Sonntag, 22. Oktober 2017

Circumsize me: Ein jüdischer Stand-Up-Comedian namens Christian

 
                                                    Circumcize me: Yisrael Campbell

"Als sie mir sagten, dass ich noch einmal eine Beschneidung über mich ergehen lassen muss, antwortete ich: 'Von mir aus. Aber wisst nur, dass drei Beschneidungen nicht Regeln einer Religion sind - DAS ist ein FETISCH"
(Yisrael Campbell, aus "Circumsize me")

Der 1963 als Christian Campbell in Philadelphia geborene Comedian hat in der Tat drei Beschneidungen über sich ergehen lassen - denn er trat dreimal zum Judentum über; Einmal Reform, einmal Konservativ, und dann Orthodox. Doch er nimmt es gelassen, mit Humor - und hat darauf seine Karriere als Stand-Up-Komiker aufgebaut.

So meinte der seit dem Jahr 2000 in Jerusalem lebende Campbell über Sicherheitskontrollen bei Flügen von Israel: 

"Die Sicherheitsleute sehen einen orthodoxen Juden mit Kaftan, Schäfenlocken und Bart vor sich, auf dessen Pass der Name 'Christian' steht. Da fragen die erst gar nicht, ob ich selber gepackt habe. Sie wollen wissen, wo die Bombe ist!"

Ob er - wie der Zahnarzt bei "Seinfeld" - wegen der jüdischen Witze übergetreten ist, ist unbekannt. Was er mit dem fiktiven Zahnarzt gemeinsam hat, ist die Tatsache, dass er "Witz-Immunität" der drei monotheistischen Religionen hat, denn der als Katholik geborene ("ich war so gläubig, dass ich übergetreten bin, um der Hölle zu entkommen") Campbell war mit einer ägyptischen Muslime liiert, bevor er zum Judentum übertrat - dazu meinte er einst: Die Geschichte vom Pessach-Fest über den Auszug aus Agypten führte bei uns immer zum Streit - sie war für "Team Pharao", ich für "Team Moses"...

Aber auch das Judentum bekommt - siehe oben - oft sein Fett ab. So meinte er über Chanukah: "Da zündet man die zweite Kerze vor der ersten an, damit man auf die Gefühle EINER KERZE Rücksicht nimmt! Ach, wie oft denke ich - 'warum bin ich keine Chanukakerze?'"

Inzwischen ist Yisrael Campbell gut in Israel eingelebt, verheiratet und hat Kinder - und auch das ist Teil seiner Routine: "Grösse 0 für Babykleidung - wenn das Baby 0 Kilo wiegt, braucht es vielleicht gar keine Kleidung, oder?" Zudem scheut er sich nicht vor politischen Themen, und war u.a. Teil der sehr erfolgreichen "Israeli-Palestinian Comedy Tour".

Zum Abschluss die neueste Erfindung von Yisrael Campbell: Das J-Phone ("what, you don't come with a bottle of Schnapps?") - na dann, L'Chaim! Auf den jüdischen Humor!

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Mehr Sketche von Yisrael Campbell gibt es auf der Rosenduft-Facebook-Seite

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Party is over: Nachruf auf Allenby 58

Noch steht das Gebäude: Allenby 58

Sommer 1997, Wochentags, 3 Uhr nachts, Allenby 58, Tel Aviv: Während aus dem Hauptraum die Technomusik in vollen Tönen dröhnt - im Mittelpunkt der extra aus Deutschland eingeflogene DJ Sven Väth, der am Plattenpult auflegt - draussen vor der Tür eine Riesenschlange trotz später Stunde schwitzend darauf wartet, hineingelassen zu werden, ist im Nebenraum die Afterparty in vollen Gange: Der Geruch von Marihuana schwebt in der Luft und vermischt sich mit der sanften elektronischen Musik und den Geschmack der coolsten Cocktails ausserhalb Jamaicas. Ein paar aus Berlin eingewanderte Jungs unterhalten sich über die besten Clubs weltweit, und sind sich einig, dass weder New York noch London mit dem neuen Mekka mithalten kann: Tel Aviv is IT.

Ein paar Stunden später, auf dem Nachhauseweg entscheiden sich einige dafür, ins Meer zu springen, das 5 Gehminuten entfernt ist, während andere den ersten Hummus bestellen. Die meisten aber gehen schlafen. Die Arbeit kann waren. Auch in Tel Aviv, der Stadt, die niemals schläft.

