Mittwoch, 24. Oktober 2012

Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum: Basel in Tel-Aviv

                                            Basel-Straße in Tel-Aviv

"In Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagen würde, würde man mich auslachen. In 5, spätestens aber in 50 Jahren, wird mir jeder zustimmen" (Theodor Herzl, 1897)

Herzl irrte sich nur um 1 Jahr: 51 Jahre, nachdem er diesen Tag in sein Tagebuch schrieb, wurde der Staat Israel gegründet.

Rückblick: Man schreibt das Jahr 1897. Nervös versammelten sich Delegierte aus aller Herren Länder in Basel, Schweiz, zum ersten Zionistenkongress. Anzüge und Fracks gibt es zuhauf, und die Herren tragen alle Zylinder. An kommt man natürlich per Kutsche. Diskutiert wird auf Deutsch - die Sprache, die Herzl als Landessprache des Staates sieht, den dieser Kongress entstehen lassen soll: Der Staat der Juden, zu diesem Zeitpunkt überall in Europa von Pogromen verfolgt.

                                             Café in Basel, Tel-Aviv

Mehr als 100 Jahre später sitzen - siehe oben - Menschen gemütlich in Basel - nicht Basel (Schweiz), sondern Basel (Tel-Aviv) - es ist dies eine Gegend, die nach der Stadt des Zionistenkongresses benannt ist, und die sich in Tel-Aviv befindet, der Stadt, die ihren Namen nach Herzls zionistischem Utopie-Roman "Altneuland" erhielt.

Den meisten Menschen hier ist diese historische Verbindung jedoch weder bekannt, noch interessant: Sie sitzen in einen der unzähligen Cafés hier, und sippen Espresso, während sie gemütlich die Zeitung lesen, oder aber haben zum Mittagessen Sushi oder Pizza mit Trüffel.

Kulturelles ist auch viel geboten in der Basel-Gegend: So sitzt hier das Israel-Ballett, die Israel-Oper ist 10 Gehminuten entfernt, und es gibt noch kleine Buchhandel, die nicht von großen Ketten gekauft wurden:

                                            "Bookshop Basel": Hier werden Bestellungen noch
                                            telefonisch genommen und handschriftlich vermerkt

Interessant zu bemerken ist auch, dass die ägyptische Botschaft sich hier befindet: In der Basel-Gegend, auf der Basel-Straße ist sie zwar gut überwacht, fügt sich aber ansonsten in diese idyllische Gegend schön ein. Und Herzl und sein Zionistenkongress hätten es bestimmt für gut befunden, dass der Nachbarstaat in Israel gut vertreten ist. Man kann nur hoffen, dass diese Idylle erhalten bleibt.

                                                Ägyptische Botschaft in Tel-Aviv


Aber auch für die, die es nach ruhigerem gönnt, hat Basel (Tel-Aviv) viele kleine Gassen, wo man ruhig im Schatten der Bäume wandeln kann, und sich von dem Lärmen und Treiben der Großstadt erholen kann.

                                            ruhige Ecke in Basel

Kurzum: Basel, Israel ist ein Genuß, und auf jeden Fall einen Besuch wert! Es befindet sich im Norden des Zentrums Tel-Aviv (die Gegend wird als "Zfon ha-jashan",also "alter Norden" bezeichnet, weil es früher der nördliche Teil Tel-Aviv wars, sich inzwischen aber viele Gegenden nördlich von hier hinzugesellt haben), Gehminuten von der Dizengoff- und Ben-Yehuda-Strasse, und auch nicht so weit vom Strand entfernt (ca. 10 Minuten zu Fuß). Nördlich ist man bald auf einer weiteren Hauptstraße, der Ibn-Gibrol-Straße, wo sich der Rabin-Platz befindet.

Es ist eine Insel der Ruhe und Harmonie, gleichzeitig aber auch ein "Hub", wo es rund geht - mit Cafés, Restaurants, und Bars. Herzl hätte seine Freude daran gehabt...

Bilder und Text: Rosebud

P.S. Weitere Bilder gibt es auf unserer Facebook-Seite              

Freitag, 19. Oktober 2012

Orient Express:

                                           Achtung, sie fährt ein...

                                          ...die Trambahns Jerusalems!

Tja, wer hätte das gedacht - die Ewige Stadt hat eine Trambahn, so wie die meisten Städte Europas, aber eine absolute Seltenheit im Nahen Osten, und einzigartig in ganz Israel! Und sie funktioniert auch noch.

