiprodukte der Ofer-Betriebe.
Im Vergleich zu den Kosten, die die Ofers zahlen müssten, um diese Betriebe
nach den Richtlinien in Stand zu halten, ist die Spende nicht mehr als
Wechselgeld – und gibt zudem eine PR, die preislos ist. Und auch das Gewissen
ist beruhigt.
Micky Rosenthal ist nach diesem Film in die Politik gegangen, und sitzt als Vertreter der Arbeiterpartei in der Knesset. Die Ofer-Brüder sind bereits verstorben, aber ihre Nachkommen kochen weiter Shakshuka. Durch
Vetternwirtschaft und aufgekaufte Proteges haben sie es geschafft,
ihre Kontrolle auszuweiten. Der Geruch des Ofer-Spiegeleis liegt in der Luft,
oder genauer gesagt: Es richt nach faulen Eiern.
Text: Rosebud
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen