Sonntag, 30. Dezember 2012

Gast-Beitrag: Eine Silvester-Geschichte





Feuerwerke im Sturm

Eine Silvestergeschichte. Basierend auf wahren Begebenheiten



Auf dem Weg zum Lazerett
 
Ein eiskalter Schneewind weht uns ins Gesicht.
„Komm, Gefreiter Udo! Die paar Kilometer schaffen wir noch! Komm, ich trage dich ein paar Meter. Nicht aufgeben...“
 
 
1. Januar. 6 Uhr früh.
 
Endlich zuhause angekommen. So kalt und unangenehm war es ja schon seit Jahren nicht. Und natürlich gab es weder öffentliche Verkehrsmittel noch Taxis. Und dieser Idiot hätte mir schon am Telefon erzählen können, dass er ein gebrochenes Bein hat! Erst einmal ab ins Bett. NIE WIEDER SILVESTER.
 
 
31. Dezember. 6 Uhr abends.
 
„Hallo, Udo. Natürlich können wir etwas an Silvester machen. Ich hatte vor, in Pasing in eine Bar zu gehen, wo ein guter Freund von mir arbeitet. Passt? Dann bis später!“
 
 
1. Januar. 1 Uhr nachts.
 
Da hinten, im Schnee, liegt Mahmud, ein guter Bekannter. Er muß wohl in eine Schlägerei verwickelt gewesen sein. Seine Augen sind halbgeschlossen. Aus Nase und Mund tropft das Blut und färbt den weißen Schnee in ein klares Rot. Es tut mir leid um ihn – gleichzeitig hat dieses Bild auch eine seltsame Ästhetik.
 
 
1. Januar. 3 Uhr früh.
 
Ist das alles nur ein Albtraum? So hatte ich mir Silvester jedenfalls nicht vorgestellt – seit drei Stunden laufen wir durch das eiskalte München, mit dem Schneesturm immer im Gesicht. Unsere Körper zittern vor Kälte. Meine Nase und Ohren spüre ich schon seit zwei Stunden nicht. Aus allen Ecken hören wir Explosionen. Da wieder! Beinahe wäre mir dieser Ladycracker ins Gesicht geflogen! Ich muss Udo einen guten Teil des Weges mit seinem Arm um meine Schulter abschleppen, denn er hat ein gebrochenes Bein – was auch der Grund war, dass wir die Bar kurz nach Mitternacht verlassen mussten. 

 
 
Bumm! „Aufpassen, Udo – beinahe hätte dich dieser Feuerwerkskörper erwischt!“ Ich komme mir vor wie in Stalingrad. Die verletzten Soldaten vom Kriegsfeld räumen und ins Lazarett bringen. „Jawoll, Herr Kommandant!“
 
 
1. Januar. Mitternacht
 
Kling! Wir stoßen mit den Champagnergläsern an. Schon witzig: Ein Jude, ein Muslime und ein Atheist feiern das Neujahr, das nach Jesus (angeblicher) Geburt berechnet wird und nach einem Papst namens Silvester benannt ist.
 
Udo, der Atheist, lächelt schüchtern. Heute wird das mit dem Tanzen wohl nichts.
 


                                                    Einen Guten Rutsch ins Neue Jahr!
 


Bilder: Public Domain
Text: Ben R., Zeitjung

Dieser Artikel ist ursprünglich auf Zeitjung erschienen, und wurde mit ausdrücklicher Erlaubnis des Autors hier nachgedruckt

Montag, 24. Dezember 2012

Frohe Weihnachten, frohes Nittal!

                                                 Weihnachtsbaum oder Schachbrett, das ist hier die Frage!

Heute, während alle guten Christen zur Mitternachtsmesse gehen und mit der Familie bei einem Festmahl Weihnachten feiern und Geschenke öffnen, sitzt dann jeder vor dem Holzofen und hört sich Großpapas Geschichten an. Und die Straßen sind leer - oder?

Nicht ganz, denn natürlich gibt es sowohl in Europa als auch in Amerika bekanntlich ein paar Minderheiten, die nicht Weihnachten feiern. In Amerika waren das traditionell Juden und Chinesen (also Buddhisten) - und so weiß man sich zu erzählen, dass es eine klassische jüdische Tradition ist, an Weihnachten chinesisch essen zu gehen. Eine weitere Tradition ist es, ins Kino zu gehen - dort trafen sich Juden, Chinesen, Inder und jede nicht-christliche Minderheit, die in Amerika eintraf (und ein paar Atheisten)...

Aber noch lange vorher, im Schtetl in Polen, gab es eine andere jüdische Tradition: Das Nittel-Fest. Über die Herkunft des Wortes "Nittel" streiten sich die Forscher. Was klar steht, ist, dass es von chassidischen Juden an Weihnachten gefeiert wurde. Bekanntlich feiern Juden nicht Weihnachten, und so - wohl auch, um sich nicht zu alleingelassen zu fühlen - führten chassidische Rabbiner das Nittel-Fest ein, ein Fest, bei dem man sich ausnahmsweise nicht dem Talmud-Studium widmet, sondern Aktivitäten, zu denen man als religiöser Jude normalerweise nicht die Zeit hat.

