Sonntag, 30. Dezember 2012

Gast-Beitrag: Eine Silvester-Geschichte





Feuerwerke im Sturm

Eine Silvestergeschichte. Basierend auf wahren Begebenheiten



Auf dem Weg zum Lazerett
 
Ein eiskalter Schneewind weht uns ins Gesicht.
„Komm, Gefreiter Udo! Die paar Kilometer schaffen wir noch! Komm, ich trage dich ein paar Meter. Nicht aufgeben...“
 
 
1. Januar. 6 Uhr früh.
 
Endlich zuhause angekommen. So kalt und unangenehm war es ja schon seit Jahren nicht. Und natürlich gab es weder öffentliche Verkehrsmittel noch Taxis. Und dieser Idiot hätte mir schon am Telefon erzählen können, dass er ein gebrochenes Bein hat! Erst einmal ab ins Bett. NIE WIEDER SILVESTER.
 
 
31. Dezember. 6 Uhr abends.
 
„Hallo, Udo. Natürlich können wir etwas an Silvester machen. Ich hatte vor, in Pasing in eine Bar zu gehen, wo ein guter Freund von mir arbeitet. Passt? Dann bis später!“
 
 
1. Januar. 1 Uhr nachts.
 
Da hinten, im Schnee, liegt Mahmud, ein guter Bekannter. Er muß wohl in eine Schlägerei verwickelt gewesen sein. Seine Augen sind halbgeschlossen. Aus Nase und Mund tropft das Blut und färbt den weißen Schnee in ein klares Rot. Es tut mir leid um ihn – gleichzeitig hat dieses Bild auch eine seltsame Ästhetik.
 
 
1. Januar. 3 Uhr früh.
 
Ist das alles nur ein Albtraum? So hatte ich mir Silvester jedenfalls nicht vorgestellt – seit drei Stunden laufen wir durch das eiskalte München, mit dem Schneesturm immer im Gesicht. Unsere Körper zittern vor Kälte. Meine Nase und Ohren spüre ich schon seit zwei Stunden nicht. Aus allen Ecken hören wir Explosionen. Da wieder! Beinahe wäre mir dieser Ladycracker ins Gesicht geflogen! Ich muss Udo einen guten Teil des Weges mit seinem Arm um meine Schulter abschleppen, denn er hat ein gebrochenes Bein – was auch der Grund war, dass wir die Bar kurz nach Mitternacht verlassen mussten. 

 
 
Bumm! „Aufpassen, Udo – beinahe hätte dich dieser Feuerwerkskörper erwischt!“ Ich komme mir vor wie in Stalingrad. Die verletzten Soldaten vom Kriegsfeld räumen und ins Lazarett bringen. „Jawoll, Herr Kommandant!“
 
 
1. Januar. Mitternacht
 
Kling! Wir stoßen mit den Champagnergläsern an. Schon witzig: Ein Jude, ein Muslime und ein Atheist feiern das Neujahr, das nach Jesus (angeblicher) Geburt berechnet wird und nach einem Papst namens Silvester benannt ist.
 
Udo, der Atheist, lächelt schüchtern. Heute wird das mit dem Tanzen wohl nichts.
 


                                                    Einen Guten Rutsch ins Neue Jahr!
 


Bilder: Public Domain
Text: Ben R., Zeitjung

Dieser Artikel ist ursprünglich auf Zeitjung erschienen, und wurde mit ausdrücklicher Erlaubnis des Autors hier nachgedruckt

Montag, 24. Dezember 2012

Frohe Weihnachten, frohes Nittal!

                                                 Weihnachtsbaum oder Schachbrett, das ist hier die Frage!

Heute, während alle guten Christen zur Mitternachtsmesse gehen und mit der Familie bei einem Festmahl Weihnachten feiern und Geschenke öffnen, sitzt dann jeder vor dem Holzofen und hört sich Großpapas Geschichten an. Und die Straßen sind leer - oder?

Nicht ganz, denn natürlich gibt es sowohl in Europa als auch in Amerika bekanntlich ein paar Minderheiten, die nicht Weihnachten feiern. In Amerika waren das traditionell Juden und Chinesen (also Buddhisten) - und so weiß man sich zu erzählen, dass es eine klassische jüdische Tradition ist, an Weihnachten chinesisch essen zu gehen. Eine weitere Tradition ist es, ins Kino zu gehen - dort trafen sich Juden, Chinesen, Inder und jede nicht-christliche Minderheit, die in Amerika eintraf (und ein paar Atheisten)...

Aber noch lange vorher, im Schtetl in Polen, gab es eine andere jüdische Tradition: Das Nittel-Fest. Über die Herkunft des Wortes "Nittel" streiten sich die Forscher. Was klar steht, ist, dass es von chassidischen Juden an Weihnachten gefeiert wurde. Bekanntlich feiern Juden nicht Weihnachten, und so - wohl auch, um sich nicht zu alleingelassen zu fühlen - führten chassidische Rabbiner das Nittel-Fest ein, ein Fest, bei dem man sich ausnahmsweise nicht dem Talmud-Studium widmet, sondern Aktivitäten, zu denen man als religiöser Jude normalerweise nicht die Zeit hat.

