Dienstag, 26. Januar 2016

Jerusalem im Schnee




Alle Jahre wieder schneit es in Jerusalem, und legt die wunderschöne Stadt in ein weißes Antlitz, das seinesgleichen weltweit sucht.

Auch dieses Jahr ist das wieder vorgekommen, und zwar heute. Anfangs ist die Stadt immer in Panikmodus - das Brot in den Supermärkten in wenigen Stunden ausverkauft, Busse fahren nicht mehr, Schulen machen zu, und die Bevölkerung verschwindet schnell in ihren Hauseingängen...

Und in der ganzen Stadt frohlocken die Jerusalemer ob des wunderschönen Geschenk des Himmels: Schnee, Schnee, Schnee!

Das kommt, wie gesagt, nur alle paar Jahre vor. Und so füllen sich die Parks schnell, Schneemänner werden gebaut - auch der Staatspräsident und Premierminister bauen mit. Die Jüngeren lieferen sich Schneeballschlachten, fahren Abhänge mit Schlitten herunter und malen Schnee-Engel in den Boden.

Und alle sind fröhlich - sowohl Juden wie Araber, Religiöse wie Säkulare, Reiche wie Arme - im Weiß des Schnee ist der Frieden nicht nur eine Phantasie, sondern Realität.

Leider wird auch dieser Schnee schmelzen, und dann geht es zurück zur harten Realität.

Bis dahin aber gilt:

I AM DREAMING OF A WHITE JERUSALEM

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Mehr Bilder und Videos zu Jerusalem im Schnee und anderen Themen gibt es auf unserer Facebook-Seite

Sonntag, 24. Januar 2016

Tu biShvat - das Neujahrsfest der Bäume





Morgen ist es soweit - es wird Tu biShvat gefeiert, das Neujahrsfest der Bäume.

Das Fest hat seinen Ursprung Anfang bereits im ersten Jahrhunder der modernen Zeitrechnung: Das Haus Hillels, eines der renommiertesten jüdischen Denker aller Zeiten (man sagt, er hat das ganze Judentum mit "Was du nich willst, das man dir tu, das füge auch keinem anderen zu" zusammengefasst) hat es als "Neujahrsfest der Bäume" festgelegt.

Der Grund ist, dass damit das Ende der Regenszeit und den Beginn der Einpflanzzeit in der Landwirtschaft. Auf Tu biShvat berufend, wird auch das Alter eines Baumes bestimmt.

Tu biShvat heisst "15. des Monats Shvat", und da Shvat, wie alle Monate des jüdischen Jahres, ein Mondmonat ist, ist am Vorabend (also heute nacht), Vollmond.

Nachdem der Vollmond die Nacht erleuchtet hat, geht die Sonne vor wahrhaft blühenden Landschaften aus, insbesonders jetzt, nach dem starken Regenfall in Israel.

Es gibt dann einige Bräuche, die meist landwirtschaftlichen Ursprungs haben: So pflanzt man Bäume und Pflanzen (nach einiger Tradition 15, da es ja der 15. des Monats ist), isst Fruchtsalat und Obst, und vor allem isst man eine Frucht, die man das ganze jüdische Jahr noch nicht gegessen hat. Darauf gibt es dann einen ganz besonderen Segensspruch.

Eine weitere Tradition ist es, einen "Frucht-Sederabend" zu haben, wo die Familie - dem Pessachfest anlehnend - am Tisch sitzt, und in gemütlicher Runde Früchte und Gemüse der Saison einnimmt.

Na denn: Fröhliches Neujahrsfest der Bäume!

Bild und Text: Rosebud

Donnerstag, 21. Januar 2016

Happy TuBiShvat!

                                           getrocknete Früchte in Tel Aviv

Mehr dazu nächste Woche, hier und auf unserer Facebook-Seite

Bild und Text: Rosebud

Sonntag, 17. Januar 2016

Knafe: Wo Milch und Honig (im Mund zer-)fliesst


                                             Mmmmmmmmmmm....

Was passt besser zu Israel, dem Land, wo Milch und Honig fließt, als eine Speise, die genau aus diesem Elementen entstand: Die Rede ist von Knafe, einer himmlischen Nachspeise aus Ziegenkäse und Honig.

