Sonntag, 24. Juli 2022

Nachruf auf AB Jehoschua sel. And.

 

Vor einem Monat verstarb einer der größten Schriftsteller Israels - und überhaupt!

Hier ein Nachruf auf AB Jehoschua (1936-2022)


 AB Jehoshua sel. And.




Die bekanntesten Autoren Israels sind fast alle Ashkenazim, also Juden europäischer Abstammung. Eine Ausnahme war AB Jehoshua, dessen Bücher weltweit bekannt sind, und der Sepharde ist, also aus dem Nahen Osten abstammt - mütterlicherseits aus Marokko, väterlicherseits seit 7 Generationen aus Jerusalem.




Für Jehoshua war dies aber nicht nur eine Frage der Abstammung: Sowohl in seinen Essays als auch in einigen seiner Bücher (z.B. "Sephardische Gnade") suchte er nach der Tradition der Sepharden, die Toleranz, Religion, Kulturschaffung, Musik und Sprache in sich vereinen - nach dem Goldenen Zeitalter. Es ist kein Zufall, dass dieses im Spanien (Sephardi übersetzt sich auch als "spanisch") des Mittelalters stattfand: Hier lebten die drei großen Weltreligionen in Einheit und Frieden, und aus dem Zusammenfluß der Kulturen entstand eine wunderbare neue Tradition, wo Musik, Kunst, Poesie und Naturwissenschaften florieren konnten, ohne dass die Religion ihr im Wege stand, im Gegenteil: Religion war oft die Inspiration...







Die spanische Inquisition machte dem zunächst ein Ende. Jedoch führten die aus Spanien vertriebenen Juden auch in Marokko und Nordafrika ihre Tradition fort, die arabisch war und gleichzeitig jüdisch, europäisch und gleichzeitig orientalisch, religiöse Lieder und gleichzeitig Liebesgedichte emporbrachte, und auch weiterhin florierte.


Im 19. und 20. Jahrhundert - die Jehoshuas lebten inzwischen in der Altstadt von Jerusalem - kam es zu einer Renaissance des Goldenen Zeitalter: Juden, Araber und Christen lebten und schafften in derselben Stadt, unter den gleichen, harten Bedingungen. Jehoshua wuchs im Jerusalem dieser Einheit auf, und sah auch das Ende dieses Goldenen Zeitalters: Die religiöse Toleranz wurde durch religiösen Fanatismus ersetzt, das Kulturschaffen durch knallharten wirtschaftlichen Überlebenskampf, und Zusammenarbeit durch offene Feindschaft.

Durch sein Werk versuchte Jehoshua, die Harmonie dieser Zeit zurückzubringen: Sei es der mysteriöse Liebhaber des gleichnamigen Romans, oder die befreite Braut, auch des gleichnamigen Romans - sie alle stehen für den Nahen Osten, und für das verlorengegangene Paradies des friedlichen Zusammenlebens. In wunderschönen Worten gefasst, wie dies nur AB Jehoshua kann, wird man auf eine Reise genommen in eine Zeit, wo Grazie, Anmut und Frieden nicht zerplatzte Träume oder Illusionen waren, sondern Realität.


    Nur eine Illusion? Bei einem Vortrag Jehoshuas



Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte AB Jehoshua in Haifa, wo - im Gegensatz zu Jerusalem - Muslime, Juden und Christen auch weiterhin gemeinsam leben, nicht nur nebeneinander. Sowohl in seinen Büchern als auch seinen Essays versuchte er immer, unermüdlich, seine Vision zu realisieren: Die Version eines Israels, das sich an Athen orientiert, nicht an Sparta. Schöpferisch entwickelt er sich ständig weiter, und schrieb sogar einmal ein Libretto für eine Oper.





     Mit Übersetzer Stuart Shoffmann, auch er sel. And.


Hat er recht behalten? Schwer zu sagen. Jedoch hat sich oft gezeigt, dass dasWort stärker ist als das Schwert. Und wer weiß, vielleicht werden Jehoshuas Worte uns alle durchdringen, und ein neues Goldenes Zeitalter wird sich öffnen.