Am Bekanntesten hierbei ist das Schachspielen: Man weiß sich zu sagen, dass Chabad-Chassidim bis zum heutigen Tag an Weihnachten/Nittel Schachtourniere durchführen, die oft die ganze Nacht andauern.

In der Nittel-Nacht (so wird Nittel auch genannt), die es bereits seit dem 16. Jahrhundert gab, war das Kartenspielen eine weitere Tradition, mit der sich die jüdischen Gemeinde die Zeit vertrieb, während rundherum aus allen Häusern "Stille Nacht" erklang.

Und so schafften es die jüdischen Gemeinden, auch an dem Tag, an dem sie oft nicht einmal das Haus verlassen durften, viel Freude zu haben.

Heutzutage ist von der Nittel-Tradition wenig erhalten geblieben. Das ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass sich die christlich-jüdischen Verhältnisse in den meisten Ländern Europas verbessert haben, und es Juden weder verboten ist, an Weihnachten auf die Straße zu gehen, noch sie sich den ganzen Tag mit dem Talmudstudium beschäftigen, und keine Zeit haben, Schach zu spielen.

In Israel gibt es noch einige chassidische Juden, die ihre Schachtourniere heute abhalten. Und die Christen in Nazareth und Jerusalem feiern natürlich auch weiterhin Weihnachten.

Allen Lesern: Ein frohes Fest heute, was immer es auch sein mag!

Und schon einmal EIN GUTER RUTSCH INS NEUE JAHR

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Sonntag, 16. Dezember 2012

Lippa Schmelzer, chassidischer "King of Pop"

                                                                      Lippa Schmelzer

Channukah geht gerade vorbei, doch nicht ohne ein Lied des Superstars am chassidischen Pop-Himmels, Lippa Schmelzer: Believe in a miracle heißt es - glaube an ein Wunder...

An Wunder kann man bei Lippa schnell glauben: Der erst 34-jährige Lippa Schmelzer ist Sohn eines ungarischen Holocaustüberlebenden, der auf dem sogenannten "Kastner-Zug" überlebte und nach dem Krieg ein neues Leben anfing, was auch hieß, 12 Kinder in die Welt zu setzen. Trotz dieser schrecklichen Zeit verlor Lippas Vater den Glauben nie, und erzog seine Kinder, die alle in New York geboren wurden, in der chassidischen Welt, in der er vor der Shoah aufwuchs.

Lippa, der nie musikalisches Training erhielt, bewies sich schon sehr früh als Naturtalent, und er gab Konzerte auf Bar-Mitzwahs und auf Hochzeiten, bei denen es rund ging! Chassidische Lebensfreude eben!

Bald zeigte sich, dass er nicht nur traditionelle Klänge von sich geben kann, sondern auch modernen Stil mit traditionellen Themen mischen kann. Und so ist nach seinen inzwischen 10 Alben klar, dass er sich den Namen "chassidische Lady Gaga" (siehe Videoclip) und "chassidischer Elvis" (siehe Videoclip) redlich verdient hat.

Seitdem ist er DER Superstar, nicht nur am chassidischen Musikhimmel, sondern auch am allgemeinen Pop-Himmel - Konzerte gibt er überall von Sao Paolo über China bis natürlich Amerika und Israel. Die Fans geraten bei den Konzerten fast immer in Extase, die den Beatles Konkurrenz machen könnte.

Wie sehr er die verschiedene Welten von Chassidismus, Diaspora und säkularem Israel in sich vereinen kann, zeigt sein wohl bekanntestes Lied - ein richtiger Partyschlager mit dem Titel "Mizrach", das eine Hommage an den "Nachal ha-Charedi" ist, eine Kampfeinheit chassidischer Juden - und Lippa Schmelzer wirft sich mit Armeeuniform selbst in Schale. Siehe hier:



                                                Mizrach: Der chassidische Party-Hit

Wenn Lippa also nach seiner Welt-Tour wieder zurück in die von ihm selbst gebaute Synagoge geht, und zurück zu Frau und vier Kindern, dann wird es viel zu berichten geben...

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud
                                 

Sonntag, 9. Dezember 2012

Öl, Krapfen, und wieder Öl: (Nicht nur) Kulinarisches an Chanuka

                                           Lecker: Sufganiya

Öl spielt an Chanukah eine sehr große Rolle:
Da ist zunächst das Wunder der Öllampe zu erwähnen. Als die Makkabäer nach dem erfolgreichen Aufstand gegen die Griechen den Tempel in Jerusalem zurückeroberten, fanden sie ihn entweiht und entheiligt vor. Der Anblick muss ein schrecklicher gewesen sein. Jedoch fand sich eine reine Öllampe, die aber nur genug Öl für eine Nacht hatte. Das Wunder der Öllampe ist es, dass sie nicht eine, sondern 8 Tage brannte, genug Zeit, um den Tempel wieder zu säubern.

Als Erinnerung an dieses Wunder ist es Brauch, ölige Speisen zu essen. Vor allem erfreut sich die "Sufganiya" (siehe Bild) an Beliebtheit bei groß und Klein: Das ist ein mit Marmelade (oder Vanilla) gefüllter Krapfen, der in tiefen Öl gebacken wird, und dann mit Puderzucker bestäubt wird. Manche bevorzugen ihn aber mit Schokolade glasiert. Zusätzlich ist man Latkes, das sind Kartoffelpuffer, also geriebene und in tiefen Öl gebratene Kartoffeln.

