Donnerstag, 20. Februar 2020

Chassidische Gangsta-Rappa?

Nissim und Shyne - zwei Rapper in Jerusalem


Die Familie, die vor zwei Jahren am  Ben-Gurion-Flughafen ankam, um Aliya zu machen (nach Israel auszuwandern), war wohl nicht typisch: Ein Ehepaar zweier Afro-Amerikaner, der Mann ein bekannter Rap-Star aus Seattlle ehemals bekannt als D. Black, aufgewachsen in einer Welt von Gangs, Drogen und Schusswaffen. Von christlichen Eltern und einem muslimischen Onkel aufgezogen, scheint es sich um wohl eher ungewöhnliche Touristen zu handeln - und um noch ungewöhnlichere Einwanderer nach Israel.

Aber D. Black heisst heute Nissim, seine Frau Adina, und seine Rap-Lyrics bestehen aus Zeilen wie
"And even though I wasn't born a Jew
I believe I was at Sinai, too"
(damit ist die Überlieferung der 10 Gebote gemeint)
Nissim trat nämlich vor 3 Jahren zum Judentum, das er bis heute zusammen mit Frau und fünf Kindern sehr streng hält. Musikalisch ist er sowohl seinen Wurzeln als Rapper als auch seinen neuen Traditionen als ultra-orthodoxer Jude treu geblieben, was sich u.a. in einer musikalischen Zusammenarbeit mit Gad Elbaz, einen der Stars der religiösen Musikszene Israels, zeigt.


                                          Rapper Nissim und Frau Adina mit israelischem Personalausweis

Ein anderer Rapper, der diesen Weg gegangen ist, heisst auf der Bühne Shyne, und lebt bereits seit 5 Jahren als Moshe Levi in Jerusalem. Der als Jamal Michael Barrows in Belize geborene Rapper wuchs in Flatbush, New York bei seiner Mutter auf. Anders als Nissim hat er aber jüdische Wurzeln - die Familie seiner Mutter waren nämlich äthiopische Juden.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war er Protegé von Diddy (ehemals Puff Daddy) und dessen damalige Freundin Jennifer Lopez - bis zu jenem Moment, als in deren Club in New York es zu einer Schießerei kam - die Shyne 9 Jahre ins Gefängnis brachte. "Damit hatte ich dann endlich freien Terminkalendar, über G´tt und die Welt nachzudenken", sagt er heute - und das Ergebnis sieht so aus:

Shyne machte einen Pro-Forma-Übertritt (Giur leHumra), und zog nach seiner Freilassung nach Jerusalem - wo er sich die Zeit zwischen Aufnahmestudium und Jeschiwe teilt. Seinem Erfolg scheint das nicht zu schaden, oder in Shynes Worten, nach einem tiefen Zug aus einer teuren kubanischen Zigarre: "Wo steht denn in der Tora, dass ich keinen Lamborghini fahren soll?"

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

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Sonntag, 16. Februar 2020

Ofra Haza - 20 Jahre ohne sie

Vor 20 Jahren verstarb Ofra Haza, die wohl bekannteste Sängerin Israels, die traditionelle jemenitische Musik (die Familie kam aus Jemen) mit Pop verband, und weltweit damit Erfolg hatte. Am bekanntesten ist Im Nin-Alu, ein jüdisch-jemenitisches Schabbatlied, das 1988 monatelang die Charts in Europa und Amerika anführte. Vier Jahre vorher kam Ofra Haza mit Hai auf Platz 2 der Eurovision (die in Deutschland stattfind).


Wer war Ofra Haza?´

1) Jemenitische Israelis



Wo lebt die größte jemenitische Gemeinde der Welt?


Jemen?
Amerika?
Afrika?

Alle diese Antworten sind falsch! Die größte jemenitische Gemeinde der Welt - 80.000 Menschen - leben in Israel, genauer gesagt, in Tel-Aviv, in einer Gegend bekannt als "Kerem ha-Teimanim" (der Hain der Jemeniten). Bereits lange vor der Staatsgründung Israels (1948) und noch vor der Gründung Tel-Avivs (1909) zogen im Jahre 1881 jemenitische Juden in diese Wohngegend (als eigenständige Nachbarschaft exisitiert sie seit 1904). Wie die meisten jeminitischen Juden waren sie religiös, mit einer stark entwickelten eigenen Tradition der hebräischen Sprache, sowie eine einzigartige Musik- und Kleidungstradition. Das wohl bekannteste Beispiel für diese drei Traditionen ist die jung verstorbene Ofra Haza, auch außerhalb der Grenzen des Nahen Osten sehr bekannt und geliebt:
                                                Ofra Haza, in klassischer jeminitischer Tracht
                                                Hier singt sie traditional, hier modern

2) Ofra Haza

Am 19. November 1957 kam Ofra Haza als 9. Kind jemenitisch-jüdischer Einwanderer nach Israel zur Welt. Schon mit jungen Jahren war ihr musikalisches Talent klar.  Ofra Haza gewann viele Preise, u.a. „Sängerin des Jahres“. Wegen ihrer Herkunft hatte sie gegen viele Schwierigkeiten anzukämpfen. In den 1970er und 1980er Jahren weigerten sich, einige Produzenten, mit ihr zusammenzuarbeiten. Haza veröffentlichte trotzdem viele Alben.