Oder, um Brecht zu zitieren:

„Hat er was rausgekriegt?” (...)
Daß das weiche Wasser in Bewegung 
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. 
Du verstehst, das Harte unterliegt."
(Legende von der Entstehung des Buches Taoteking)

Bilder und Text: Rosebud

Mehr gibt es auf unserer Facebook-Seite

Montag, 18. Juli 2022

Kulinarisches aus Israel - heute: Sabich


 

                                           Sabich - ein Festival der Sinne am Morgen

Es gibt wenige genüßlichere Dinge, als den Tag mit einem Sabich anzufangen: Das ist ein Pita-Sandwich mit hartgekochten Eiern, Kartoffeln, frischen Tomaten, Gurken und Petrosilia, einer pikanten Sauße namens Amba (Hartgesottene fügen ihr noch das jemenitische Schuk hinzu, bei dem im Vergleich Chilischoten fade schmecken), Hummus, Tahina - und als Abrundung dieser Geschmacksbombe Auberginen (siehe Bild oben).

Über den Ursprung des Sabichs streiten sich die Geister - und das fängt schon beim Namen an: Nach einer Theorie leitet sich das Wort "Sabich" von "Sabach", Arabisch für "Morgen" ab ("Sabach al-Chair" heißt "Guten Morgen). Und tatsächlich ist sein Ursprung sowohl in der arabischen Welt, als auch im Morgen - niemand würde auf die Idee kommen, Sabich zum Abendbrot zu haben.

Nach einer anderen These ist Sabich ein Akronym für "Salat" (Salat), "Beizah" (Ei) und "Chazil" (Aubergine). Und dies sind auch tatsächlich die wichtigsten Zusatzstoffe des Sabichs.

Oder aber es ist viel einfacher: Der erste Kiosk, der Sabich in Israel servierte, gehörte einem irakischen Juden namens Sabich Chalabi (in Israel änderte er seinen Vornamen zu "Zwicka"), der seit 1958 in Ramat-Gan die nach ihm benannte Delikatesse servierte. Sein Geschäftspartner hieß Jakob Sasson, und dessen Sohn Dudi serviert immer noch Sabich, und zwar in einer kleinen Imbißbude auf Ha-Roeh-Straße 129 in Ramat-Gan, nah beim ersten Sabich-Stand.

                                           Sabich: Ursprung unbekannt

Auch was die Geschichte des Sabichs betriffts, streiten sich die Geister: Ein genaues Ursprungsjahr kennt niemand. Als Ursprungsland wird meist Irak genannt, es könnte sich aber auch um Ägypten oder Syrien handeln. Was klar ist, ist dass es sich um einen Shabbat-Snack der Juden dieser Länder handelte: Die Eier, Kartoffeln und Auberginen wurden vor Shabbat gekocht, und dann auf eine Warmhalteplatte oder Herd gestellt, wo sie die ganze Nacht warm gehalten wurde. In der Früh, vor der Synagoge, wartete dann ein dampfend heißes Frühstückssandwich.

Und heute? Fast alle Juden des Nahen Ostens, einschließlich der Sabich-produzierenden Ländern, leben in Israel. Und Sabich wird hauptsächlich während der Woche, in kleinen Kiosken und Imbißbuden serviert - und der angenehme Duft läßt einem von weit weg das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die Zubereitung sieht so aus:

                                             Sabich-Zubereitung

Na dann: Guten Morgen - und guter Appetit!

Bilder und Text: Rosebud

Mehr gibt es auf unserer Facebook-Seite

Sonntag, 10. Juli 2022

Das andere Bethlehem

 

                                          Templerhaus in Bethlehem ha-Galili

Im Norden Israels, in der Galiläa-Region gibt es einen Ort, der Bethlehem heißt (ja, genauso wie der Ort bei Jerusalem). Dieses andere Bethlehem wird bereits im Buch Josua (19:15), im Alten Testament, erwähnt, und gehörte zu biblischen Zeiten dem Stamm Zevulun, weswegen es ursprünglich "Bethlehem von Zevulun" hieß, im Gegensatz zu "Bethlehem von Judäa" (das Bethlehem bei Jerusalem), was zum Stamm Judäa gehörte.

