Der Kampf der Mizrahim, der Juden aus Nordafrika, um Gleichberechtigung in Israel spiegelt sich im Leben und der Musik Zohar Argovs wider. Er war die erste Stimme der Mizrahim in einer vom ashkenazischen (europäischen Juden) Establishment dominierten Gesellschaft. Sein Erfolg öffnete die Tür für eine neue Musikrichtung "musica mizrahit". Heute hört man –nicht nur in der Musik- viele ethnische Stimmen in Israel. Hat er sein Ziel erreicht?...
Von Benjamin Rosendahl
Die ganze Welt ist Bühne
Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.
Shakespeare, as you like it
Man wird schon als Schauspieler geboren - (...) und wir spielen und heucheln. (...) Sogar in unseren Liedern.
Zohar Argov, adam sahkan
Vor 27 Jahren, am 6. November, 1987, nahm sich Zohar Argov das Leben. Er wurde tot in seiner Gefängniszelle in Rishon LeZion gefunden. Mit 32 Jahren nahm sich dieses Idol des "zweiten Israels” das Leben: Er erhängte sich mit seinem Bettlaken. Niemand hat israelische Musik so revolutioniert wie der "Melekh" (König oder "The King"). Er schaffte es, "Musica Mizrahit" vom Status einer subkulturellen Randbewegung zu einem integralen Teil israelischer Kultur zu erheben. Gleichzeitig stellte er damit die Einstellung des ashkenazischen Establishments zu den Mizrahim in Frage. Heute spielen dieselben Radiostationen, die einst seine Schallplatten boykottierten,
Musica Mizrahit auf tagtäglicher Basis. Diese Musikform spielt heute einen zentralen Teil in der israelischen Musik. Leider hat Zohar Argov den Umfang dieser Entwicklung nicht mehr miterlebt.
1950s: Mapai - Einsam, auf dem Weg ins Nichts
Zohar Argov wurde als Zohar Orkabi am 8. July 1955 zu jemenitischen Immigranten in Shikun mizrakh, einem Armenviertel in Rishon LeTzion, Israel, geboren. Seine Kindheit wurde von ähnlichen Erfahrungen wie vielen Mizrahim geprägt: Die zehnköpfige Familie musste sich in einer Zweizimmerwohnung zurechtfinden, und war auf die finanzielle Hilfe jades Familienmitglied angewiesen. Zohar tat mit 13 Jahren, was von ihm erwartet wurde: Er brach die Schule ab und fing an, im Bau zu arbeiten.
Zohar Argovs erste Zuhörer waren Gäste von Bar-Mitzvahs waren, wo er sang – und sich den Spitznamen Hasamir erwarb. Das alles sollte sich schnell ändern.
1970s: Der Anfang der Mizrahi- Revolution
Sie sind keine netten Jungs
Golda Meir, über die israelischen "Black Panthers"
Die Jahre sind vergangen, aber an die Tage werde ich mich erinnern.
Zohar Argov, Kfar Awru Hashanim
Dann, 1971, kamen die Pantherim Haskhorim (Schwarzen Panther).
Es war ein Jahr vor Zohar Argovs Heirat (im Alter von 17 Jahren). Er arbeitete tagsüber am Bau und sang nachts in Klubs. Während die meisten Mizrahim in Rishon Letzion –so wie er- still ihr Schicksal akzeptierten, wurde im Jerusalemer Musrara- Viertel die Grundlagen für die Mizrahi- Revolution gelegt: So tauchte am 13. Januar 1971 der Name Pantherim Haskhorim das erste Mal auf (in der Al Hamishmar – Zeitung) "Wir werden die ‘Black Panthers’ von Israel sein." Schnell weitete sich die Bewegung aus.
Von Benjamin Rosendahl
Die ganze Welt ist Bühne
Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.
Shakespeare, as you like it
Man wird schon als Schauspieler geboren - (...) und wir spielen und heucheln. (...) Sogar in unseren Liedern.
