Sonntag, 31. Dezember 2023

Guter Rutsch ins Jahr 2024 - mit einer Kurzgeschichte




 

Auf dem Weg zum Lazerett

Ein eiskalter Schneewind weht uns ins Gesicht.„Komm, Gefreiter Udo! Die paar Kilometer schaffen wir noch! Komm, ich trage dich ein paar Meter. Nicht aufgeben...“

1. Januar. 6 Uhr früh.

Endlich zuhause angekommen. So kalt und unangenehm war es ja schon seit Jahren nicht. Und natürlich gab es weder öffentliche Verkehrsmittel noch Taxis. Und dieser Idiot hätte mir schon am Telefon erzählen können, dass er ein gebrochenes Bein hat! Erst einmal ab ins Bett. NIE WIEDER SILVESTER.

31. Dezember. 6 Uhr abends.

„Hallo, Udo. Natürlich können wir etwas an Silvester machen. Ich hatte vor, in Pasing in eine Bar zu gehen, wo ein guter Freund von mir arbeitet. Passt? Dann bis später!“

1. Januar. 1 Uhr nachts. 

Da hinten, im Schnee, liegt Mahmud, ein guter Bekannter. Er muß wohl in eine Schlägerei verwickelt gewesen sein. Seine Augen sind halbgeschlossen. Aus Nase und Mund tropft das Blut und färbt den weißen Schnee in ein klares Rot. Es tut mir leid um ihn – gleichzeitig hat dieses Bild auch eine seltsame Ästhetik.

1. Januar. 3 Uhr früh.

Ist das alles nur ein Albtraum? So hatte ich mir Silvester jedenfalls nicht vorgestellt – seit drei Stunden laufen wir durch das eiskalte München, mit dem Schneesturm immer im Gesicht. Unsere Körper zittern vor Kälte. Meine Nase und Ohren spüre ich schon seit zwei Stunden nicht. Aus allen Ecken hören wir Explosionen. Da wieder! Beinahe wäre mir dieser Ladycracker ins Gesicht geflogen! Ich muss Udo einen guten Teil des Weges mit seinem Arm um meine Schulter abschleppen, denn er hat ein gebrochenes Bein – was auch der Grund war, dass wir die Bar kurz nach Mitternacht verlassen mussten. Bumm! „Aufpassen, Udo – beinahe hätte dich dieser Feuerwerkskörper erwischt!“ Ich komme mir vor wie in Stalingrad. Die verletzten Soldaten vom Kriegsfeld räumen und ins Lazarett bringen. „Jawoll, Herr Kommandant!“

1. Januar. Mitternacht

Kling! Wir stoßen mit den Champagnergläsern an. Schon witzig: Ein Jude, ein Muslime und ein Atheist feiern das Neujahr, das nach Jesus (angeblicher) Geburt berechnet wird und nach einem Papst namens Silvester benannt ist.Udo, der Atheist, lächelt schüchtern. Heute wird das mit dem Tanzen wohl nichts.




Einen Guten Rutsch ins Neue Jahr!



Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Eine weitere Kurzgeschichte und vieles mehr gibt es auf unserer Facebook-Seite

Sonntag, 24. Dezember 2023

Fröhliches Weihnachts...ähm, Nittelfest!

 

 


                                             Weihnachtsbaum oder Schachbrett, das ist hier die Frage!

Morgen, während alle guten Christen zur Mitternachtsmesse gehen und mit der Familie bei einem Festmahl Weihnachten feiern und Geschenke öffnen, sitzt dann jeder vor dem Holzofen und hört sich Großpapas Geschichten an. Und die Straßen sind leer - oder?

Nicht ganz, denn natürlich gibt es sowohl in Europa als auch in Amerika bekanntlich ein paar Minderheiten, die nicht Weihnachten feiern. In Amerika waren das traditionell Juden und Chinesen (also Buddhisten) - und so weiß man sich zu erzählen, dass es eine klassische jüdische Tradition ist, an Weihnachten chinesisch essen zu gehen. Eine weitere Tradition ist es, ins Kino zu gehen - dort trafen sich Juden, Chinesen, Inder und jede nicht-christliche Minderheit, die in Amerika eintraf (und ein paar Atheisten)...

Aber noch lange vorher, im Schtetl in Polen, gab es eine andere jüdische Tradition: Das Nittel-Fest. Über die Herkunft des Wortes "Nittel" streiten sich die Forscher. Was klar steht, ist, dass es von chassidischen Juden an Weihnachten gefeiert wurde. Bekanntlich feiern Juden nicht Weihnachten, und so - wohl auch, um sich nicht zu alleingelassen zu fühlen - führten chassidische Rabbiner das Nittel-Fest ein, ein Fest, bei dem man sich ausnahmsweise nicht dem Talmud-Studium widmet, sondern Aktivitäten, zu denen man als religiöser Jude normalerweise nicht die Zeit hat.

Am Bekanntesten hierbei ist das Schachspielen: Man weiß sich zu sagen, dass Chabad-Chassidim bis zum heutigen Tag an Weihnachten/Nittel Schachtourniere durchführen, die oft die ganze Nacht andauern.

In der Nittel-Nacht (so wird Nittel auch genannt), die es bereits seit dem 16. Jahrhundert gab, war das Kartenspielen eine weitere Tradition, mit der sich die jüdischen Gemeinde die Zeit vertrieb, während rundherum aus allen Häusern "Stille Nacht" erklang.

Und so schafften es die jüdischen Gemeinden, auch an dem Tag, an dem sie oft nicht einmal das Haus verlassen durften, viel Freude zu haben.