Am Bekanntesten hierbei ist das Schachspielen: Man weiß sich zu sagen, dass Chabad-Chassidim bis zum heutigen Tag an Weihnachten/Nittel Schachtourniere durchführen, die oft die ganze Nacht andauern.

In der Nittel-Nacht (so wird Nittel auch genannt), die es bereits seit dem 16. Jahrhundert gab, war das Kartenspielen eine weitere Tradition, mit der sich die jüdischen Gemeinde die Zeit vertrieb, während rundherum aus allen Häusern "Stille Nacht" erklang.

Und so schafften es die jüdischen Gemeinden, auch an dem Tag, an dem sie oft nicht einmal das Haus verlassen durften, viel Freude zu haben.

Heutzutage ist von der Nittel-Tradition wenig erhalten geblieben. Das ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass sich die christlich-jüdischen Verhältnisse in den meisten Ländern Europas verbessert haben, und es Juden weder verboten ist, an Weihnachten auf die Straße zu gehen, noch sie sich den ganzen Tag mit dem Talmudstudium beschäftigen, und keine Zeit haben, Schach zu spielen.

In Israel gibt es noch einige chassidische Juden, die ihre Schachtourniere heute abhalten. Und die Christen in Nazareth und Jerusalem feiern natürlich auch weiterhin Weihnachten.

Allen Lesern: Ein frohes Fest heute, was immer es auch sein mag!

Und schon einmal EIN GUTER RUTSCH INS NEUE JAHR

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Sonntag, 16. Dezember 2012

Lippa Schmelzer, chassidischer "King of Pop"

                                                                      Lippa Schmelzer

Channukah geht gerade vorbei, doch nicht ohne ein Lied des Superstars am chassidischen Pop-Himmels, Lippa Schmelzer: Believe in a miracle heißt es - glaube an ein Wunder...

An Wunder kann man bei Lippa schnell glauben: Der erst 34-jährige Lippa Schmelzer ist Sohn eines ungarischen Holocaustüberlebenden, der auf dem sogenannten "Kastner-Zug" überlebte und nach dem Krieg ein neues Leben anfing, was auch hieß, 12 Kinder in die Welt zu setzen. Trotz dieser schrecklichen Zeit verlor Lippas Vater den Glauben nie, und erzog seine Kinder, die alle in New York geboren wurden, in der chassidischen Welt, in der er vor der Shoah aufwuchs.

Lippa, der nie musikalisches Training erhielt, bewies sich schon sehr früh als Naturtalent, und er gab Konzerte auf Bar-Mitzwahs und auf Hochzeiten, bei denen es rund ging! Chassidische Lebensfreude eben!

Bald zeigte sich, dass er nicht nur traditionelle Klänge von sich geben kann, sondern auch modernen Stil mit traditionellen Themen mischen kann. Und so ist nach seinen inzwischen 10 Alben klar, dass er sich den Namen "chassidische Lady Gaga" (siehe Videoclip) und "chassidischer Elvis" (siehe Videoclip) redlich verdient hat.

Seitdem ist er DER Superstar, nicht nur am chassidischen Musikhimmel, sondern auch am allgemeinen Pop-Himmel - Konzerte gibt er überall von Sao Paolo über China bis natürlich Amerika und Israel. Die Fans geraten bei den Konzerten fast immer in Extase, die den Beatles Konkurrenz machen könnte.

Wie sehr er die verschiedene Welten von Chassidismus, Diaspora und säkularem Israel in sich vereinen kann, zeigt sein wohl bekanntestes Lied - ein richtiger Partyschlager mit dem Titel "Mizrach", das eine Hommage an den "Nachal ha-Charedi" ist, eine Kampfeinheit chassidischer Juden - und Lippa Schmelzer wirft sich mit Armeeuniform selbst in Schale. Siehe hier:



                                                Mizrach: Der chassidische Party-Hit

Wenn Lippa also nach seiner Welt-Tour wieder zurück in die von ihm selbst gebaute Synagoge geht, und zurück zu Frau und vier Kindern, dann wird es viel zu berichten geben...

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud
                                 

Sonntag, 9. Dezember 2012

Öl, Krapfen, und wieder Öl: (Nicht nur) Kulinarisches an Chanuka

                                           Lecker: Sufganiya

Öl spielt an Chanukah eine sehr große Rolle:
Da ist zunächst das Wunder der Öllampe zu erwähnen. Als die Makkabäer nach dem erfolgreichen Aufstand gegen die Griechen den Tempel in Jerusalem zurückeroberten, fanden sie ihn entweiht und entheiligt vor. Der Anblick muss ein schrecklicher gewesen sein. Jedoch fand sich eine reine Öllampe, die aber nur genug Öl für eine Nacht hatte. Das Wunder der Öllampe ist es, dass sie nicht eine, sondern 8 Tage brannte, genug Zeit, um den Tempel wieder zu säubern.