Bald breitete sich ihr Erfolg auch außerhalb der Grenzen Israels aus: 1988 war "im Nin'Alu" 1. Platz der Charts in Deutschland und der Schweiz (und Platz 2 in Österreich). 1994 trat Haza bei der Friedensnobelpreisverleihung an Jitzchak Rabin, Schimon Peres und Jassir Arafat auf. Auch bei der Begräbniszeremonie von Rabin sang sie.

Nichts konnte sie stoppen. Fast nichts: Im Februar 2000 wurde Haza bewusstlos mit Symptomen einer schweren Grippe ins Krankenhaus eingeliefert. Sie verstarb nach zwei Wochen an Organversagen.

In Ihren Liedern lebt sie weiter - und macht jeden, der sie hört, Freude.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud
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Mittwoch, 12. Februar 2020

Coca-Cola, aber MADE IN ISRAEL

 

                                           Coca Cola Fabrik, Bnei Brak, Israel

Denkt man an Bnei Brak, der ultra-orthodoxen Stadt bei Tel Aviv, dann denkt man an religiöse Männer mit schwarzen Hüten, an Frauen in langen Kleidern und einer Schar von Kindern, bei denen die Schäfenlöckchen im Wind wehen...

Man denkt aber nicht an einer der erfolgreichsten Industrieanlagen der Softdrink-Welt: Coca-Cola. Zu Unrecht.

Die Coca-Cola-Fabrik in Bnei Brak wurde 1949 aufgemacht, was sie zu einer der ältesten ihrer Art macht, die immer noch in Betrieb ist. Das war ein Jahr nach der Staatsgründung Israels. Seit damals hat sich die politische und kulturelle Situation des Landes auch auf die Fabrik ausgeweitet: So schaffte die Fabrik, den arabischen Boykott auf in Israel hergestellte Güter der 60er und 70er Jahre zu überstehen. Auch 1973, dem Jahr des Yom-Kippur-Krieges, war die Fabrik aktiv, und arbeitete trotz dem Einzugs der meisten Mitarbeiter in die Armee - nicht nur das, sie stellten zum ersten Mal Literflaschen her, die auch an die Front geschickt wurden. Während der ersten Intifada (1987-1993), als in Ramallah eine Konkurrenzfabrik eröffnet wurde, konnte die Bnei-Brak-Fabrik mit einem Trick den Weltmarkt wieder erobern: Sie stellten zu Pessach eine spezielle "koscher für Pessach"- Linie her, die von jüdischen Gemeinden überall auf der Welt wie heiße Semmeln, ähm natürlich Matzen, konsumiert wurden. Ab 1991, in dem Jahr, als Scud-Raketen aus Irak auf Israel herunterkamen, steht Coca-Cola unter der Koscher-Aufsicht und den Segen von Rav Landau...

Und heute: Die fast 3000 Mitarbeiter der Fabrik stellen mehr als 1,5 Millionen Produkte pro Tag her, was die Fabrik zu einer der 10 erfolgreichsten Coca-Cola-Fabriken weltweit macht. Natürlich hat auch der Trend des Recyclings vor der Fabrik nicht haltgemacht, und die Herstellung erfüllt alle Bedingungen des Umwelt- und Gesundheitsministeriums sowie weltweite Regulierungen.

Dann bleibt nur noch übrig, zum nächsten Supermarkt zu gehen. Oder noch besser: Nach Bnei-Brak zu fahren, und dort eine Tour durch die Fabrik machen - etwas, dass Groß und Klein immer entzückt!

Bild und Text: Rosebud

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Donnerstag, 6. Februar 2020

Fröhliches Neujahrsfest der Bäume!





Sonntagabend und Montag ist es soweit - es wird Tu biSchwat gefeiert, das Neujahrsfest der Bäume.

Das Fest hat seinen Ursprung Anfang bereits im ersten Jahrhunder der modernen Zeitrechnung: Das Haus Hillels, eines der renommiertesten jüdischen Denker aller Zeiten (man sagt, er hat das ganze Judentum mit "Was du nich willst, das man dir tu, das füge auch keinem anderen zu" zusammengefasst) hat es als "Neujahrsfest der Bäume" festgelegt.

Der Grund ist, dass damit das Ende der Regenszeit und den Beginn der Einpflanzzeit in der Landwirtschaft. Auf Tu biShvat berufend, wird auch das Alter eines Baumes bestimmt.

