Donnerstag, 18. April 2024

Pessach - Frühlingsfest, Fest der Freiheit

 

Was wird gefeiert?

Ab Montag Abend wird Pessach gefeiert: Zuerst mit einem "Seder" (einem Abendessen mit traditionellen Speisen, wo die "Haggada" gelesen wird, die über dem Auszug aus Ägypten  erzählt), und danach wird eine Woche lang kein Brot gegessen.

Der Seder-Tisch



symbolische Speisen beim Seder


Kein Brot - warum eigentlich?


An Pessach, das diesen Freitagabend beginnt, ist für 8 Tage
das gesäuerte Brot (auch „Chametz“ genannt) verboten, und damit 
Semmeln, Kuchen und auch das bayrische Nationalgetränk (Bier). 

Der Hintergrund dazu ist folgender: An Pessach wird der Auszug der Juden 
aus der Sklaverei in Ägypten gefeiert, der das jüdische Volk 40 Jahre 
durch die Wüste führte. 
Über die historische und geographische Genauigkeit streiten sich die Geister, 
ebenso wie über die Frage, ob die Pessach-Geschichte 
oder die Erinnerung daran wichtiger ist. 

Über eines gibt es aber keine Zweifel: 
Das jüdische Volk hatte bei seiner Flucht nicht die Zeit, Brot säuern zu lassen. 
Und deswegen ist das beim Pessachfest verboten – zwar nicht für 40 Jahre, 
aber immerhin für 8 Tage.
Damit sind also, wie gesagt, so gut wie alle Bäckereiprodukte tabu. 
Als Ersatz gibt es die Matzen, das sind ungesäuerte Flachbrote (siehe Bild), 
die sich im Geschmack von der Kartonverpackung nicht sonderlich unterscheiden. 
Die Matzen dürfen nicht länger als 18 Minuten gebacken werden, sonst sind sie gesäuert.
Als Matzen-Aufstrich gibt es Charoset, das ist eine Nuss-Datteln-Paste, die aufgrund der 
Dickflüssigkeit an den Lehm der Sklavenarbeit erinnert. 
(Außer Essen kann man auch das Folgende mit den Matzen tun). 



Matzen: So sehen sie aus


Traditionen


Zusätzlich gibt es verschiedene traditionelle Gerichte, wobei der „Gefilte Fisch“
 – eine Fischkotelette mit süßer Geleesoße und Karottenscheibe oben – 
das bekannteste ist. Glücklicherweise gibt es den heutzutage im Glaß, 
sodass man die Fische nicht –wie früher üblich- in der Badewanne schwimmen lassen muss, bis der Feiertag anbricht. Zum Trinken ist Bier –da gesäuertes Hefenprodukt- strengstens verboten. Wein hingegen ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht!

Gefilte Fisch

Fazit


Kurzum: An Pessach gibt es viele biblische Nahrungseinschränkungen und Traditionen, die das Leben zusätzlich erschweren oder erleichtern. 
Wer was einhält, muss man natürlich selbst entscheiden. 

Ich jedenfalls wünsche allen jüdischen Lesern ein fröhliches Pessachfest und hoffe, alle anderen hatten viel Spaß beim Lesen.

Fotos und Text: Rosebud
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Samstag, 13. April 2024

Ehemalige deutsche Templer-Kolonien in Israel

 


 

In Haifa - wie auch in Tel-Aviv und Jerusalem gibt es sogenannte "Deutsche Kolonien" (Moshawa Germanit). Dabei handelt es sich um Gegenden, die im 19. Jahrhundert von deutschen Tempelgesellschaften, also religiösen Christen, die sich im Heiligen Land ansiedelten, erbaut worden. Wie im Bild oben ersichtlich, war die Bauweise sehr europäisch: Rotes Kacheldach und klare architektonische Formen.

Am Eingang gravierten die Templer oft biblische Zitate ein.
Und so lebten die Templer friedlich im Lande Israels, beteten viel und betätigten sich hauptsächlich der Landwirtschaft.

Bis - ja, bis die Nazis an die Macht kamen. Die Mehrheit der Templer begeisterten sich an der NSDAP und eröffneten sogar Ortsgruppen im damaligen Mandatsgebiet Palästina. Hitlerjugend im Judenstaat!

Die meisten Templer wurden in den darauffolgenden Jahren des Landes verwiesen. Ihre wunderschönen Gebäude blieben aber erhalten, und sind immer einen Besuch wert.

Bild & Text: Rosebud

Sonntag, 7. April 2024

Die Welt miteinander verbinden” - Interview mit “Jewdyssee”

 

 





Die Band „Jewdyssee“ gibt es seit Frühjahr 2008. Sie gibt der traditionellen jüdischen Musik durch Popklänge und elektronischer Musik ein neues Gewand, zu dem man auch in den Clubs wunderbar tanzen kann. Zu der Frauenband, die von Elina Tilipman gemanagt wird und bei der Maya Saban die Leadsängerin ist, hat sich nun auch ein Mann hinzugesellt: Valeri Goodman. 