Doch nicht nur beim Essen erinnert man sich an das Ölwunder:

                                                  Chanukiah für Olivenöl statt Kerzen

Es ist Tradition, an Chanukah jeden Tag eine Kerze anzuzünden, mit dem Wunder der Öllampe korrespondierend (d.h. am ersten Tag 1 Kerze, am zweiten Tag 2 usw.). Daher wird Chanukah auch das "Lichterfest" genannt. Und natürlich hat es auch etwas Symbolisches. So ist eines der bekanntesten Chanukah-Lieder "Banu Choshech legaresh" (wir sind hier, um die Dunkelheit zu vertreiben - gemeint ist auch die Dunkelheit der Intoleranz).

Eine ganz besondere Tradition ist es, statt Kerzen zu benutzen, Dochte in Olivenöl zu stecken, und diese an Channukah anzuzünden. Damit ist man der Öllampe des Tempels am Nächsten.

Wer lieber Kerzen hat, kann natürlich zu öffentlichen Kerzenzündungen gehen, wo Lampen in Menschengröße angezündet werden:





Happy Hannukah!

Bilder und Text: Rosebud



Freitag, 7. Dezember 2012

Es wird wieder Spannukah - dieses Jahr an Channukah!

                                           Channukah - das Fest der Lichter

 Am Samstagabend fängt es an - das Chanukahfest. 


Fettes Fest
 
Noch ein Biss – und man ist um 300 Kalorien reicher. Die mit Marmelade oder Nugat gefüllten Krapfen, die traditionell an Chanukah verspeist werden, erinnern an das Wunder der Ölkerze (mehr dazu später). Sie sind gleichzeitig ein Gaumenschmaus, bei dem man mit der Zunge das letzte Stück Puderzucker von den Lippen leckt. Es ist wohl der Albtraum jedes Zahn- und Allgemeinarztes  – einmal im Jahr jedoch ist es auch ein süßer Traum...
 
Das Wunder des Öles
 
An Chanukah wird der Sieg einer kleinen jüdischen Guerillagruppe gegen das griechische Imperium gefeiert. Die Gruppe konnte den jüdischen Tempel, der in katastrophalem Zustand und voller griechischer Götzenfiguren war, wieder für sich beanspruchen. Zur Reinigung, die eine Woche dauern würde, benötigten sie allerdings von dem Hohepriester versiegeltes Öl. Sie fanden nur einen Krug, also ein Vorrat für einen Tag. Das Öl reichte aber für 8 Tage – das ist das Chanukah-Wunder.
 
Fest der Lichter
 
Dieses Wunder wird mit dem Anzünden des 8-armigen Chanukahleuchters gefeiert – jeden Tag wird ein Licht hinzugefügt. Zusätzlich werden fröhliche Lieder gesungen und ölige Speisen gegessen – da es sich um das Wunder des Öls handelte. So gibt es Kartoffelpuffer und natürlich die begehrten Krapfen...
 
 
Assimilierung oder nicht?
 Denn die Chanukahgeschichte handelt auch von der Assimilation, von den Juden, die sich eher als Griechen denn als Juden sahen.
 
Es ist die Geschichte jeder Minderheit, die im Spannungsfeld zwischen Ghettoisierung und Assimilation ist. Soll man sich der Mehrheit anpassen? Oder sich ganz von ihr absondern, um seine Kultur auch in der Diaspora aufrecht zu erhalten? Oder gibt es eine goldene Mitte?
 
Hier in Israel ist das natürlich kein Problem - da sind die Mehrheit Juden. Für die Diaspora wird das Chanukah-Lied empfohlen.
 
Mehr zum Thema gibt es im Verlauf der nächsten Woche.
 
Happy Hannukah  


Bild und Text: Rosebud

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Vorfreude auf Chanuka!

Nächsten Samstagabend fängt das Channukah-Fest an: Da wird es eine Woche lang in ganz Israel rund gehen, mit Kerzenzünden, viel Musik und Feiern, den berühmten "Sufganiot"-Krapfen und und und.

Mehr dazu ab nächste Woche.

Einen kleinen Vorgeschmack gibt es aber jetzt schon auf unserer Facebook-Seite.

Viel Spass!
Rosebud

Dienstag, 27. November 2012

Kulinarisches aus Israel:

Und heute
                                             
                                                        Meluchia - das Gericht der Könige


Meluchia ist ursprünglich ein ägyptisches Gericht, dessen Namen "Königlich" bedeutet. Wahrscheinlich stand es schon auf demSpeiseplan der antiken Pharaonen. Es hat sich aber schon so in Israel eingebürgert, dass man es als israelisches Gericht bezeichnen kann.

Der deutsche Name der Pflanze, aus der Meluchia gemacht wird, ist "langkapselige Jute" - da klingt Meluchia schon viel besser. Aber auch der lateinische Name ist nicht ohne: Chorcurus uliturus. Die Pflanze ist Teil der Familie der Malvengewächse, und im Nahen Osten recht verbreitet.

Die Zubereitung der Meluchia ist sehr mühsam: Jedes der ca. 90 cm. langen Blätter muss per Hand abgetrennt, gewaschen und eigenständig geschnitten und zubereitet werden. Dies stammt daher, dass nur das innere jedes Blatt benutzt werden kann. Danach werden die Blätter zusammen mit Knoblauch und Koriander für einige Stunden lang gekocht. Serviert wird Meluchia meist als Eintopf, zusammen mit Huhn- oder Rindfleisch.

