Dienstag, 31. März 2015

Die Hummus-Debatte

 Spieglein, Spieglein an der Wand...




...was ist der beste Hummus im ganzen Land? "Complet", von "Hummus Ha-Suri"

Wenn es um die Nationalspeise in Israel geht, besteht kaum eine Frage, dass es Hummus ist: Diese Kichererbsenpastete (ja, aus denselben Kichererbsen, aus denen auch Falafel gemacht werden) ist einfach das ideale Frühstück und/oder Mittagessen: Gesund, schmackhaft, vegan-friendly und einfach gut!

Natürlich ist der Ursprung des Hummus nicht unbedingt Israel - jedoch hat Israel es auf jeden Fall zu DER lokalen Spezialität gemacht, nicht zuletzt, weil es den größten Hummus der Welt hergestellt, und damit im Guiness Buch der Rekorde steht: Der Koch Jawdat Ibrahim aus Abu Gosch, für guten Humus wohlbekannt, hat bereits 2010 eine Satellitenschüssel von 5 Metern Du einerchmesser mit genau 4090 Kilo Humus gefüllt...

Auch ist die Frage, wann man Hummus essen soll, noch nicht geklärt - die Hartgesottenen essen es bereits zum Frühstück, einschliesslich Ei, "Ful" (ägyptische Bohnen), Tehina (Sesampaste), Olivenöl und sehr, sehr scharf. Andere warten bis Mittag - und nur sehr wenige essen Hummus auch zum Abend, was man daran sehen kann, dass die meisten, und vor allem die bekanntesten Hummusiaden nur bis Mittag offen haben, oder bis ihnen - meist auch mittag - der Hummus ausgeht.

Auf die Frage, ob man Hummus am besten pur, mit Kichererbsen oder als Paste, mit Olivenöl oder ohne, scharf, mit ganzem Ei, mit kleingehackten Ei, ohne Ei, mit Bohnen oder ohne etc. etc. essen soll, soll mal hier nicht eingegangen werden - denn über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Wo ist aber der beste Hummus Israels? Tja, da gibt es Regionalsieger: Im Norden Israels isst man am Besten mit Hummus Abu Ganem in Nazareth, Hummus Abu Jussuf in Haifa oder Hummus Said in der Altstadt Akkos bedient (je nachdem, wo man ist bzw. isst). Im Süden ist Hummus Abu Dhabi (Beer Sheva) ziemlich konkurrenzlos. 

Was das Zentrum des Landes betrifft und Jerusalem betrifft, ist dies eine heisse Debatte: So gibt es sowohl in der Altstadt Jerusalems als auch in Abu Gosh den "original Abu Shukri" mit dem besten Hummus - nur weiss keiner, welcher der drei Abu Shukris (in Abu Gosh gibt es nämlich zwei, und beide behaupten, sie sind der "original") wirklich authentisch ist bzw. ob es einen authentischen Abu Shukri überhaupt gibt. Und auch ist hier die Solidarität meistens mit dem ersten, den man treu bleibt...

In Jaffo ist Ali Karawan, der auch als Abu Hassan bekannt ist, konkurrenzlos - der Hummus ist ausgezeichnet, ideale Textur, immer frisch und genau richtig lang gekocht. Das Problem ist nur, dass sich seine Popularität schon herumgesprochen hat, und so sitzt man da normalerweise wie eine Sardine in der Büchse...

In Tel Aviv schwören einige auf Hummus Asli (ganz im Norden, gleich beim Hafen), u.a. weil es einer der wenigen Hummus-Läden ist, der auch am Abend noch offen hat. Auch hat Asli ausser Hummus auch ausgezeichnete Falafal und Jachnun (jemenitisches Gebäck). Hummus Karlebach wurde vor noch wenigen Jahren zum Hummus Tel Avivs gewählt, hat aber in den Augen der Kritiker stark nachgelassen. Eine interessante Geschichte ist Hummus Ashkara - aufgrund der Beliebtheit bei religiösen Juden hat der arabisch geführte Hummus-Stand am Shabbat (Samstag) geschlossen und besitzt ein strenges Kosher-Zertifikat. Aber natürlich kann kein Artikel über Hummus in Tel Aviv den "Suri" (Syrier) unerwähnt lassen  - im wunderschönen "Kerem HaTeimanim"-Viertel, neben dem Carmel-Markt wird hier, trotz des Namens, nicht Bürgerkrieg, sondern Kichererbsenpaste serviert, nach dem Prinzip: Make hummus with love, not war!

Am einfachsten machte es sich übrigens "Hummus Ha-Bait" auf der Allenby-Straße: Nachdem viele der Kunden meinten, der Hummus wäre ausgezeichnet, aber der ihrer Lieblings-Hummusiade besser, vermarktet sich der Hummus-Laden als "zweitbester Hummus in Israel" - ein Titel, dem ihn keiner abstreiten will.

Dann bleibt nur noch eines übrig: Alle auszuprobieren! Oder selbst Hummus zuzubereiten...

Bild und Text: Rosebud




Sonntag, 22. März 2015

Koscherer Kaffee

                                              Cappucino. Hintergrund: Brichat HaMason, der Essenssegen

Eigentlich will man in der Früh gar nicht aufstehen. Was gibt man da nicht für ein heisses Getränk, dessen Geruch uns, während wir noch im Bett liegen, zu Nase steigt. Und während der Gatte (oder die Gattin) das Getränk ins Schlafgemach bringt, sieht man –ausser der beschlagenen Fensterscheibe und den Schneesturm draussen- eine Wolke des Dampfes aus der Tasse steigen.

Kaffee…

Viel ist über das “schwarze Gold” geschrieben worden, das sämtliche Kulturen erobert hat, und auch bei  Juden sich an grosser Popularität erfüllt (man gehe nur zwei Meter in Tel-Aviv, ohne auf ein Kaffeehaus zu stossen), insbesonders natürlich zusammen mit einem guten, mit Lachs belegten Bagel. Ist aber Kaffee koscher? Wie sich herausstellen wird, ist das keine so einfache Frage!

Bishul akum?

“Bishul akum” bedeutet wortwörtlich das Kochen (“Bishul”) von Anbetern von Sternen und Glücksbringern (“Ovdei Kohavim u-Mazalot”, oder abgekürzt: “Akum”), und ist natürlich nach der Halacha (dem jüdischen Religionsgesetz) verboten. Ausser den Götzendiener ist in der Kategorie vor allem die (nichtjüdische) Aristokratie gemeint. Wenn Kaffee also DAS Getränk reicher Götzendiener ist, dann dürfen wir es nicht zu Munde führen. Oder?

Nicht unbedingt. Nach der Einstellung der “Tosafot” des Talmuds (Avodah Zarah, 31b) ist z.B. Bier KEIN “Bishul akum”, da es sich dabei lediglich um geschmackverstärktes Wasser handelt (ob diese Regel ausserhalb des bayrischen Reinheitsgesetzes bei gepanschten Bieren auch zutrifft, sei mal so dahingestellt). Und Wasser kann auch ungekocht verzehrt werden. Daher ist die Bracha [der Segensspruch] beim Bier ebenso wie beim Wasser: “she ha-kol”. Der Kommentator “Pri Hadash” folgt nun logisch, dass das, was für Bier zutrifft, auch für Kaffee zutrifft: Beide werden gebraut, beide können kalt (also ungekocht) zu sich genommen werden, und beide sind daher nicht “Bishul Akum”, sondern eindeutig koscher. Amen!

Das Café
Was auf den Kaffee zutrifft, trifft nun leider nicht unbedingt auf das Café zu: Da wäre –siehe oben- zum einen das Argument des Cafés als Zentrums der Aristokratie (bei diesen klassenfeindlichen Aussprachen ist es kein Wunder, dass ein Jude die Theorie des Kommunismus entwickelt hat). Zudem war und ist natürlich die Sittlichkeit von Cafés nicht immer gewährleistet. Der Begriff, den die “Chazal” [Unsere Weisen, “Chakhameinu zikhronam le-vraha”, oder abgekürzt “Chazal”] für die Institution des Cafés benutzen, ist auch nicht sehr schmeichelhaft: “Mo’shav Lay’tzim”, Zentrum der Spötter und Untätigen. Da hilft nur eines: Den Kaffee zuhause zuzubereiten…