Nach einer Theorie ist DIESES Bethlehem DAS WAHRE Bethlehem, also der Ort, wo Jesus geboren wurde - was geographisch Sinn machen würde, da es viel näher zu seiner Wirkungsstätte Nazareth ist als das Jerusalemer Bethlehem.

So oder so zogen 1906 Mitglieder der deutsch-christlichen Templer nach Bethlehem ha-Galili (wie es bis heute bekannt ist) und bauten dort Häuser nach deutscher Manier, also mit Stein und roten Dachziegeln. Diese Templer beteten und betrieben auch Landwirtschaft. Leider schloß sich auch die Zweigstelle Bethlehem - ebenso wie Jerusalem und Haifa - in den 30er Jahren der Nazi-Partei an, und wurden von den Engländer aus Palästina vertrieben.

Heute ist Bethlehem ha-Galili ein pastoraler Moshav (landwirtschaftliche Siedlung), wo noch immer ein paar Templer-Häuser stehen, die an diese Zeit erinnerte. Es ist ein pastoraler Ort mit einer wunderschönen Aussicht, viel Grün (vor allem im Herbst) und wirklich eine Augenweide. Auf jeden Fall einen Besuch wert!

Hier ein paar Bilder:

                                          Templer-Haus


                                          die sehr ruhige Hauptstraße


                                             Spaziergang im Dorf

Bilder und Text: Rosebud

Montag, 4. Juli 2022

Wein und Frieden: Mony

 

  

                                                Weingut Mony - einzigartig

Nicht weit entfernt von Jerusalem und Beth Shemesh, in Deir Rafat im Süden Israels, liegt der Weingut Mony. Es ist ein ganz besonderes Weingut, das seinesgleichen weltweit such

Aber zurück zu Deir Rafat: Dabei handelt es sich um ein katholisches Kloster, das 1927 vom Priester Luigi Barlassina gegründet wurde. Barlassina, der 1872 in Turin geboren wurde, war aber mehr als nur ein Priester - er wurde von Papst Pius XI zum Patriarchen Jerusalems ernennt. Das war 1920, und diesen Posten hatte er bis zu seinem Tode 1947 inne.

Das von ihm gegründete Kloster steht immer noch - jedoch hört man hier eher Arabisch als Italienisch (oder gar Latein). Und von dort aus hat man einen Ausblick auf eine der pastoralischsten Landschaften Israels, wirklich eine Augenweide.

                                             Das Kloster - es steht immer noch

                                             Die Aussicht

Wir schreiben das Jahr 1980. Im Norden Israels, in Galiläa, lebt und arbeitet eine respektierte Familie arabischer Christen namens Artul. Die Familie ist wohlhabend und einflußreich, und überlegt sich, eine Investition in die Landwirtschaft zu machen. Dann stirbt Dr. Mony Artul.

Die Geschwister von Mony ehren seinen Namen auf ganz besondere Weise: Sie kaufen ein Weingut im Süden Israels, und nennen den Wein Mony, als Ehrung Dr. Mony Artuls. Der Ort des Weinguts: Deir Rafat.

Doch damit endet diese Geschichte nicht, im Gegenteil: Die Artuls wollen nämlich nicht nur vorzüglichen Wein produzieren, sondern auch etwas für die Völkerverständigung tun - und entschließen sich, den Wein koscher zu machen, ihn also unter jüdische Aufsicht zu stellen.

                                                      Unter jüdischer Aufsicht: Weinpresse

Gesagt, getan. Und so kann man in Deir Rafat eine wunderschöne Aussicht genießen, und stundenlang dort spaziergengehen. Man kann sich auch das noch aktive Kloster anschauen. Oder aber, man geht ins Mony-Weingut: Dort hört man Arabisch, Yiddisch und Hebräisch - und vor allem, kann man dort den vorzüglichen Wein probieren, der einem vom Koscher-Aufseher eingegoßen wird.

Und so sieht er aus, der Wein der Gesundheit, Wahrheit und Völkerverständigung:


Mehr Bilder vom Weingut Mony gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bilder und Text: Rosebud