Der Ursprung dieser Spezialität, die einem im Mund wie Butter zerfließt, und deren perfekte Balance von süßem Honig und saurem Käse wohl im Magen tut, ist aus der biblischen Stadt Nablus, auch als Schechem bekannt. Dort, in der bereits 72 CE vom römischen Kaiser Vespasian als "Flavia Neapolis" gegründeten Stadt gab es seit jeher Ziegen zuhauf - und auch Bienen, die nicht selten die römischen Soldaten stachen. Doch diese beiden Unannehmlichkeiten zeigten sich bald als wahrer Segen: Denn sie belieferten die ganze Region mit köstlicher Milch, Käse und mit Honig.

Bald verbreitete sich die Nachricht der Rohstoffe, und des Produktes, das beide kombiniert - Knafe eben - in der ganzen Region. Und bis heute weiß der Nahe Osten, dass Nablus und Knafe in einem Atemzuge genannt werden muss. Inzwischen weiss das auch das Guiness Weltrekordbuch: Dort steht Nablus als der Rekordhalter der größten Knafe weltweit: 75 x 2 Meter. Gewicht: 1350 Kilos.

Nicht nur dort aber ist es beliebt: In fast jeder Stadt Israels gibt es heute vorzügliche Knafe, sowohl in den Märkten der großen Städte (Haifa, Jerusalem, Tel-Aviv) als auch in Restaurants jeder Preisklasse und Größe. Innerhalb Israels ist die beste Knafe wohl in der Altstadt Jerusalems zu suchen - dort kann man sich auch sicher sein, dass in der Tat Ziegenkäse benutzt wurde, und nicht mit einfachem Kuhkäse gemogelt wurde...

In der Zwischenzeit gibt es im ganzen Nahen Osten Varianten von Knafe - vom Libanon bis Ägypten über Syrien hat fast jeder Ort sein Knafe.

Aber genug der Wort: Knafe muss man auf der Zunge zergehen lassen. Guten Appetit.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Sonntag, 10. Januar 2016

Kaffee, Kälte, Kashrut

Es ist kalt geworden. Auch in Israel. Es regnet, ein frierender Wind weht uns ins Gesicht und unsere Hände zittern, während wir sie aneinander reiben und anpusten. Da will man in der Früh gar nicht aufstehen. Was gibt man da nicht für ein heisses Getränk, dessen Geruch uns, während wir noch im Bett liegen, zu Nase steigt. Und während der Gatte (oder die Gattin) das Getränk ins Schlafgemach bringt, sieht man –ausser der beschlagenen Fensterscheibe und den Schneesturm draussen- eine Wolke des Dampfes aus der Tasse steigen. Kaffee…