Man sagt, dass die spätere Premierministerin Golda Meir, als sie Transportministerin war, dem damaligen  Premierminister David Ben-Gurion vorschlug, eine U-Bahn in Tel-Aviv zu bauen. "Tolle Idee", soll er gemeint haben, und Golda versprach, innerhalb von 1-2 Jahren sei sie fertig. Das war 1960, und Tel-Aviv hat immer noch keine U-Bahn. Als also der damalige Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert 1995 großkündig verkündete, dass innerhalb von 5 Jahren eine Trambahn durch Jerusalem fahren würde, waren die meisten Israelis - und nicht nur sie! - eher skeptisch.

                                       Daran glaubte niemand: Jerusalemer Trambahn von innen

Doch wir greifen vor: Bereits zu biblischen Zeiten gab es einen Weg, den man heute als "Weg der Patriarchen" (Derech ha-Avot), der von Meggido im Norden Israels bis zu Beer Sheva im Süden Israels führte, und natürlich - wie konnte es anders sein! - auch über Jerusalem führte. Damals bestand die Stadt natürlich nur aus dem Teil, den man heute "Altstadt" bezeichnet.

Die wenigen Reisenden (Händler, Missionare und religiöse Pilger) kamen damals per Pferd, Kamel oder Esel - und, wenn sie Geld hatten, per Kutsche. Oft aber auch zu Fuß.

Es sollte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Industriellen Revolution, als auch im Nahen Osten die Idee einer Zugverbindung einsetzte. Die Rede ist natürlich vom Orient-Express, der ab 1883 Europa mit dem Nahen Osten verband. Und so konnte man von Berlin, Paris oder London bis nach Konstantinopel (heutiges Istanbul fahren), aber nicht weiter.

Neun Jahre später wurde die Bahnstrecke Jaffa-Jerusalem eröffnet. In dem Zusammenhang gab es auch den Vorschlag, Jerusalem mit Bethlehem und Ein Kerem (ein antikes Dorf, heute Teil Jerusalems) zu verbinden und zwar von dem aus dem Libanon stammenden Ingenieur George Franijeh. Aus dem Ansatz wurde genausoviel wie aus der Idee Golda Meirs fast ein Jahrhundert später...

                                    Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum! Jerusalemer am Fahrkartenautomat

Und dann kam das Jahr 1995. Bürgermeister Ehud Olmert verkündete großspurig seinen Plan, eine Trambahn in Jerusalem zu eröffnen, und wurde mit rasendem Applaus bedankt. Zumindest anfangs...

Es sollten 17 lange Jahre vergehen, bis die Trambahn ihre erste Fahrt durch die Nachbarschaften Jerusalems tätigen sollte - 17 Jahre, die eine abenteuerreiche Geschichte erzählen, von protestierenden Markthändlern (deren Geschäfte den Bach herunterliefen, da keine Autos mehr am Markt halten konnten), von hinzustoßenden und wegtretenden Firmen aus Israel und dem Ausland, von der Politik der Trambahnroute (mit Ostjerusalem oder ohne Ostjerusalem?), und von drei Bürgermeistern, die unterschiedlich nicht hätten sein können: Olmert, der korrupte Berufspolitiker, sein Nachfolger Uri Lupolianski, der Ultraorthodoxe, und schließlich Nir Barkat, der erfolgreiche High-Tech-Unternehmer und Marathonläufer...

                                             Der neue Orient Express

Und heute? Seit Ihrer Eröffnung am 11. August 2011 ist die Trambahn ein voller Erfolg: Sie hat 23 Haltestellen (sowohl in West-. als auch in Ostjerusalem), erstreckt sich über 13 Kilometer, und dient wirklich allen Bürgern Jerusalems (sowie "Zuagroasten"), ohne Unterscheidung. An Bequemlichkeit ist sie kaum zu überbieten - und jeder, der einmal einen Bus in Israel genommen hat, weiß das. Und man hat die Möglichkeit, die Attraktionen einer der schönsten Städte der Welt gemütlich in Augenschein zu nehmen: Die Altstadt, den Herzl-Berg, die Stadtmauer, usw. Inzwischen wird schon heftig daran gearbeitet, die Strecke weiter auszubauen, so dass sie wirklich jede Nachbarschaft Jerusalem dienen kann.