Zohar Argov, adam sahkan
Vor 27 Jahren, am 6. November, 1987, nahm sich Zohar Argov das Leben. Er wurde tot in seiner Gefängniszelle in Rishon LeZion gefunden. Mit 32 Jahren nahm sich dieses Idol des "zweiten Israels” das Leben: Er erhängte sich mit seinem Bettlaken. Niemand hat israelische Musik so revolutioniert wie der "Melekh" (König oder "The King"). Er schaffte es, "Musica Mizrahit" vom Status einer subkulturellen Randbewegung zu einem integralen Teil israelischer Kultur zu erheben. Gleichzeitig stellte er damit die Einstellung des ashkenazischen Establishments zu den Mizrahim in Frage. Heute spielen dieselben Radiostationen, die einst seine Schallplatten boykottierten,
Musica Mizrahit auf tagtäglicher Basis. Diese Musikform spielt heute einen zentralen Teil in der israelischen Musik. Leider hat Zohar Argov den Umfang dieser Entwicklung nicht mehr miterlebt.
1950s: Mapai - Einsam, auf dem Weg ins Nichts
Zohar Argov wurde als Zohar Orkabi am 8. July 1955 zu jemenitischen Immigranten in Shikun mizrakh, einem Armenviertel in Rishon LeTzion, Israel, geboren. Seine Kindheit wurde von ähnlichen Erfahrungen wie vielen Mizrahim geprägt: Die zehnköpfige Familie musste sich in einer Zweizimmerwohnung zurechtfinden, und war auf die finanzielle Hilfe jades Familienmitglied angewiesen. Zohar tat mit 13 Jahren, was von ihm erwartet wurde: Er brach die Schule ab und fing an, im Bau zu arbeiten.
Zohar Argovs erste Zuhörer waren Gäste von Bar-Mitzvahs waren, wo er sang – und sich den Spitznamen Hasamir erwarb. Das alles sollte sich schnell ändern.
1970s: Der Anfang der Mizrahi- Revolution
Sie sind keine netten Jungs
Golda Meir, über die israelischen "Black Panthers"
Die Jahre sind vergangen, aber an die Tage werde ich mich erinnern.
Zohar Argov, Kfar Awru Hashanim
Dann, 1971, kamen die Pantherim Haskhorim (Schwarzen Panther).
Es war ein Jahr vor Zohar Argovs Heirat (im Alter von 17 Jahren). Er arbeitete tagsüber am Bau und sang nachts in Klubs. Während die meisten Mizrahim in Rishon Letzion –so wie er- still ihr Schicksal akzeptierten, wurde im Jerusalemer Musrara- Viertel die Grundlagen für die Mizrahi- Revolution gelegt: So tauchte am 13. Januar 1971 der Name Pantherim Haskhorim das erste Mal auf (in der Al Hamishmar – Zeitung) "Wir werden die ‘Black Panthers’ von Israel sein." Schnell weitete sich die Bewegung aus.
Auch kulturell trat eine neue, dismal authentische Stimme der Mizrahim an die Oberfläche: Es war die Stimme von Zohar Argov.
Nach einem kurzem Gefängnisaufenthalt (1978) entschloss sich Argov, Musiker zu werden. Vorerst trat er in kleinen Clubs wie Piano Bar ‘77 in Rehovot, und Moadon Habarvas in Yafo auf, wo er schon bald einen Namen für sich machte. Einer der Hauptgründe seiner Beliebtheit war der bewusste Einsatz nahöstlicher Musikformen, wie z.B. muwal (frei rhythmische Einweisung durch Wechsel von Kopf- und Bruststimme), lazima (Stimmeinsatz, gefolgt durch kurze instrumentale Antwort) und, natürlich, die nasale Stimme. Auch benutzte er Instrumente der Region wie Bozouki, Oud, und Qanun im Zusammenspiel mit Standard-Rockinstrumenten.