BR: Stellt euch doch einmal vor.

Maya:
Ich bin Maya Saban, bin in Berlin geboren und aufgewachsen, und zwar als
Tochter einer Berliner Jüdin, die schon seit drei Generation in Berlin lebt, und
eines israelischen Vaters. Jüdischkeit war schon immer Teil meiner Kindheit: So
war ich im jüdischen Kindergarten, bei der „Zionistischen Jugend Deutschlands“
(ZJD) und bin mit den Liedern Ofra Hazas und Jardena Arazis aufgewachsen. Für
mich war es also ganz natürlich, auch musikalisch in diese Richtung zu gehen.

                                                 Maya Saban

Elina: 
Bei mir war das nicht so natürlich: Ich wuchs in einer Kleinstadt in
Norddeutschland auf, wo wir die einzige jüdische Familie waren. Erst mit ca. 10
Jahren hat sich da bei mir ein jüdisches Bewußtsein entwickelt.

Valeri:
Und ich bin hier die Ausnahme, die die Regel bestätigt: Der Mann in der
Frauenband und der Nichtjude bei „Jewdyssee“. Geboren und aufgewachsen bin
ich in der ehemaligen Sowjetunion, wo Musikausbildung Teil der Erziehung war.
Und da lernte ich viele russische Volkslieder und traditionelle Musik, die –wie ich
heute weiss- jüdisches Liedgut sind. 1993 bin ich dann nach Deutschland gezogen.


BR:  Wie habt ihr euch kennengelernt?

Maya:
Ich mache schon, seitdem ich 16 Jahre alt bin, Musik. Ursprünglich war das
deutsche Popmusik. Ich wollte mich aber in eine andere Richtung orientieren. Und      
als ich mit Valeri, der in einem Club als DJ auflegte, ins Gespräch kam, sahen wir,
dass wir musikalisch die gleichen Ziele hatte. Elina traf ich dann auf einer
Geburtstagspartie, wo wir feststellten, wieviel wir gemeinsam hatten: Die Liebe
zur Musik, die Jüdischkeit und das Interesse, etwas ganz Neues zu machen. Im Mai 2008 war dann „Jewdyssee“ geboren.


BR: Mit welcher Kultur könnt ihr euch am ehesten identifizieren? Mit der     
deutschen, der jüdischen oder der osteuropäischen? Oder mit der Kultur, die ihr selbst schafft, also der Musik?

Valeri:
Ehrlich gesagt, habe ich mir diese Frage das letzte Mal gestellt, als ich 16 Jahre
alt war. Ich denke, dass wir so kosmopolitisch sind, dass es eher darum geht,
verschiedene Kulturen zusammenzubringen, als sich eine auszusuchen. Und da ist
die Musik wohl wirklich der einende Faktor.

Maya:
Ich würde Valeri da zustimmen. Ich sehe mich als Berlinerin, als Israelin, als Frau
und als Musikerin. Und alle diese Identitäten spielen bei mir eine Rolle.


BR: Inwiefern unterscheidet sich das jüdische Publikum vom nichtjüdischen
       Publikum?

Elina:
Beim jüdischen Publikum ist natürlich der Druck größer: Die kennen ja meistens
die Texte und Melodie der jüdischen Lieder, denen wir ein modernes Gewand  geben.

                                           Elina und Maya feuern das Publikum an

Maya:
Das stimmt. Dafür ist es dann umso schöner zu sehen, wie das deutsche Publikum,
das eigentlich keinen Bezug zu diesen Liedern hatte, bei unseren Konzerten
begeistert mitgetanzt hat und dann sogar bei jiddischen Liedern wie „Yankele“ mitgesungen hat.

Ich denke, dass wir für das jüdische Publikum die jüdische Religion, Kultur und           
Tradition schmackhaft machen und dem nichtjüdischen Publikum eine fröhliche, lebensfrohe Seite des Judentums zeigen, fernab vom Holocaust und dem Ernst, der hier oft den deutsch-jüdischen Dialog dominiert. Beiden zeigen wir, dass jüdische Kultur etwas Positives ist, dass Musik und Lebensfreude ein integraler Teil des Judentums sind.

BR: Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Maya:
Wir haben gerade eine Tour deutscher Städte hinter uns, wo wir insbesonders in
Hamburg und Mannheim eine unglaubliche Begeisterung für unsere Musik gesehen haben. Jetzt geht es dann nach Amerika, wo wir viel reisen werden, viele
 Konzerte geben werden und eine „World Party“ machen. Wir wollen die Welt
 miteinander verbinden.



Bildquelle: Jewdyssee, mit Genehmigung

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