                                                Ein Genuß: Meluchia
                               
Meluchia selbst schmeckt wie eine Mischung aus Okraschote und Spinatblatt, und ist wohl an gesundheitlichen Nutzen kaum zu überbieten. Zwar ist die Dickflüssigkeit anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, ist aber danach umso leckerer.

Na denn: Guten Appetit!

Bilder und Text: Rosebud


Sonntag, 18. November 2012

Neulich, beim Friseur in Jerusalem...

                                            Friseurgast mit Tefilin, jüdischen Gebetsriemen

Er betet wohl, dass ihm Haare wachsen, bis er an die Reihe kommt ;-)

Bilder und Text: Rosebud

Mittwoch, 14. November 2012

Die schwarze Nachtigall der israelischen Musik

Die ganze Welt ist Bühne
Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.

Shakespeare

Man wird schon als Schauspieler geboren - (...) und wir spielen und heucheln. (...) Sogar in unseren Liedern.
Zohar Argov



                Zohar Argov
          
Vor genau 25 Jahren, im November, 1987, wurde Zohar Argov tot in seiner Gefängniszelle in Rishon LeZion gefunden. Mit 32 Jahren nahm sich dieses Idol des "zweiten Israels” das Leben: Er erhängte sich mit seinem Bettlaken. Niemand hat israelische Musik so revolutioniert wie der "Melekh" (König oder "The King"). Er schaffte es, "Musica Mizrahit" vom Status einer subkulturellen Randbewegung zu einem integralen Teil israelischer Kultur zu erheben.  Heute spielen dieselben Radiostationen, die einst seine Schallplatten boykottierten,


Einsam, auf dem Weg ins Nichts

(Das Lied des selben Titels heißt auf Hebräisch "Badad")

Zohar Argov wurde als Zohar Orkabi am 8. July 1955 zu jemenitischen Immigranten in Shikun mizrakh, einem Armenviertel in Rishon LeTzion, Israel, geboren. Die zehnköpfige Familie musste sich in einer Zweizimmerwohnung zurechtfinden, und war auf die finanzielle Hilfe jades Familienmitglied angewiesen. Zohar tat mit 13 Jahren, was von ihm erwartet wurde: Er brach die Schule ab und fing an, im Bau zu arbeiten. Gleichzeitig tat er bereits erste Schritte in der Musik: Zohar Argovs erste Zuhörer Gäste von Bar-Mitzvahs waren, wo er sang – und sich den Spitznamen Hasamir ("die Nachtigall") erwarb.

Die Jahre sind vergangen, aber an die Tage werde ich mich erinnern.
Zohar Argov, Kfar Awru Hashanim - so vergingen die Jahre)


Im Alter von 17 Jahren heiratet Zohar Argov. Er arbeitete tagsüber am Bau und sang nachts in Klubs. Gleichzeitig taucht am 13. Januar 1971 der Name "Pantherim Haskhorim" (Schwarze Panther) das erste Mal in der Zeitung auf. Inspiriert durch ihren amerikanischen Counterpart setzten die israelischen Schwarzen Panther den Kampf um soziale Gleichberechtigung der Mizrahim, Juden aus Nordafrika und dem Nahen Osten, an die Spitze. Auch kulturell trat eine neue, dismal authentische Stimme der Mizrahim an die Oberfläche: Es war die Stimme von Zohar Argov.

Zunächst trat er in kleinen Clubs wie Piano Bar ‘77 in Rehovot, und Moadon Habarvas in Yafo auf, wo er schon bald einen Namen für sich machte. Einer der Hauptgründe seiner Beliebtheit war der bewusste Einsatz nahöstlicher Musikformen, wie z.B. muwal (frei rhythmische Einweisung durch Wechsel von Kopf- und Bruststimme), lazima (Stimmeinsatz, gefolgt durch kurze instrumentale Antwort) und, natürlich, die nasale Stimme. Auch benutzte er Instrumente der Region wie Bozouki, Oud, und Qanun im Zusammenspiel mit Standard-Rockinstrumenten.

Aber nicht nur die Musik war unterschiedlich: Zohar Argovs Texte waren persönlich, sie handelten von Liebe, von Einsamkeit. Statt des Militärismus und Nationalismus der Mainstream-Musik traten unterpriviligierte Minderheiten in den Vordergrund seiner Lieder, sei es ein alter Beduine oder eine Zigeunerin. Er drückte eine neues Mizrahu- Selbstbewusstsein aus, als er die Heimat seiner Eltern, Jemen, als Thema für eines seiner Albume wählte (kerem hatejmanim, "die Weingärten der Jemeniten").

Bald kamen die ersten Kassetten heraus. Dies war der Beginn eines neuen Genres, musica hakassetot (Kassettenmusik) – im Gegensatz zum Mainstream, der auf Schallplatten produziert wurde. Sogar der Leiter des staatlichen Radios benutzte diesen Ausdruck. Jedoch weigerte er sich "aufgrund des niedrigen Niveaus der Texte, Musik und Begleitung" diese Musik zu spielen. Aber selbst er konnte den Erfolg nicht aufhalten: Die Clubs, in denen Argov auftrat waren ebenso schnell ausverkauft wie seine Kassetten. Und aus fast jedem Laden der Tahana Merkazit [Hauptbusbahnhof] Tel Avivs dröhnte die Musik Zohar Argovs. Eine Subkultur war geboren.