Bald kamen die ersten Kassetten heraus. Und noch heute erinnert sich Meir Reuveni, einer der Reuveni Brüder (die damals die einzigen Produzente von Musica mizrahit waren) daran, wie er Zohar Argovs erstes Demotape hörte und sagte: "Endlich habe ich den Meister, den ich all diese Jahre gesucht habe, gefunden". Argovs erstes Album, Elianor, war ein sofortiger Erfolg, und verkaufte sich schneller als es geliefert wurde. Es musste daher am Eingang des Ladens verkauft werden.
Dies war der Beginn eines neuen Genres, musica hakassetot (Kassettenmusik) – im Gegensatz zum Mainstream, der auf Schallplatten produziert wurde. Sogar der Leiter des staatlichen Radios Kol Israel benutzte diesen Ausdruck. Jedoch weigerte er sich "aufgrund des niedrigen Niveaus der Texte, Musik und Begleitung" diese Musik zu spielen. Aber selbst er konnte den Erfolg der Musica Mizrahit nicht aufhalten: Die Clubs, in denen Argov auftrat waren ebenso schnell ausverkauft wie seine Kassetten. Und aus fast jedem Laden der Tahana Merkazit [Hauptbusbahnhof] Tel Avivs (im Zentrum armer Arbeiterviertel) dröhnte die Musik Zohar Argovs. Eine Subkultur war geboren.
Dann, im Jahr 1982, kam das Festival der Musica Mizrahit: Zohar Argov sang – und gewann den Wettbewerb mit- sein wohl bekanntes Lied, Ha-Perah BeGani ("Die Blume in meinem Garten"). Das Lied hatte alle Elemente Musica Mizrahit (siehe oben),insbesonders muwal. Es war bahnbrechend, sowohl für israelische Musik im allgemeinen als auch für Musica Mizrahit im Besonderen: Das Lied wurde so beliebt, dass das israelische Musikestablishment dieses Genre nicht länger ignorieren konnte: Die staatliche Radiostation spielte von nun an Ha-Perah BeGani, und bald darauf konnte man überall Musica Mizrahit hören. Asher Reuveni (der andere Reuvenibruder) teilt den Status der Musica Mizrahit in "vor Ha-Perah BeGani” und "nach Ha-Perah BeGani". Und Argov, der vorher von den israelischen Medien ignoriert worden war, konnte sich vor Interviewanfragen nicht mehr retten. Er produzierte 10 Platten in 5 Jahren, die allesamt Erfolge waren. Mit seinem Erfolg öffnete er den Weg für andere Mizrahi Sänger. Man nannte ihn Hamelekh (der "King").
Leider endete sein Weg so wie der seines Spitznamensvetter (Elvis Presley): Drogen, Reha und Gefängniszellen. In einer derselbigen nahm er sich am 6. November 1987 das Leben.
Heute: Zwischen Kommerz und Korruption
Und heute? Heute spielt jede Mainstream- Radiostation Zohar Argovs Musik und niemand denkt daran Musica Mizrahit zu boykottieren, und sei es nur der Einschaltquoten wegen. Auch waren fast alle Gewinner der Talentshow kohav nolad (israelische Version von "Deutschland sucht den Superstar") Mizrahim (eine von ihnen gewann den Wettbewerb mit einer Coverversion eines Zohar Argov- Liedes, yam shel dm'aot). Auch öffnete Argov die Tür für andere ethnische Minderheiten: So kann Idan Reichel, der mit äthiopischen Musikern arbeitet, als Beispiel genannt werden. Und die Tatsache, dass israelische Musik eine Bandbreite an Identitäten und Stimmen vertritt –von russischem Rock bis arabischen Rap- hat viel mit einem Sänger zu tun, der das muwal seiner jemenitischen Eltern nicht aufgeben wollte.
Hier Zohar Argovs grösster Hit: Ha-Perech be-Gani
Bild: Public Domain
Text: Rosebud
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