                                                      Kaffeebohnen (im Shuk in Akko)
Viel ist über das „schwarze Gold“ geschrieben worden, das sämtliche Kulturen erobert hat, und auch in Israel sich an grosser Popularität erfüllt (man gehe nur zwei Meter in Tel-Aviv, ohne auf ein Kaffeehaus zu stossen. Ist aber Kaffee koscher? Wie sich herausstellen wird, ist das keine so einfache Frage!
Bishul akum?
„Bishul akum“ bedeutet wortwörtlich das Kochen („Bishul“) von Anbetern von Sternen und Glücksbringern („Ovdei Kohavim u-Mazalot“, oder abgekürzt: „Akum“), und ist natürlich nach der Halacha (dem jüdischen Religionsgesetz) verboten. Ausser den Götzendiener ist in der Kategorie vor allem die (nichtjüdische) Aristokratie gemeint. Wenn Kaffee also DAS Getränk reicher Götzendiener ist, dann dürfen wir es nicht zu Munde führen. Oder?
Nicht unbedingt. Nach der Einstellung der „Tosafot“ des Talmuds (Avodah Zarah, 31b) ist z.B. Bier KEIN „Bishul akum“, da es sich dabei lediglich um geschmackverstärktes Wasser handelt (ob diese Regel ausserhalb des bayrischen Reinheitsgesetzes bei gepanschten Bieren auch zutrifft, sei mal so dahingestellt). Und Wasser kann auch ungekocht verzehrt werden. Daher ist die Bracha [der Segensspruch] beim Bier ebenso wie beim Wasser: „she ha-kol“. Der Kommentator „Pri Hadash“ folgt nun logisch, dass das, was für Bier zutrifft, auch für Kaffee zutrifft: Beide werden gebraut, beide können kalt (also ungekocht) zu sich genommen werden, und beide sind daher nicht „Bishul Akum“, sondern eindeutig koscher. Amen!
Das Café
Was auf den Kaffee zutrifft, trifft nun leider nicht unbedingt auf das Café zu: Da wäre –siehe oben- zum einen das Argument des Cafés als Zentrums der Aristokratie (bei diesen klassenfeindlichen Aussprachen ist es kein Wunder, dass ein Jude die Theorie des Kommunismus entwickelt hat). Zudem war und ist natürlich die Sittlichkeit von Cafés nicht immer gewährleistet. Der Begriff, den die „Chazal“ [Unsere Weisen, „Chakhameinu zikhronam le-vraha“, oder abgekürzt „Chazal“] für die Institution des Cafés benutzen, ist auch nicht sehr schmeichelhaft: „Mo’shav Lay’tzim“, Zentrum der Spötter und Untätigen. Da hilft nur eines: Den Kaffee zuhause zuzubereiten…
Koscherer vs. nicht-koscherer Kaffee
Nach diesen eher philosophischen Fragen kommt eine praktische: Ist Kaffee an sich (also vom Material her) koscher? Eigentlich ja, würde Radio Eriwan antworten, denn Kaffeebohnen an sich sind koscher, und Kaffeemaschinen werden nur selten zu anderen, nichtkoscheren Zwecken benutzt. Aber: Lob den Tag nicht vor dem Abend! Wie vielen bestimmt bekannt ist, haben die im Supermarkt erhältlichen Kaffeeprodukte (Filterkaffee, Fertigkaffee, Kaffeepulver etc.) eben nicht nur Kaffeebohnen als Zutaten: Von Monoglyzeriden bis Emulgatoren über Haltbarkeitsmittel gibt es da eine lange Liste von Zutaten, die sorgfältig überprüft werden müssen. In diese Kategorie fallen übrigens auch „nicht-milchige“ Beiprodukte, die Sodium Casenat (enthält Milchprotein), Lactose (Milchzucker) etc. enthalten. Vorsicht ist also angebracht! (Und das insbesonders an Pessach, wo man allzuleicht auf Kaffeeprodukte fallen kann, die Chametz [ungesäurtes Brot] oder Kitnyot [Hülsenfrucht] sind.)
Insbesonders muss hier die „Kopi Luwak“- Marke Kaffee aus Java und Sumatra erwähnt werden, bei der der Kot eines vorher mit Kaffeebohnen gefütterten Beutetiers zugefügt wird. Nun mag diese Marke vielleicht als Gourmet gelten (über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten), aber wohl eher nicht als koscher (darüber lässt sich nicht streiten)…
Zu guter Letzt
Der Talmud (Shabbat 119b) erwähnt, dass Rabbi Chanina verlangt, am Ende des Schabbats selbst dann eine Mahlzeit zuzubereiten, wenn man nicht hungrig ist. Heisse Getränke und Mahlzeiten seien nämlich „melugma“ – „heilend“. In die selbe Richtung geht Rabbi Meshulam Zushe, der im Shu’t [kurz für „She’elot u-Teshuvot“, also Fragen und Antworten] Hillel Omer (198) mit folgendem zitiert wird: „Chamin b’Motzoei Shabbos Melugma“ [„eine heisse Mahlzeit am Ende des Schabbats ist heilend“] hat die selbe Anzahl an Buchstaben wie „uMechabesh l’Atzvutam“ (Tehillim 143:3) [„der ihre Traurigkeit heilt“]. Folglicherweise heilt eine heiße Tasse Kaffee Depression (insbesonders die Winterdepression).
Na dann: L’Chaim! Auf den Genusse des Kaffees und seine heilbare Wirkung!

Bild und Text: Rosebud