Dann, im Jahr 1982, kam das Festival der Musica Mizrahit: Zohar Argov sang – und gewann den Wettbewerb mit- sein wohl bekanntes Lied, Ha-Perah BeGani ("Die Blume in meinem Garten"). Das Lied   war bahnbrechend und das israelische Musikestablishment konnte dieses Genre nicht länger ignorieren 

Leider endete sein Weg so wie der seines Spitznamensvetter (Elvis Presley): Drogen, Reha und Gefängniszellen. Am 6. November 1987 nahem er sich das Leben.

Hier ist nocheinmal sein größter Hit: Ha-Perech be-Gani

Zohar Argov - die Nachtigall singt nicht mehr, doch wir hören Ihre Stimme auch heute noch, 25 Jahre nach ihrem Tod, und genauso schön wie damals...

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud





 

Montag, 12. November 2012

Im Wein liegt Wahrheit - und Völkerverständigung

                                                Weingut Mony - einzigartig

Nicht weit entfernt von Jerusalem und Beth Shemesh, in Deir Rafat im Süden Israels, liegt der Weingut Mony. Es ist ein ganz besonderes Weingut, das seinesgleichen weltweit such

Aber zurück zu Deir Rafat: Dabei handelt es sich um ein katholisches Kloster, das 1927 vom Priester Luigi Barlassina gegründet wurde. Barlassina, der 1872 in Turin geboren wurde, war aber mehr als nur ein Priester - er wurde von Papst Pius XI zum Patriarchen Jerusalems ernennt. Das war 1920, und diesen Posten hatte er bis zu seinem Tode 1947 inne.

Das von ihm gegründete Kloster steht immer noch - jedoch hört man hier eher Arabisch als Italienisch (oder gar Latein). Und von dort aus hat man einen Ausblick auf eine der pastoralischsten Landschaften Israels, wirklich eine Augenweide.

                                             Das Kloster - es steht immer noch

                                             Die Aussicht

Wir schreiben das Jahr 1980. Im Norden Israels, in Galiläa, lebt und arbeitet eine respektierte Familie arabischer Christen namens Artul. Die Familie ist wohlhabend und einflußreich, und überlegt sich, eine Investition in die Landwirtschaft zu machen. Dann stirbt Dr. Mony Artul.

Die Geschwister von Mony ehren seinen Namen auf ganz besondere Weise: Sie kaufen ein Weingut im Süden Israels, und nennen den Wein Mony, als Ehrung Dr. Mony Artuls. Der Ort des Weinguts: Deir Rafat.

Doch damit endet diese Geschichte nicht, im Gegenteil: Die Artuls wollen nämlich nicht nur vorzüglichen Wein produzieren, sondern auch etwas für die Völkerverständigung tun - und entschließen sich, den Wein koscher zu machen, ihn also unter jüdische Aufsicht zu stellen.

                                                      Unter jüdischer Aufsicht: Weinpresse

Gesagt, getan. Und so kann man in Deir Rafat eine wunderschöne Aussicht genießen, und stundenlang dort spaziergengehen. Man kann sich auch das noch aktive Kloster anschauen. Oder aber, man geht ins Mony-Weingut: Dort hört man Arabisch, Yiddisch und Hebräisch - und vor allem, kann man dort den vorzüglichen Wein probieren, der einem vom Koscher-Aufseher eingegoßen wird.

Und so sieht er aus, der Wein der Gesundheit, Wahrheit und Völkerverständigung:


Mehr Bilder vom Weingut Mony gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bilder und Text: Rosebud

Donnerstag, 8. November 2012

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum: Basel in Tel-Aviv

                                            Basel-Straße in Tel-Aviv

"In Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagen würde, würde man mich auslachen. In 5, spätestens aber in 50 Jahren, wird mir jeder zustimmen" (Theodor Herzl, 1897)

Herzl irrte sich nur um 1 Jahr: 51 Jahre, nachdem er diesen Tag in sein Tagebuch schrieb, wurde der Staat Israel gegründet.

Rückblick: Man schreibt das Jahr 1897. Nervös versammelten sich Delegierte aus aller Herren Länder in Basel, Schweiz, zum ersten Zionistenkongress. Anzüge und Fracks gibt es zuhauf, und die Herren tragen alle Zylinder. An kommt man natürlich per Kutsche. Diskutiert wird auf Deutsch - die Sprache, die Herzl als Landessprache des Staates sieht, den dieser Kongress entstehen lassen soll: Der Staat der Juden, zu diesem Zeitpunkt überall in Europa von Pogromen verfolgt.

                                             Café in Basel, Tel-Aviv

Mehr als 100 Jahre später sitzen - siehe oben - Menschen gemütlich in Basel - nicht Basel (Schweiz), sondern Basel (Tel-Aviv) - es ist dies eine Gegend, die nach der Stadt des Zionistenkongresses benannt ist, und die sich in Tel-Aviv befindet, der Stadt, die ihren Namen nach Herzls zionistischem Utopie-Roman "Altneuland" erhielt.

Den meisten Menschen hier ist diese historische Verbindung jedoch weder bekannt, noch interessant: Sie sitzen in einen der unzähligen Cafés hier, und sippen Espresso, während sie gemütlich die Zeitung lesen, oder aber haben zum Mittagessen Sushi oder Pizza mit Trüffel.

Kulturelles ist auch viel geboten in der Basel-Gegend: So sitzt hier das Israel-Ballett, die Israel-Oper ist 10 Gehminuten entfernt, und es gibt noch kleine Buchhandel, die nicht von großen Ketten gekauft wurden:

                                            "Bookshop Basel": Hier werden Bestellungen noch
                                            telefonisch genommen und handschriftlich vermerkt

Interessant zu bemerken ist auch, dass die ägyptische Botschaft sich hier befindet: In der Basel-Gegend, auf der Basel-Straße ist sie zwar gut überwacht, fügt sich aber ansonsten in diese idyllische Gegend schön ein. Und Herzl und sein Zionistenkongress hätten es bestimmt für gut befunden, dass der Nachbarstaat in Israel gut vertreten ist. Man kann nur hoffen, dass diese Idylle erhalten bleibt.

                                                Ägyptische Botschaft in Tel-Aviv


Aber auch für die, die es nach ruhigerem gönnt, hat Basel (Tel-Aviv) viele kleine Gassen, wo man ruhig im Schatten der Bäume wandeln kann, und sich von dem Lärmen und Treiben der Großstadt erholen kann.

                                            ruhige Ecke in Basel

Kurzum: Basel, Israel ist ein Genuß, und auf jeden Fall einen Besuch wert! Es befindet sich im Norden des Zentrums Tel-Aviv (die Gegend wird als "Zfon ha-jashan",also "alter Norden" bezeichnet, weil es früher der nördliche Teil Tel-Aviv wars, sich inzwischen aber viele Gegenden nördlich von hier hinzugesellt haben), Gehminuten von der Dizengoff- und Ben-Yehuda-Strasse, und auch nicht so weit vom Strand entfernt (ca. 10 Minuten zu Fuß). Nördlich ist man bald auf einer weiteren Hauptstraße, der Ibn-Gibrol-Straße, wo sich der Rabin-Platz befindet.

Es ist eine Insel der Ruhe und Harmonie, gleichzeitig aber auch ein "Hub", wo es rund geht - mit Cafés, Restaurants, und Bars. Herzl hätte seine Freude daran gehabt...

Bilder und Text: Rosebud

P.S. Weitere Bilder gibt es auf unserer Facebook-Seite              

Freitag, 19. Oktober 2012

Orient Express:

                                           Achtung, sie fährt ein...

                                          ...die Trambahns Jerusalems!

Tja, wer hätte das gedacht - die Ewige Stadt hat eine Trambahn, so wie die meisten Städte Europas, aber eine absolute Seltenheit im Nahen Osten, und einzigartig in ganz Israel! Und sie funktioniert auch noch.

Man sagt, dass die spätere Premierministerin Golda Meir, als sie Transportministerin war, dem damaligen  Premierminister David Ben-Gurion vorschlug, eine U-Bahn in Tel-Aviv zu bauen. "Tolle Idee", soll er gemeint haben, und Golda versprach, innerhalb von 1-2 Jahren sei sie fertig. Das war 1960, und Tel-Aviv hat immer noch keine U-Bahn. Als also der damalige Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert 1995 großkündig verkündete, dass innerhalb von 5 Jahren eine Trambahn durch Jerusalem fahren würde, waren die meisten Israelis - und nicht nur sie! - eher skeptisch.

                                       Daran glaubte niemand: Jerusalemer Trambahn von innen

Doch wir greifen vor: Bereits zu biblischen Zeiten gab es einen Weg, den man heute als "Weg der Patriarchen" (Derech ha-Avot), der von Meggido im Norden Israels bis zu Beer Sheva im Süden Israels führte, und natürlich - wie konnte es anders sein! - auch über Jerusalem führte. Damals bestand die Stadt natürlich nur aus dem Teil, den man heute "Altstadt" bezeichnet.

Die wenigen Reisenden (Händler, Missionare und religiöse Pilger) kamen damals per Pferd, Kamel oder Esel - und, wenn sie Geld hatten, per Kutsche. Oft aber auch zu Fuß.

Es sollte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Industriellen Revolution, als auch im Nahen Osten die Idee einer Zugverbindung einsetzte. Die Rede ist natürlich vom Orient-Express, der ab 1883 Europa mit dem Nahen Osten verband. Und so konnte man von Berlin, Paris oder London bis nach Konstantinopel (heutiges Istanbul fahren), aber nicht weiter.

Neun Jahre später wurde die Bahnstrecke Jaffa-Jerusalem eröffnet. In dem Zusammenhang gab es auch den Vorschlag, Jerusalem mit Bethlehem und Ein Kerem (ein antikes Dorf, heute Teil Jerusalems) zu verbinden und zwar von dem aus dem Libanon stammenden Ingenieur George Franijeh. Aus dem Ansatz wurde genausoviel wie aus der Idee Golda Meirs fast ein Jahrhundert später...

                                    Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum! Jerusalemer am Fahrkartenautomat

Und dann kam das Jahr 1995. Bürgermeister Ehud Olmert verkündete großspurig seinen Plan, eine Trambahn in Jerusalem zu eröffnen, und wurde mit rasendem Applaus bedankt. Zumindest anfangs...

Es sollten 17 lange Jahre vergehen, bis die Trambahn ihre erste Fahrt durch die Nachbarschaften Jerusalems tätigen sollte - 17 Jahre, die eine abenteuerreiche Geschichte erzählen, von protestierenden Markthändlern (deren Geschäfte den Bach herunterliefen, da keine Autos mehr am Markt halten konnten), von hinzustoßenden und wegtretenden Firmen aus Israel und dem Ausland, von der Politik der Trambahnroute (mit Ostjerusalem oder ohne Ostjerusalem?), und von drei Bürgermeistern, die unterschiedlich nicht hätten sein können: Olmert, der korrupte Berufspolitiker, sein Nachfolger Uri Lupolianski, der Ultraorthodoxe, und schließlich Nir Barkat, der erfolgreiche High-Tech-Unternehmer und Marathonläufer...

                                             Der neue Orient Express

Und heute? Seit Ihrer Eröffnung am 11. August 2011 ist die Trambahn ein voller Erfolg: Sie hat 23 Haltestellen (sowohl in West-. als auch in Ostjerusalem), erstreckt sich über 13 Kilometer, und dient wirklich allen Bürgern Jerusalems (sowie "Zuagroasten"), ohne Unterscheidung. An Bequemlichkeit ist sie kaum zu überbieten - und jeder, der einmal einen Bus in Israel genommen hat, weiß das. Und man hat die Möglichkeit, die Attraktionen einer der schönsten Städte der Welt gemütlich in Augenschein zu nehmen: Die Altstadt, den Herzl-Berg, die Stadtmauer, usw. Inzwischen wird schon heftig daran gearbeitet, die Strecke weiter auszubauen, so dass sie wirklich jede Nachbarschaft Jerusalem dienen kann.

Der Orient-Express ist tot - lang lebe der NEUE Orient-Express!

Bilder und Text: Rosebud
                                   

Montag, 15. Oktober 2012

Guter Morgen, gutes Sabich

                                           Sabich - ein Festival der Sinne am Morgen

Es gibt wenige genüßlichere Dinge, als den Tag mit einem Sabich anzufangen: Das ist ein Pita-Sandwich mit hartgekochten Eiern, Kartoffeln, frischen Tomaten, Gurken und Petrosilia, einer pikanten Sauße namens Amba (Hartgesottene fügen ihr noch das jemenitische Schuk hinzu, bei dem im Vergleich Chilischoten fade schmecken), Hummus, Tahina - und als Abrundung dieser Geschmacksbombe Auberginen (siehe Bild oben).

Über den Ursprung des Sabichs streiten sich die Geister - und das fängt schon beim Namen an: Nach einer Theorie leitet sich das Wort "Sabich" von "Sabach", Arabisch für "Morgen" ab ("Sabach al-Chair" heißt "Guten Morgen). Und tatsächlich ist sein Ursprung sowohl in der arabischen Welt, als auch im Morgen - niemand würde auf die Idee kommen, Sabich zum Abendbrot zu haben.

Nach einer anderen These ist Sabich ein Akronym für "Salat" (Salat), "Beizah" (Ei) und "Chazil" (Aubergine). Und dies sind auch tatsächlich die wichtigsten Zusatzstoffe des Sabichs.

Oder aber es ist viel einfacher: Der erste Kiosk, der Sabich in Israel servierte, gehörte einem irakischen Juden namens Sabich Chalabi (in Israel änderte er seinen Vornamen zu "Zwicka"), der seit 1958 in Ramat-Gan die nach ihm benannte Delikatesse servierte. Sein Geschäftspartner hieß Jakob Sasson, und dessen Sohn Dudi serviert immer noch Sabich, und zwar in einer kleinen Imbißbude auf Ha-Roeh-Straße 129 in Ramat-Gan, nah beim ersten Sabich-Stand.

                                           Sabich: Ursprung unbekannt

Auch was die Geschichte des Sabichs betriffts, streiten sich die Geister: Ein genaues Ursprungsjahr kennt niemand. Als Ursprungsland wird meist Irak genannt, es könnte sich aber auch um Ägypten oder Syrien handeln. Was klar ist, ist dass es sich um einen Shabbat-Snack der Juden dieser Länder handelte: Die Eier, Kartoffeln und Auberginen wurden vor Shabbat gekocht, und dann auf eine Warmhalteplatte oder Herd gestellt, wo sie die ganze Nacht warm gehalten wurde. In der Früh, vor der Synagoge, wartete dann ein dampfend heißes Frühstückssandwich.

Und heute? Fast alle Juden des Nahen Ostens, einschließlich der Sabich-produzierenden Ländern, leben in Israel. Und Sabich wird hauptsächlich während der Woche, in kleinen Kiosken und Imbißbuden serviert - und der angenehme Duft läßt einem von weit weg das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die Zubereitung sieht so aus:

                                             Sabich-Zubereitung

Na dann: Guten Morgen - und guter Appetit!

Bilder und Text: Rosebud

Sonntag, 14. Oktober 2012

Der Hain der Jemeniten

Wo lebt die größte jemenitische Gemeinde der Welt?

Jemen?
Amerika?
Afrika?

Alle diese Antworten sind falsch! Die größte jemenitische Gemeinde der Welt - 80.000 Menschen - leben in Israel, genauer gesagt, in Tel-Aviv, in einer Gegend bekannt als "Kerem ha-Teimanim" (der Hain der Jemeniten). Bereits lange vor der Staatsgründung Israels (1948) und noch vor der Gründung Tel-Avivs (1909) zogen im Jahre 1881 jemenitische Juden in diese Wohngegend (als eigenständige Nachbarschaft exisitiert sie seit 1904). Wie die meisten jeminitischen Juden waren sie religiös, mit einer stark entwickelten eigenen Tradition der hebräischen Sprache, sowie eine einzigartige Musik- und Kleidungstradition. Das wohl bekannteste Beispiel für diese drei Traditionen ist die jung verstorbene Ofra Haza, auch außerhalb der Grenzen des Nahen Osten sehr bekannt und geliebt:

                                                Ofra Haza, in klassischer jeminitischer Tracht
                                                Hier singt sie traditional, hier modern
                 

Im Gegensatz zu vielen anderen Nachbarschaften Tel-Avivs hat sich nicht viel geändert im "Kerem", wie die Tel-Avivis sie liebevoll nennen: Die Mehrheit der Einwohner sind immer noch Jemeniten, auch Synagogen und religiöse Einrichtungen gibt es im ansonsten eher säkularen Tel-Aviv hier zuhauf, und vor allem die Gebäude sind heute, wie damals, höchstens 2-3 Stockwerke hoch, was ein Spaziergang in den kleinen Gassen umso idyllischer macht.



                                               Eindrücke aus Kerem Ha-Teimanim

Und während - siehe unten - einige Jemeniten des "Kerem" ihre Wäsche noch per Hand waschen und am Balkon zum Trocknen aufhängen, ist dieses Viertel inzwischen ein richtiges "In"-Viertel: Die Restaurants und Cafés sind voll, die Atmosphäre entspannt und nett, und man kann auch Haushaltssachen und Gewürze billig einkaufen. Zudem ist sowohl das Meer als auch der Carmel-Markt ein paar Gehminuten von "Kerem Ha-Teimanim" entfernt.

                                             Wäsche, so wie früher

                                              Restaurant in der "Kerem"                                              


                                              Gewürze                                            


                                             Kerem Ha-Teimanim: "In"-Gegend
                                       
Ofra-Haza-Bild: Public Domain
Bilder und Text: Rosebud


Dienstag, 9. Oktober 2012

Simchat Torah in Tel-Aviv


                                               Feierlichkeiten im Kikar Rabin

Heute wird in der jüdischen Welt Simchat Torah gefeiert: Dieses Fest, das sich als "Freude der Torah" übersetzen lässt, wird am 23. Tishrei begangen, und beendet den Monatszyklus von Feiertagen, das mit Rosh Hashana - dem jüdischen Neujahrsfest beginnt. An Simchat Torah wird die Vorlesung der Torah (5 Bücher Moses) mit dem letzten Abschnitt des fünften Buches beendet, und sogleich wird mit dem ersten Abschnitt des ersten Buches angefangen.

Es ist Brauch. die Torahrollen in einer Prozession durch die Synagoge zu tragen - mit viel Gesang und Tanz.
Das sieht dann so aus:


                                                      Hakafot-Video

Desweiteren werden Fahnen und Früchte an Kinder ausgeteilt, die dann kräftig mittanzen und mitfeiern können. Oft nehmen die Eltern die Kinder auf die Schulter, damit sie die Feierlichkeiten schön sehen können.

                                               Kind mit Flagge bei Simchat Torah

In Israel gibt es eine neuere Tradition: "Hakafot Shniyot" (zweite Hakafot). Der Hintergrund dazu ist folgender: Aus historischen Gründen ist in Israel Simchat Torah einen Tag vor der Diaspora. In den 1940er Jahren, in der Süd-Tel-Aviver "Florentin"-Gegend, entschloß sich Rabbiner Yedidya Fränkel, der damals Oberrabbiner von Tel-Aviv war, am Abend nach dem israelischen Simchat Torah eine weitere Feierlichkeit zu begehen, die "Hakafot Shniyot". Dies sollte für alle Diasporajuden sein, die aufgrund von Verfolgung, Pogromen etc. nicht feiern konnten.

Im Laufe der Jahre kamen mehr und mehr Menschen aus ganz Israel nach Süd-Tel-Aviv, um mit Rabbiner Fränkel Hakafot Shniyot zu feiern.

Heute finden diese Feierlichkeiten im ganzen Land statt, und sind richtige Großereignisse, mit Live-Bands, Feuerwerken, Ehrengästen, und und und. Hier sind ein paar Bilder aus dem Rabinplatz in Tel-Aviv, wo es rund ging, bis in die frühen Morgenstunden:

                                               Es ging rund

                                                       Ehrengast: Rabbiner Yisrael Meir Lau
                                                      Oberrabbiner Tel-Avivs und
                                                      ehemaliger Oberrabbiner Israels

                                            Feuerwerk

Na denn: FRÖHLICHER FEIERTAG/ Chag sameach!

P.S. Mehr Fotos gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bilder und Text: Rosebud