Zu dem Zeitpunkt ist der von Uri Stark gegründete Club (nach der Addresse benannt) gerade mal 4 Jahre alt - das Gebäude jedoch bereits 60: Es wurde 1937 von Shlomo Gepstein als Kino im "Internationalen Stil" gebaut (also noch vor "Bauhaus"), und funktionierte auch als solches: "Rimon" war der Name, und "Cassablanca" der Inhalt. Tel Aviv war gerade 18 Jahre alt geworden, und noch Teil des Britischen Mandatsgebiet - der Staat Israel wurde erst 11 Jahre - und einem Weltkrieg - später ausgerufen, nicht weit von der Allenby, auf der Rothschild-Strasse.

                                            Allenby 58 in den Anfangsjahren

Lange hielt sich das Kino nicht, und in den ersten Jahrzehnten wurde das Gebäude hauptsächlich für kleine Geschäfte und Kioske benutzt. Die Einwohner und auch Touristen gingen an "Allenby 58" vorbei, um zum Carmel-Markt, zum Künstlermarkt von Nachlat Binyamin, oder zur Sheinkin-Strasse mit ihren Geschäften und Cafés zu gehen.

Und genau von dieser Sheinkin-Strasse kam Anfang der 90er Jahre einigen jungen DJs die Idee, im ehemaligen Kino einen Nachtclub aufzumachen. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich "Allenby 58" zu einer weltweiten Sensation: Ohne Handy und Internet sprach sich das Wort herum, dass Tel Aviv sein eigenes "Studio 54" hat, mit Platz für Tausend Clubbers, in Meeresnähe, mit (für damaligen Zeiten) State-of-the-Art Technologie und Sound, und vor allem - mit dem DJ als Zentrum des Geschehens (statt als Hinter-den-Szenen-Mischer, wie damals üblich). Es war die Zeit der Clubs, der Love Parade, der endlosen Parties, und Tel Aviv mischte ganz vorne mit. Mit Zigarette (oder Joint) in einer Hand, Drink in der anderen, und immer trendischen Sonnenbrillen wurde getanzt bis in die Morgenstunden...

Und dann endete ein Jahrtausend, und auch für Allenby 58 war die Party zu Ende. Statt Party gab es Terrorattacken, politische Krisen, wirtschaftliche Unsicherheit - und Smartphones. Wer geht schon in einen Plattenladen oder einen Club, wenn man Musik auch alleine am Handy hören kann?

Und diese Woche gab es den Coup de Grace für Allenby 58: Das Gebäude, das in letzten Jahren einen Kiosk und ein Internetcafé behauste, wurde umzaunt und langsam zerstört - Auch Denkmalschutz konnte es nicht retten, denn es ist auf "Kategorie 3", der niedrigsten des Denkmalschutzes. Im Zeichen der Gentrifizierung wird ein neues Gebäude dort errichtet, wo es Luxuswohnungen geben soll. So soll es ausschauen.

                                           Und so soll es ausschauen: Allenby 58, a la 2018

 Das einzige was vom Ruhm von "Allenby 58" übrigbleibt, ist jetzt die Addresse. Aber wenn man in sich geht und die Augen schliesst, kann man noch den Geruch der Noblesse-Zigaretten riechen und zwischen Meeresrauschen und hupenden Autos noch die ruhigen Beats der Afterparty hören, so wie Radiowellen aus einer vergangenen Zeit.

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Sonntag, 15. Oktober 2017

Meluchia - das Gericht der Pharaonen



Meluchia ist ursprünglich ein ägyptisches Gericht, dessen Namen "Königlich" bedeutet. Wahrscheinlich stand es schon auf dem Speiseplan der antiken Pharaonen. Es hat sich aber schon so in Israel eingebürgert, dass man es als israelisches Gericht bezeichnen kann.

Der deutsche Name der Pflanze, aus der Meluchia gemacht wird, ist "langkapselige Jute" - da klingt Meluchia schon viel besser. Aber auch der lateinische Name ist nicht ohne: Chorcurus uliturus. Die Pflanze ist Teil der Familie der Malvengewächse, und im Nahen Osten recht verbreitet.

Die Zubereitung der Meluchia ist sehr mühsam: Jedes der ca. 90 cm. langen Blätter muss per Hand abgetrennt, gewaschen und eigenständig geschnitten und zubereitet werden. Dies stammt daher, dass nur das innere jedes Blatt benutzt werden kann. Danach werden die Blätter zusammen mit Knoblauch und Koriander für einige Stunden lang gekocht. Serviert wird Meluchia meist als Eintopf, zusammen mit Huhn- oder Rindfleisch.