Tu biShvat heisst "15. des Monats Shvat", und da Shvat, wie alle Monate des jüdischen Jahres, ein Mondmonat ist, ist am Vorabend (also heute nacht), Vollmond.

Nachdem der Vollmond die Nacht erleuchtet hat, geht die Sonne vor wahrhaft blühenden Landschaften aus, insbesonders jetzt, nach dem starken Regenfall in Israel.

Es gibt dann einige Bräuche, die meist landwirtschaftlichen Ursprungs haben: So pflanzt man Bäume und Pflanzen (nach einiger Tradition 15, da es ja der 15. des Monats ist), isst Fruchtsalat und Obst, und vor allem isst man eine Frucht, die man das ganze jüdische Jahr noch nicht gegessen hat. Darauf gibt es dann einen ganz besonderen Segensspruch.

Eine weitere Tradition ist es, einen "Frucht-Sederabend" zu haben, wo die Familie - dem Pessachfest anlehnend - am Tisch sitzt, und in gemütlicher Runde Früchte und Gemüse der Saison einnimmt.

Na denn: Fröhliches Neujahrsfest der Bäume!

Bild und Text: Rosebud
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Montag, 3. Februar 2020

Ramat HaShofet - wunderschönes Kibbutz in Galiläa





Im Yezriel-Tal, im Norden Israels, liegt Kibbutz Ramat Hashofet. "Ramat Hashofet" übersetzt sich als "Hügel des Richters". Da kommen natürlich Assoziationen an die biblischen Richter auf, an Samson u.a. Jedoch ist das von osteuropäischen Juden 1941 gegründete Kibbutz nach einem modernen Richter benannt, sondern nach Juliam William Mack, einem amerikanisch-jüdischen Richter und zionistischen Aktivisten. (In Gehdistanz gibt es ein weiteres Kibbutz, "Ain Hashofet" - Quelle des Richters - das nach einem weiteren amerikanischen Richter benannt ist: Louis D. Brandeis, dem ersten jüdischen Supreme Court-Richter)

Das Kibbutz liegt beim Ephraim-Hügel, benannt nach dem Stamm Ephraims (Buch Josuas 17:15, 19:50, 20:7). In der Gegend liegt der Prophet Joshua begraben. Gelebt hat hier auch die einzige Prophetin des Judentums, Deborah. Die Region heisst "Megiddo", benannt nach dem "Har Meggido" (Hügel Meggidos), auch eingedeutscht "Armaggedon" genannt: Ja, es stimmt! Nicht weit vom Kibbutz Ramat Hashofet findet nach der biblischen Überlieferung der Endkampf zwischen Gut und Böse statt.

Wie oben zu sehen ist, ist die Gegend sehr grün und fruchtbar. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Ramat Hashofet traditionell von Landwirtschaft lebte: Oliven, Avokados und Mandeln sind nur einige der Produkte, die hier angebaut werden. Zudem gibt es einen aktiven Kuh- und Hühnerstall, für Milch- und Eierproduktion. Dem Kibbutznikim (Kibbutzmitglieder) wird bei der landwirtschaftlichen Arbeit von Voluntären aus aller Herrer Länder geholfen.
                                          Voluntäre und Kibbutznikim toben sich aus.

So wie im Rest des Landes - und der Welt - üblich, ging auch an Ramat Hashofet die Industrialisierung und Modernisierung nicht vorbei. Und so hat das Kibbutz neben der Landwirtschaft auch eine Holz- und eine Plastikfabrik. Die Plastikfabrik, "Polygal" genannt, stellt u.a. Plastikplanen für Gewächshäuser und für Solarenergie her. Und so dient selbst die Plastikfabrik letztendlich der Landwirtschaft und der Umwelt. Seit 1997 ist der deutsche Grosskonzern Bayer an "Polygal" beteiligt, und hat ihr ermöglicht, sich weltweit auszuweiten: Bis heute, dank der Hilfe von "Bayer", hat "Polygal" Zweigstellen in Chile, Russland und Amerika. Der Erfolg von "Polygal" wiederum ist zu Nutzen des Kibbutzes, das damit nicht die finanziellen Sorgen der meisten Kibbutzim in Israel hat, und sowohl die Landwirtschaft als auch ein Gästehaus, einen Swimmingpool und natürlich den traditionellen Speisesaal, wo alle Kibbutznikim - wie seit jeher - alle Mahlzeiten zusammen essen, aufrechterhalten kann.
                                            Eindrücke von Polygal

Zum Abschluss noch ein paar Bilder, die den wunderschönen Sonnenuntergang in Ramat Hashofet zeigen - und in echt ist er noch viel schöner!


Titelbild: Ramat Hashofet Website, bearbeitet von Rosebud
Alle anderen Bilder: Rosebud
Text: Rosebud