Heutzutage ist von der Nittel-Tradition wenig erhalten geblieben. Das ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass sich die christlich-jüdischen Verhältnisse in den meisten Ländern Europas verbessert haben, und es Juden weder verboten ist, an Weihnachten auf die Straße zu gehen, noch sie sich den ganzen Tag mit dem Talmudstudium beschäftigen, und keine Zeit haben, Schach zu spielen.

In Israel gibt es noch einige chassidische Juden, die ihre Schachtourniere heute abhalten. Und die Christen in Nazareth und Jerusalem feiern natürlich auch weiterhin Weihnachten.

Allen Lesern: Ein frohes Fest heute, was immer es auch sein mag!

Und schon einmal EIN GUTER RUTSCH INS NEUE JAHR

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Sonntag, 17. Dezember 2023

Knafe: Wo Milch und Honig (im Mund zer-)fliesst

 

 


                                             Mmmmmmmmmmm....

Was passt besser zu Israel, dem Land, wo Milch und Honig fließt, als eine Speise, die genau aus diesem Elementen entstand: Die Rede ist von Knafe, einer himmlischen Nachspeise aus Ziegenkäse und Honig.

Der Ursprung dieser Spezialität, die einem im Mund wie Butter zerfließt, und deren perfekte Balance von süßem Honig und saurem Käse wohl im Magen tut, ist aus der biblischen Stadt Nablus, auch als Schechem bekannt. Dort, in der bereits 72 CE vom römischen Kaiser Vespasian als "Flavia Neapolis" gegründeten Stadt gab es seit jeher Ziegen zuhauf - und auch Bienen, die nicht selten die römischen Soldaten stachen. Doch diese beiden Unannehmlichkeiten zeigten sich bald als wahrer Segen: Denn sie belieferten die ganze Region mit köstlicher Milch, Käse und mit Honig.

Bald verbreitete sich die Nachricht der Rohstoffe, und des Produktes, das beide kombiniert - Knafe eben - in der ganzen Region. Und bis heute weiß der Nahe Osten, dass Nablus und Knafe in einem Atemzuge genannt werden muss. Inzwischen weiss das auch das Guiness Weltrekordbuch: Dort steht Nablus als der Rekordhalter der größten Knafe weltweit: 75 x 2 Meter. Gewicht: 1350 Kilos.

Nicht nur dort aber ist es beliebt: In fast jeder Stadt Israels gibt es heute vorzügliche Knafe, sowohl in den Märkten der großen Städte (Haifa, Jerusalem, Tel-Aviv) als auch in Restaurants jeder Preisklasse und Größe. Innerhalb Israels ist die beste Knafe wohl in der Altstadt Jerusalems zu suchen - dort kann man sich auch sicher sein, dass in der Tat Ziegenkäse benutzt wurde, und nicht mit einfachem Kuhkäse gemogelt wurde...

In der Zwischenzeit gibt es im ganzen Nahen Osten Varianten von Knafe - vom Libanon bis Ägypten über Syrien hat fast jeder Ort sein Knafe.

Aber genug der Wort: Knafe muss man auf der Zunge zergehen lassen. Guten Appetit.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Samstag, 9. Dezember 2023

Was ist eigentlich Chanukah?

 

 

Seit Donnerstag Abend - und bis Donnerstag Abend, werdenChannukah-Lichtern gezündet. 


Das Fest, das an den Sieg des Makkabäeraufstands gegen die Griechen erinnert, und an die Reinigung des jüdischen Tempels, verbunden mit dem Wunder des Ölkrugs (siehe unten)wird in Israel und der Diaspora für 8 Tage gefeiert. Ein Kurzbericht.



Das Wunder des Öles


An Chanukah wird der Sieg der Makkabäer, einer kleinen jüdischen Rebellionsgruppe, gegen das griechische Imperium gefeiert. Sie konnte den jüdischen Tempel in Jerusalem, der in katastrophalem Zustand und voller griechischer Götzenfiguren war, wieder für sich beanspruchen. Zur Reinigung, die eine Woche dauern würde, benötigten sie allerdings von dem Hohepriester versiegeltes Öl. Sie fanden nur einen Krug, also ein Vorrat für einen Tag. Das Öl reichte aber für 8 Tage – das ist das Channukah-Wunder.

Fest der Lichter

Dieses Wunder wird mit dem Anzünden des 8-armigen Chanukahleuchters gefeiert – jeden Tag wird ein Licht hinzugefügt. Zusätzlich werden fröhliche Lieder gesungen und ölige Speisen gegessen – da es sich um das Wunder des Öls handelte. So gibt es Kartoffelpuffer und natürlich die begehrten Krapfen...
 

Assimilierung oder nicht?

 Denn die Chanukahgeschichte handelt auch von der Assimilation, von den Juden, die sich eher als Griechen denn als Juden sahen.
Es ist die Geschichte jeder Minderheit, die im Spannungsfeld zwischen Ghettoisierung und Assimilation ist. Soll man sich der Mehrheit anpassen? Oder sich ganz von ihr absondern, um seine Kultur auch in der Diaspora aufrecht zu erhalten? Oder gibt es eine goldene Mitte?

FROHLICHES CHANUKAHFEST!

Mehr auf unserer Facebook-Seite.

Dienstag, 5. Dezember 2023

"Ich wünschte, ich wäre eine Channukah-Kerze" (Channukah fängt morgen abend an)

 

 

 



...was es damit auf sich hat, und warum man nie die Gefühle einer Channukah-Kerze verletzen sollte - das gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bild: Public Domain
Text: Rosebud