                                                Ein Genuß: Meluchia
                                
Meluchia selbst schmeckt wie eine Mischung aus Okraschote und Spinatblatt, und ist wohl an gesundheitlichen Nutzen kaum zu überbieten. Zwar ist die Dickflüssigkeit anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, ist aber danach umso leckerer.

Na denn: Guten Appetit!

Bilder und Text: Rosebud

Sonntag, 8. Oktober 2017

Das Elma-Hotel in Zikhron Yakov: von Gewerkschaft-Kurort zu Art-Komplex-Spa

                                            Was für eine Aussicht!

In der "israelischen Toskana", zwischen Tel Aviv und Haifa, von blühenden Weinbergen umgeben, befindet sich Zikhron Yakov. Und in Zikhron gibt es einen Ort, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen soll: Den Elma-Art-Komplex und -Hotel - es ist ein Genuss für alle Sinne.

In einer atemberaubenden Landschaft integriert ist Elma ein Ort, wo Kunst mit großem "K" geschrieben wird: der Eingang zu den Hotelzimmern ist nämlich über das Museum, das rund um die Uhr wechselnde Kunstausstellungen zeigt (die man sich auch anschauen kann, wenn man kein Gast ist). Zudem gibt es 2 Konzerthallen, wo von klassischer Musik bis Jazz alles, was Rang und Namen hat, Konzerte gibt (auch für die muss man nicht Hotelgast sein). Aber das ist bei Weitem nicht alles: es gibt Themenwochenenden, Vorträge, Weinproben usw. Und wenn es lieber nach Massage und Sauna zumute ist, für den ist das Spa gerade richtig!

Aber das war nicht immer so: Als das Hotel 1968 eröffnet wurde, hiess es "Mivtachim Sanatorium" (Sanatorium im Sinne von Kurort für Gewerkschaften, nicht im Sinne von Irrenhaus!), und war seiner Zeit weit voraus: Der Architekt Yaacov Rechter erhielt für die klaren weissen Linien, die wellenartige geometrische Struktur, die den Weinbergen der Umgebung angepasst ist und die Ästhetik des Betons 1973 den renommierten Israel-Preis. Ob die Gewerkschaften, die in Gruppen den jährlichen Sommerurlaub dort verbrachten, das schätzten, ist unbekannt. Allerdings meinte die Jury des Israel-Preises, "das Gebäude verbindet Himmel und Erde".

                                           Dafür gab es den Israel-Preis

Nach den Boom der 1960-70er Jahre stagnierte Elma in den 80er und 90er Jahren - die ohnehin geschwächten Gewerkschaften liessen sich ihren Urlaub entweder auszahlen oder machten Gemeinschaftsferien in Eilat, und auf Privatkunden war Elma nicht eingestellt.

Dies sollte sich 2005 ändern, als Lilly Elstein das Gebäude kaufte und mit der Hilfe von Amnon Rechter - den Sohn des ursprünglichen Architekts - ein Team zusammenstellte, dass aus dem Gewerkschafts-Kurort ein Boutique-Hotel innerhalb eines Museums, mit integriertem Spa machen sollte. Zudem kamen zwei Chefkoch-Restaurants, die bewiesen haben, dass koschere Küche kulinarisch auf höchstem Niveau sein kann.

Und seitdem ist Elma ein Fest für alle Sinne...

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Dienstag, 3. Oktober 2017

Das jüdische Oktoberfest

  




Morgen abend fängt in Israel und der Diaspora Sukkot an, das Laubhüttenfest, das eine ganz fröhliche und ausgelassene Stimmung mit sich bringt: Man sitzt eine Woche lang in der Laubhütte, feiert, singt, isst gute Speisen und trinkt guten Wein - und ist vor allem eines: fröhlich. Denn es ist ein religiöses Gebot, in dieser Zeit glücklich zu sein, unbeschwert.

Natürlich hat das Fest - wie die meisten Feste - sowohl eine spirituelle als auch eine landwirtschaftliche Bedeutung, in diesem Fall der Beginn der Regenzeit, auf die man sich in Israel ganz besonders freut - alles grünt und wächst und blüht, ein wahrer Gaumenschmaus für die Augen.

Auch die vier Arten haben sowohl spirituelle als auch landwirtschaftliche Bedeutung - so symbolisieren sie Augen (Myrthen), Mund (Bachweidenzweige), Rückgrat (Palmzweig) und - am wichtigsten - das Herz (Etrog, eine grosse Zitrone). Hier ein Bild des Herzens:
Woher das Bild kommt, und mehr zu Sukkoth auf unserer Facebook-Seite 
 
Dann bleibt nur übrig zu wünschen: Chag sameach/ fröhliches Sukkot!

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud