Montag, 26. Januar 2015

Shmulik Cohen - das älteste Restaurant Israels

 Es war einmal...

...es war einmal ein Arbeiterrestaurant namens Shmulik Cohen: 1936 wurde es vom Ehepaar Shmulik und Rivka Cohen, Einwanderer aus Polen, in Tel Aviv eroffnet. Die Zeiten waren hart, Israel war noch britisches Mandatsgebiet und Emigranten aus Osteuropa trafen sich im "Shmulik Cohen's", um das Essen ihrer Ex-Heimat zu essen und der Nostalgie zu walten.

Aber nicht nur sie erfreuten sich an der traditionell jüdisch-osteuropäischer Küche, die u.a. aus Hühner- und Kreblach-Suppe, Gefilter Fisch, Gulasch und Tscholent bestand, einem typischen Schabbatmahl, bei der Fleisch, Kartoffeln und Bohnen 24 Stunden lang langsam am Herd gewährmt werden: Viele der Stammgäste waren auch jüdische Untergrundkämpfer des Etzels und der Lechi, zwei Gruppen, die sowohl gegen die Briten als auch gegen arabische Milizien kämpften.

Und dann gab es auch die Nachbarn, die ebenso wie das Ehepaar Cohen in der Umgebung der Herzl-Strasse 36 lebten, an der Grenze zu Jaffo. Die Cohens, ebenso wie viele der Nachbarn, waren traditionelle Juden, und das Restaurant dementsprechend koscher.

 Und heute, fast 80 Jahre später? Tja, wenn man zur Herzl-Strasse 36 geht, dann wird man wohl...


 
...wenn Sie dachten, dass jetzt kommt: "nichts mehr finden" - PUSTEKUCHEN!

Das "Shmulik Cohen" steht noch da in seiner ganzen Pracht und Tracht, am selben Ort wie seit 1936 - und, man glaubt es kaum, aber wahr: Es ist immer noch ein Familienrestaurant. Heute wird es von Tomer Rozin geleitet, dem Urenkel von Rivka und Shmulik Cohen. Bis vor kurzem stand seine Mutter Zippi noch in der Küche, ihr Mann leitete das Geschäftliche und Tomers Frau war die Kellnerin.

In den Jahrzehnten gab es unterschiedlichste Klientel: So zog die Bar in den 60er und 70er Jahren Feinschmecker edelster Spirtuosen an. In den 80er Jahren waren hier oft Politiker zu sehen, u.a. Staatspräsident Ezer Weizman und Premierminister Yitzhak Rabin, der dem Restaurant ein signiertes Foto hinterliess. Und nachdem das Restaurant in den 90er Jahren von "koscher" auf "glatt-koscher" einen Upgrade machte, sah und sieht man hier mindestens einmal die Woche das Who-is-Who der Rabbiner Bnei Braks und Jerusalems, die neben den Tel Aviver Hipsters sitzen und gemeinsam mit ihnen guten Wein und guten Speisen Seele und Leib verwohnen.

 Aufgetischt werden immer noch die wunderbarsten Gerichte der osteuropäisch-jüdischen Küche - hier ein kleiner Ausschnitt:

                                              Grievelach

                                                gehackte Leber

                                          und natürlich der ultimative Klassiker: Gefilte Fisch

Na denn: Auf die nächsten 78 Jahre! See you at Shmulik Cohen's...

Bilder und Text: Rosebud

Montag, 12. Januar 2015

Buchtipp: Ego und Energie (Shlomo Knoller)

      

"Traue dem Juden nicht", flüstert die Mutter eines kanadischen Geschäftspartners von Shlomo Knoller ihren Sohn ins Ohr, laut genug, dass es Shlomo hören kann, aber nichtwissend, dass Shlomo - auf Geschäftsreise aus Israel - deutsch versteht. Ein ganzes Wochenende hört Shlomo die antisemitischen Vorurteile der Frau, aber lässt nicht durchsickern, dass er - 1934 in Berlin geboren, aber bereits im Alter von zwei Monaten nach Israel gezogen - jedes Wort perfekt versteht. Erst am Schluss, als sich die Familie nach etlichen Schachpartien und Schneeschlachten von ihm verabscheidet, sagt er auf deutsch zu der Mutter: "Und? Sind wir wirklich so furchterregend?"

Das ist nur eine von vielen Anekdoten der Autobiographie von Shlomo Knoller, die jetzt unter dem Titel "Ego und Energie - eine israelische Erfolgsgeschichte mit Berliner Wurzeln" beim Buchwerkstatts-Verlag herauskommt.

Mit viel Humor erzählt dort Shlomo, der am 20. April seinen 80. Geburtstag feierte - froh, dass der andere, der an dem Tag Geburtstag hat, lange tot ist, die Geschichte seines Lebens, die auch die Geschichte des Staates Israels ist, insbesonders die seiner Industrie: Von den bescheidenen Anfängen in Ashkelon bei Rogozhin-Textilien, und später bei Kitan, bis zu einer Industrie, die sich in Europe, Amerika und der Welt messen kann.

"Schlitzohr" Shlomo hat es oft geschafft, seine Sprachkenntnisse und vor allem seine Lebensweisheit dazu zu benutzen, der israelischen Industrie zu helfen. Und so wurde er von Holland bis Kanada in etliche Länder geschickt, um Fabriken in die schwarze Zahlen zu bringen. Bei einen seiner Besucher, in Italien, trifft er auf den stellvertretenden Generalstabschef des Sudans, der ihm einläd, dort - für ein beträchtiges Gehalt und einer Villa - für den Baumwollhandel verantwortlich zu sein. Knoller ist zwar sehr interessiert, lehnt aber letztendlich ab - ein Glücksfall, denn kurz darauf gibt es eine Revolution im Sudan. Und was für Shlomo glimpflich endete, endete für seine Kontaktperson am Galgen...

Mehr Geschichten und viel Geschichte gibt es beim Buch, jetzt auf Amazon erhältlich.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Mittwoch, 7. Januar 2015

Heute wieder: Jerusalem im Schnee




Alle Jahre wieder schneit es in Jerusalem, und legt die wunderschöne Stadt in ein weißes Antlitz, das seinesgleichen weltweit sucht.

Auch dieses Jahr ist das wieder vorgekommen, und zwar heute. Anfangs ist die Stadt immer in Panikmodus - das Brot in den Supermärkten in wenigen Stunden ausverkauft, Busse fahren nicht mehr, Schulen machen zu, und die Bevölkerung verschwindet schnell in ihren Hauseingängen...

Und in der ganzen Stadt frohlocken die Jerusalemer ob des wunderschönen Geschenk des Himmels: Schnee, Schnee, Schnee!

Das kommt, wie gesagt, nur alle paar Jahre vor. Und so füllen sich die Parks schnell, Schneemänner werden gebaut - auch der Staatspräsident und Premierminister bauen mit. Die Jüngeren lieferen sich Schneeballschlachten, fahren Abhänge mit Schlitten herunter und malen Schnee-Engel in den Boden.

Und alle sind fröhlich - sowohl Juden wie Araber, Religiöse wie Säkulare, Reiche wie Arme - im Weiß des Schnee ist der Frieden nicht nur eine Phantasie, sondern Realität.

Leider wird auch dieser Schnee schmelzen, und dann geht es zurück zur harten Realität.

Bis dahin aber gilt:

I AM DREAMING OF A WHITE JERUSALEM

Text: Rosebud
Videos gibt es morgen auf unserer Facebook-Seite

Sonntag, 4. Januar 2015

Nur in Israel: Weingutlauf

                                                Hier wird gelaufen: Weingut

Einmal im Jahr gibt es den Höhepunkt der Laufsaison: Den Weingut-Lauf. Er findet im Sorek-Weingut des Kibbutz Nachshon, bei Latrun statt (vor Jerusalem), und ist einzigartig nicht nur in Israel, sondern auch im ganzen Nahen Osten: Da in fast allen Ländern der Islam regiert, ist es nicht nur selten, Weingüter zu finden (mit einigen Ausnahmen, z.B. Marokko), sondern auch Läufe - es könnten ja unzüchtig angezogene Frauen neben Männern laufen...

In Israel gibt es dieses Problem nicht - es ist ein säkulares Land, und auch ist Wein im Judentum nicht nur erlaubt, sondern erwünscht! Und so gibt es am Ende des Jahres, meistens in Dezember, den einzigen Weingut-Lauf im Nahen Osten: Bei Morgengrauen finden sich aus allen Teilen des Landes motivierte Läufer sämtlicher Altersgruppen und Fitnesslevels ein, und für jeden gibt es eine Route: 2 Kilometer für die Kinder und Jugendlichen, 5 für Anfänger, 10 für schon etwas Erfahrene und Sportliche, und für die Profis (oder die, die gerne Profis wären) gibt es einen Halbmarathon!

Bei Sonnenaufgang wird dann gestartet:

                                           Sicht von oben: Weingut-Lauf


Den Wein gibt es übrigens erst am Ende des Laufes - sonst würden die Läufer wohl im Zigzag laufen und auch doppelt so viele Kilometer wie geplant. Zudem ist dann nicht sicher, ob man wirklich am Ziel ankommt. Am Ende des Laufes aber bekommt jeder Läufer ein Glass Wein des Weinguts, und man hebt das Glas zu einem "L'Chaim" (Prost) - ein Wohl auf Gesundheit und Sportlichkeit!

Und die Gewinner des Weinguts - ja, die bekommen eine ganze Flasche Wein, sowie kostenlose Anmeldung zum nächsten Lauf. Gleichzeitig kann man sich auch zu einem Winzereikurs im Kibbutz anmelden sowie - falls die Laufschuhe im Feld das Zeitliche gesegnet haben - zu Rabatten ausgezeichnetes Lauf-Equipment bekommen.

Und während die Läufer nach dem Prosit noch frischen Kaffee trinken und frisch gepflückte Früchte des Kibbutzes essen, diskutiert man über die Ergebnisse und plant schon den nächsten Lauf.


                                               L'Chaim! Auf Gesundheit, Sportlichkeit und
                                                guten Wein...

Bilder und Text: Rosebud

Mehr Bilder vom Weinlauf, sowie ein Video gibt es auf der Facebook-Seite