Der Orient-Express ist tot - lang lebe der NEUE Orient-Express!

Bilder und Text: Rosebud
                                   

Montag, 15. Oktober 2012

Guter Morgen, gutes Sabich

                                           Sabich - ein Festival der Sinne am Morgen

Es gibt wenige genüßlichere Dinge, als den Tag mit einem Sabich anzufangen: Das ist ein Pita-Sandwich mit hartgekochten Eiern, Kartoffeln, frischen Tomaten, Gurken und Petrosilia, einer pikanten Sauße namens Amba (Hartgesottene fügen ihr noch das jemenitische Schuk hinzu, bei dem im Vergleich Chilischoten fade schmecken), Hummus, Tahina - und als Abrundung dieser Geschmacksbombe Auberginen (siehe Bild oben).

Über den Ursprung des Sabichs streiten sich die Geister - und das fängt schon beim Namen an: Nach einer Theorie leitet sich das Wort "Sabich" von "Sabach", Arabisch für "Morgen" ab ("Sabach al-Chair" heißt "Guten Morgen). Und tatsächlich ist sein Ursprung sowohl in der arabischen Welt, als auch im Morgen - niemand würde auf die Idee kommen, Sabich zum Abendbrot zu haben.

Nach einer anderen These ist Sabich ein Akronym für "Salat" (Salat), "Beizah" (Ei) und "Chazil" (Aubergine). Und dies sind auch tatsächlich die wichtigsten Zusatzstoffe des Sabichs.

Oder aber es ist viel einfacher: Der erste Kiosk, der Sabich in Israel servierte, gehörte einem irakischen Juden namens Sabich Chalabi (in Israel änderte er seinen Vornamen zu "Zwicka"), der seit 1958 in Ramat-Gan die nach ihm benannte Delikatesse servierte. Sein Geschäftspartner hieß Jakob Sasson, und dessen Sohn Dudi serviert immer noch Sabich, und zwar in einer kleinen Imbißbude auf Ha-Roeh-Straße 129 in Ramat-Gan, nah beim ersten Sabich-Stand.

                                           Sabich: Ursprung unbekannt

Auch was die Geschichte des Sabichs betriffts, streiten sich die Geister: Ein genaues Ursprungsjahr kennt niemand. Als Ursprungsland wird meist Irak genannt, es könnte sich aber auch um Ägypten oder Syrien handeln. Was klar ist, ist dass es sich um einen Shabbat-Snack der Juden dieser Länder handelte: Die Eier, Kartoffeln und Auberginen wurden vor Shabbat gekocht, und dann auf eine Warmhalteplatte oder Herd gestellt, wo sie die ganze Nacht warm gehalten wurde. In der Früh, vor der Synagoge, wartete dann ein dampfend heißes Frühstückssandwich.

Und heute? Fast alle Juden des Nahen Ostens, einschließlich der Sabich-produzierenden Ländern, leben in Israel. Und Sabich wird hauptsächlich während der Woche, in kleinen Kiosken und Imbißbuden serviert - und der angenehme Duft läßt einem von weit weg das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die Zubereitung sieht so aus:

                                             Sabich-Zubereitung

Na dann: Guten Morgen - und guter Appetit!

Bilder und Text: Rosebud

Sonntag, 14. Oktober 2012

Der Hain der Jemeniten

Wo lebt die größte jemenitische Gemeinde der Welt?

Jemen?
Amerika?
Afrika?

Alle diese Antworten sind falsch! Die größte jemenitische Gemeinde der Welt - 80.000 Menschen - leben in Israel, genauer gesagt, in Tel-Aviv, in einer Gegend bekannt als "Kerem ha-Teimanim" (der Hain der Jemeniten). Bereits lange vor der Staatsgründung Israels (1948) und noch vor der Gründung Tel-Avivs (1909) zogen im Jahre 1881 jemenitische Juden in diese Wohngegend (als eigenständige Nachbarschaft exisitiert sie seit 1904). Wie die meisten jeminitischen Juden waren sie religiös, mit einer stark entwickelten eigenen Tradition der hebräischen Sprache, sowie eine einzigartige Musik- und Kleidungstradition. Das wohl bekannteste Beispiel für diese drei Traditionen ist die jung verstorbene Ofra Haza, auch außerhalb der Grenzen des Nahen Osten sehr bekannt und geliebt:

                                                Ofra Haza, in klassischer jeminitischer Tracht
                                                Hier singt sie traditional, hier modern
                 

Im Gegensatz zu vielen anderen Nachbarschaften Tel-Avivs hat sich nicht viel geändert im "Kerem", wie die Tel-Avivis sie liebevoll nennen: Die Mehrheit der Einwohner sind immer noch Jemeniten, auch Synagogen und religiöse Einrichtungen gibt es im ansonsten eher säkularen Tel-Aviv hier zuhauf, und vor allem die Gebäude sind heute, wie damals, höchstens 2-3 Stockwerke hoch, was ein Spaziergang in den kleinen Gassen umso idyllischer macht.



                                               Eindrücke aus Kerem Ha-Teimanim

Und während - siehe unten - einige Jemeniten des "Kerem" ihre Wäsche noch per Hand waschen und am Balkon zum Trocknen aufhängen, ist dieses Viertel inzwischen ein richtiges "In"-Viertel: Die Restaurants und Cafés sind voll, die Atmosphäre entspannt und nett, und man kann auch Haushaltssachen und Gewürze billig einkaufen. Zudem ist sowohl das Meer als auch der Carmel-Markt ein paar Gehminuten von "Kerem Ha-Teimanim" entfernt.

                                             Wäsche, so wie früher

                                              Restaurant in der "Kerem"                                              


                                              Gewürze                                            


                                             Kerem Ha-Teimanim: "In"-Gegend
                                       
Ofra-Haza-Bild: Public Domain
Bilder und Text: Rosebud


Dienstag, 9. Oktober 2012

Simchat Torah in Tel-Aviv


                                               Feierlichkeiten im Kikar Rabin

Heute wird in der jüdischen Welt Simchat Torah gefeiert: Dieses Fest, das sich als "Freude der Torah" übersetzen lässt, wird am 23. Tishrei begangen, und beendet den Monatszyklus von Feiertagen, das mit Rosh Hashana - dem jüdischen Neujahrsfest beginnt. An Simchat Torah wird die Vorlesung der Torah (5 Bücher Moses) mit dem letzten Abschnitt des fünften Buches beendet, und sogleich wird mit dem ersten Abschnitt des ersten Buches angefangen.

Es ist Brauch. die Torahrollen in einer Prozession durch die Synagoge zu tragen - mit viel Gesang und Tanz.
Das sieht dann so aus:


                                                      Hakafot-Video

Desweiteren werden Fahnen und Früchte an Kinder ausgeteilt, die dann kräftig mittanzen und mitfeiern können. Oft nehmen die Eltern die Kinder auf die Schulter, damit sie die Feierlichkeiten schön sehen können.

                                               Kind mit Flagge bei Simchat Torah

In Israel gibt es eine neuere Tradition: "Hakafot Shniyot" (zweite Hakafot). Der Hintergrund dazu ist folgender: Aus historischen Gründen ist in Israel Simchat Torah einen Tag vor der Diaspora. In den 1940er Jahren, in der Süd-Tel-Aviver "Florentin"-Gegend, entschloß sich Rabbiner Yedidya Fränkel, der damals Oberrabbiner von Tel-Aviv war, am Abend nach dem israelischen Simchat Torah eine weitere Feierlichkeit zu begehen, die "Hakafot Shniyot". Dies sollte für alle Diasporajuden sein, die aufgrund von Verfolgung, Pogromen etc. nicht feiern konnten.

Im Laufe der Jahre kamen mehr und mehr Menschen aus ganz Israel nach Süd-Tel-Aviv, um mit Rabbiner Fränkel Hakafot Shniyot zu feiern.

Heute finden diese Feierlichkeiten im ganzen Land statt, und sind richtige Großereignisse, mit Live-Bands, Feuerwerken, Ehrengästen, und und und. Hier sind ein paar Bilder aus dem Rabinplatz in Tel-Aviv, wo es rund ging, bis in die frühen Morgenstunden:

                                               Es ging rund

                                                       Ehrengast: Rabbiner Yisrael Meir Lau
                                                      Oberrabbiner Tel-Avivs und
                                                      ehemaliger Oberrabbiner Israels

                                            Feuerwerk

Na denn: FRÖHLICHER FEIERTAG/ Chag sameach!

P.S. Mehr Fotos gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bilder und Text: Rosebud