Als Erinnerung an dieses Wunder ist es Brauch, ölige Speisen zu essen. Vor allem erfreut sich die "Sufganiya" (siehe Bild) an Beliebtheit bei groß und Klein: Das ist ein mit Marmelade (oder Vanilla) gefüllter Krapfen, der in tiefen Öl gebacken wird, und dann mit Puderzucker bestäubt wird. Manche bevorzugen ihn aber mit Schokolade glasiert. Zusätzlich ist man Latkes, das sind Kartoffelpuffer, also geriebene und in tiefen Öl gebratene Kartoffeln.

Doch nicht nur beim Essen erinnert man sich an das Ölwunder:

                                                  Chanukiah für Olivenöl statt Kerzen

Es ist Tradition, an Chanukah jeden Tag eine Kerze anzuzünden, mit dem Wunder der Öllampe korrespondierend (d.h. am ersten Tag 1 Kerze, am zweiten Tag 2 usw.). Daher wird Chanukah auch das "Lichterfest" genannt. Und natürlich hat es auch etwas Symbolisches. So ist eines der bekanntesten Chanukah-Lieder "Banu Choshech legaresh" (wir sind hier, um die Dunkelheit zu vertreiben - gemeint ist auch die Dunkelheit der Intoleranz).

Eine ganz besondere Tradition ist es, statt Kerzen zu benutzen, Dochte in Olivenöl zu stecken, und diese an Channukah anzuzünden. Damit ist man der Öllampe des Tempels am Nächsten.

Wer lieber Kerzen hat, kann natürlich zu öffentlichen Kerzenzündungen gehen, wo Lampen in Menschengröße angezündet werden:





Happy Hannukah!

Bilder und Text: Rosebud



Freitag, 7. Dezember 2012

Es wird wieder Spannukah - dieses Jahr an Channukah!

                                           Channukah - das Fest der Lichter

 Am Samstagabend fängt es an - das Chanukahfest. 


Fettes Fest
 
Noch ein Biss – und man ist um 300 Kalorien reicher. Die mit Marmelade oder Nugat gefüllten Krapfen, die traditionell an Chanukah verspeist werden, erinnern an das Wunder der Ölkerze (mehr dazu später). Sie sind gleichzeitig ein Gaumenschmaus, bei dem man mit der Zunge das letzte Stück Puderzucker von den Lippen leckt. Es ist wohl der Albtraum jedes Zahn- und Allgemeinarztes  – einmal im Jahr jedoch ist es auch ein süßer Traum...
 
Das Wunder des Öles
 
An Chanukah wird der Sieg einer kleinen jüdischen Guerillagruppe gegen das griechische Imperium gefeiert. Die Gruppe konnte den jüdischen Tempel, der in katastrophalem Zustand und voller griechischer Götzenfiguren war, wieder für sich beanspruchen. Zur Reinigung, die eine Woche dauern würde, benötigten sie allerdings von dem Hohepriester versiegeltes Öl. Sie fanden nur einen Krug, also ein Vorrat für einen Tag. Das Öl reichte aber für 8 Tage – das ist das Chanukah-Wunder.
 
Fest der Lichter
 
Dieses Wunder wird mit dem Anzünden des 8-armigen Chanukahleuchters gefeiert – jeden Tag wird ein Licht hinzugefügt. Zusätzlich werden fröhliche Lieder gesungen und ölige Speisen gegessen – da es sich um das Wunder des Öls handelte. So gibt es Kartoffelpuffer und natürlich die begehrten Krapfen...
 
 
Assimilierung oder nicht?
 Denn die Chanukahgeschichte handelt auch von der Assimilation, von den Juden, die sich eher als Griechen denn als Juden sahen.
 
Es ist die Geschichte jeder Minderheit, die im Spannungsfeld zwischen Ghettoisierung und Assimilation ist. Soll man sich der Mehrheit anpassen? Oder sich ganz von ihr absondern, um seine Kultur auch in der Diaspora aufrecht zu erhalten? Oder gibt es eine goldene Mitte?
 
Hier in Israel ist das natürlich kein Problem - da sind die Mehrheit Juden. Für die Diaspora wird das Chanukah-Lied empfohlen.
 
Mehr zum Thema gibt es im Verlauf der nächsten Woche.
 
Happy Hannukah  


Bild und Text: Rosebud

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Vorfreude auf Chanuka!

Nächsten Samstagabend fängt das Channukah-Fest an: Da wird es eine Woche lang in ganz Israel rund gehen, mit Kerzenzünden, viel Musik und Feiern, den berühmten "Sufganiot"-Krapfen und und und.

Mehr dazu ab nächste Woche.

Einen kleinen Vorgeschmack gibt es aber jetzt schon auf unserer Facebook-Seite.

Viel Spass!
Rosebud