Koscherer vs. nicht-koscherer Kaffee
Nach diesen eher philosophischen Fragen kommt eine praktische: Ist Kaffee an sich (also vom Material her) koscher? Eigentlich ja, würde Radio Eriwan antworten, denn Kaffeebohnen an sich sind koscher, und Kaffeemaschinen werden nur selten zu anderen, nichtkoscheren Zwecken benutzt. Aber: Lob den Tag nicht vor dem Abend! Wie vielen bestimmt bekannt ist, haben die im Supermarkt erhältlichen Kaffeeprodukte (Filterkaffee, Fertigkaffee, Kaffeepulver etc.) eben nicht nur Kaffeebohnen als Zutaten: Von Monoglyzeriden bis Emulgatoren über Haltbarkeitsmittel gibt es da eine lange Liste von Zutaten, die sorgfältig überprüft werden müssen. In diese Kategorie fallen übrigens auch “nicht-milchige” Beiprodukte, die Sodium Casenat (enthält Milchprotein), Lactose (Milchzucker) etc. enthalten. Vorsicht ist also angebracht! (Und das insbesonders an Pessach, wo man allzuleicht auf Kaffeeprodukte fallen kann, die Chametz [ungesäurtes Brot] oder Kitnyot [Hülsenfrucht] sind.)
Insbesonders muss hier die “Kopi Luwak”- Marke Kaffee aus Java und Sumatra erwähnt werden, bei der der Kot eines vorher mit Kaffeebohnen gefütterten Beutetiers zugefügt wird. Nun mag diese Marke vielleicht als Gourmet gelten (über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten), aber wohl eher nicht als koscher (darüber lässt sich nicht streiten)…

Zu guter Letzt
Der Talmud (Shabbat 119b) erwähnt, dass Rabbi Chanina verlangt, am Ende des Schabbats selbst dann eine Mahlzeit zuzubereiten, wenn man nicht hungrig ist. Heisse Getränke und Mahlzeiten seien nämlich “melugma” – “heilend”. In die selbe Richtung geht Rabbi Meshulam Zushe, der im Shu’t [kurz für “She’elot u-Teshuvot”, also Fragen und Antworten] Hillel Omer (198) mit folgendem zitiert wird: “Chamin b’Motzoei Shabbos Melugma” [“eine heisse Mahlzeit am Ende des Schabbats ist heilend”] hat die selbe Anzahl an Buchstaben wie “uMechabesh l’Atzvutam” (Tehillim 143:3) [“der ihre Traurigkeit heilt”]. Folglicherweise heilt eine heiße Tasse Kaffee Depression (insbesonders die Winterdepression).

Na dann: L’Chaim! Auf den Genusse des Kaffees und seine heilbare Wirkung! 

Bild und Text: Rosebud

Dienstag, 17. März 2015

Gruss von der Wahlkabine (Tel Aviv, 17. März 2015)

Wer wohl heute gewählt wird?

                                                       eene, meene, muh...

Lustige Videos zu Wahlen allgemein und zur heutigen Wahl in Israel gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bild und Text: Rosebud

Montag, 16. März 2015

Rechtzeitig zur Wahl: Der Sticker-Song

Morgen sind in Israel Wahlen. Egal, wie sie ausgehen, hier ist der Text des "Sticker-Songs", geschrieben vom renommierten israelischen Schriftsteller David Grossman und performed von der Hip-Hop-Band "HaDag Nahash" - er hat aus allen Slogans einen Rapsong gemacht. Der Text auf deutsch lautet wie folgt:

Eine ganze Generation fordert Frieden!
Lasst ZaHaL siegen!
Ein starkes Volk macht Frieden!
Lass ZaHaL sie zerfetzen!
Mit Arabern kann es keinen Frieden geben!
Gebt ihnen (den Palästinensern) keine Gewehre!
Es geht nichts über die Kampfeinheit, mein Bruder!
Wehrdienst für Alle! Freistellung für Alle!
Es gibt doch keine Verzweiflung in der Welt!

Judaea, Samaria und Gaza sind hier!
NaNachNachman aus Uman…
Keine Angst, der Messias ist nah!

Keine Araber, keine Anschläge!
Der Oberste Gerichtshof (BaGaZ) gefährdet Juden!
Das Volk steht zum Golan!
Das Volk ist für den Transfer (Araber raus)!
Lass Deinen Wagen in Jarka checken! (Werbung einer Autowerksatt)
Chawer, atah chasèr! (d.h. “Freund du fehlst!”, gemeint ist Rabin)
Heiliger, gelobt seiest Du, wir wählen Dich!
Direktwahl (des Premiers) ist schlecht!
Heiliger, gelobt seiest Du, wir ereifern uns für Dich!

