Montag, 20. August 2012

Ein Liebhaber, eine befreite Braut und sephardische Gnade: AB Jehoshua





75 und kein bisschen leise: AB Jehoshua




Die bekanntesten Autoren Israels sind fast alle Ashkenazim, also Juden europäischer Abstammung. Eine Ausnahme ist AB Jehoshua, dessen Bücher weltweit bekannt sind, und der Sepharde ist, also aus dem Nahen Osten abstammt - mütterlicherseits aus Marokko, väterlicherseits seit 7 Generationen aus Jerusalem.




Für Jehoshua ist dies aber nicht nur eine Frage der Abstammung: Sowohl in seinen Essays als auch in seinem neuesten Buch ("Sephardische Gnade") sucht er nach der Tradition der Sepharden, die Toleranz, Religion, Kulturschaffung, Musik und Sprache in sich vereinen - nach dem Goldenen Zeitalter. Es ist kein Zufall, dass dieses im Spanien (Sephardi übersetzt sich auch als "spanisch") des Mittelalters stattfand: Hier lebten die drei großen Weltreligionen in Einheit und Frieden, und aus dem Zusammenfluß der Kulturen entstand eine wunderbare neue Tradition, wo Musik, Kunst, Poesie und Naturwissenschaften florieren konnten, ohne dass die Religion ihr im Wege stand, im Gegenteil: Religion war oft die Inspiration...






setzt sich für die sephardische Vision ein: Jehoshua




Die spanische Inquisition machte dem zunächst ein Ende. Jedoch führten die aus Spanien vertriebenen Juden auch in Marokko und Nordafrika ihre Tradition fort, die arabisch war und gleichzeitig jüdisch, europäisch und gleichzeitig orientalisch, religiöse Lieder und gleichzeitig Liebesgedichte emporbrachte, und auch weiterhin florierte.




Im 19. und 20. Jahrhundert - die Jehoshuas lebten inzwischen in der Altstadt von Jerusalem - kam es zu einer Renaissance des Goldenen Zeitalter: Juden, Araber und Christen lebten und schafften in derselben Stadt, unter den gleichen, harten Bedingungen. Jehoshua wuchs im Jerusalem dieser Einheit auf, und sah auch das Ende dieses Goldenen Zeitalters: Die religiöse Toleranz wurde durch religiösen Fanatismus ersetzt, das Kulturschaffen durch knallharten wirtschaftlichen Überlebenskampf, und Zusammenarbeit durch offene Feindschaft.




Durch sein Werk versucht Jehoshua jetzt, die Harmonie dieser Zeit zurückzubringen: Sei es der mysteriöse Liebhaber des gleichnamigen Romans, oder die befreite Braut, auch des gleichnamigen Romans - sie alle stehen für den Nahen Osten, und für das verlorengegangene Paradies des friedlichen Zusammenlebens. In wunderschönen Worten gefasst, wie dies nur AB Jehoshua kann, wird man auf eine Reise genommen in eine Zeit, wo Grazie, Anmut und Frieden nicht zerplatzte Träume oder Illusionen waren, sondern Realität.






Nur eine Illusion? Bei einem Vortrag Jehoshuas




Inzwischen lebt AB Jehoshua in Haifa, wo - im Gegensatz zu Jerusalem - Muslime, Juden und Christen auch weiterhin gemeinsam leben, nicht nur nebeneinander. Sowohl in seinen Büchern als auch seinen Essays versucht er immer noch, unermüdlich, seine Vision zu realisieren: Die Version eines Israels, das sich an Athen orientiert, nicht an Sparta. Schöpferisch entwickelt er sich ständig weiter, und schrieb kürzlich sogar ein Libretto für eine Oper.






Mit Übersetzer Stuart Shoffmann




Wird er recht behalten? Schwer zu sagen. Jedoch hat sich oft gezeigt, dass dasWort stärker ist als das Schwert. Und wer weiß, vielleicht werden Jehoshuas Worte uns alle durchdringen, und ein neues Goldenes Zeitalter wird sich öffnen.




Oder, um Brecht zu zitieren:

„Hat er was rausgekriegt?” (...)
Daß das weiche Wasser in Bewegung 
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. 
Du verstehst, das Harte unterliegt."
(Legende von der Entstehung des Buches Taoteking)

Bilder und Text: Rosebud

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