Tod den Eiferern (Zeloten)!
Im Chor:
O je, wieviel Übel kann man schlucken!
Vater, hab Erbarmen, Vater, hab’ Erbarmen,
Ich heisse Nachman – und ich stottere.

O je, wieviel Übel kann man schlucken!
Vater, hab Erbarmen, Vater, hab’ Erbarmen,
G’tt sei Dank! Ich atme!

Ein Staat nach Halakhah (Religionsgesetz) – ist kein Staat mehr.
Wer geboren wurde, der hat schon gewonnen!
Es lebe der König Mashiach (Messias)

Ich fühle mich sicher, beim Frieden á la Sharon!
Hebron für immer und ewig!
Und wer nicht geboren wurde, der hat verloren.
Hebron, Stadt der Väter!
Bye, bye Transfer!
Kahane hatte Recht!
CNN lügt!
Wir brauchen starke Führung!
Frieden ist klasse und Danke für die Sicherheit.
Wir haben keine Kinder für unnötige Kriege!
Die Linke hilft den Arabern!
Bibi ist gut für die Juden.
Oslo Verbrecher vor Gericht!
Wir hier, sie dort!
Brüder vertreiben einander nicht! (Aufruf gegen die Räumung der Siedlungen)
Die Räumung von Siedlungen spaltet das Volk!
Tod den Verrätern!
Lasst die Tiere leben!
Tod den Werten!

Im Chor:

Wieviel Übel kann man nur schlucken!
Vater, hab Erbarmen, Vater, hab’ Erbarmen,
Ich heisse Nachman – und ich stottere.

Wieviel Übel kann man schlucken!
Vater, hab Erbarmen, Vater, hab’ Erbarmen,
G’tt sei Dank! Ich atme!

Vernichten, töten, vertreiben, täuschen!
Eliminieren, Ausliefern, Todesstrafe!
Niederreissen, Ausradieren, Niederwerfen bis zum Grund!
… an allem bist Du Schuld, Chawer!
(Quelle der Übersetzung: Hagalil.com)

Das Lied selbst gibt es auf unserer Facebook-Seite

Sonntag, 15. März 2015

Gruss vom Carmel-Markt

Nachdem alle Politiker hier schon Stimmensammeln gegangen sind, wird es Zeit, abwechslungsweise wieder frisches Obst und Gemüse zu verkaufen:





Bild: Rosebud

Sonntag, 8. März 2015

Purim - Nachbericht




Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag wurde in Israel und der jüdischen Diaspora Purim gefeiert.
Hier ein bißchen Hintergrund:

Purim ist ein Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora erinnert. Klingt eigentlich ganz aktuell, oder? Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, hatte damals vor, die gesamten Juden im Perserreich an einem Tag zu ermorden. Königin Ester führt jedoch durch Fasten und Gebet die Rettung herbei.

Es ist Tradition, sich zu verkleiden, u.a. da der Name des Ewigen in der Purim-Geschichte nicht erwähnt wird. Und so wie sich die himmlische Gnade "verkleidet" hat, also nur zwischen den Zeilen auftaucht, so verkleiden sich auch die Menschen. Auch gibt es Umzüge und Festivals, sowie wilde Parties - denn eine weitere Tradition ist es, soviel zu trinken, damit man die Guten von den Bösen in der Purimgeschichte nicht mehr unterscheiden kann. Hier ein paar Eindrücke:


                                   Obama kam kurz vorbei, um die Rede Netanyahus zu verpassen
                                   ...aber Netanjahu machte ihm einen Strick durch die Rechnung -
                                          tolles Kostüm übrigens!

                                               Währenddessen, im Frankreich der Renaissance
                                               (Gan Meir Park, Tel Aviv 2015)



 Bilder und Text: Rosebud

Mittwoch, 4. März 2015

Happy Purim!

In den nächsten Tagen wird hier über Purim, den jüdischen Karneval, berichtet, der heute abend anfängt und bis Donnerstagabend geht.

Hier schon einmal ein Bild von der Feier im Weissen Haus - kein Wunder, dass sie Bibi Netanyahus Rede verpasst haben:







Und eine kleine Einstimmung zum Fest gibt es auf unserer Facebook-Seite

Text: Rosebud
Bild: Public Domain