Dienstag, 30. Dezember 2014

Rosenduft wünscht allen Lesern...


Guter Rutsch ins Neue Jahr!










Samstag, 27. Dezember 2014

Cowboys, Hipsters und Zombies: Wahlwerbung in Israel

                                   A new sheriff in town: Wahlwerbespot von Danny Danon (Likud)

Am 17. März ist es soweit: Dann finden in Israel wieder Wahlen statt. Damit es einem bis dahin nicht langweilig wird, hat der Wahlkampf schon begonnen, und er ist kreativer denn je...

So sieht man beispielsweise bei der Wahlwerbung von Danny Danon (Likud) ein Poster mit seinem Gesicht, auf dem steht: "Wanted! Bekannt für Ehrlichkeit und Werte". Kurz darauf kommt der Sherriff (Danon) hereingeritten und verhaftet einige besonders provokative arabische Knessetmitglieder ("Yo, Zoabi" heisst der Titel des Liedes, das den Clip begleitet, nach Hanin Zoabi, Knessetmitglied, das sich sehr oft in die Brennessel gesetzt hat). Zum Schluss reitet Danon in den Sonnenuntergang - ob er bis Sonnenaufgang in der Knesset ankommt, ist nicht bekannt...

In einem anderen Spot sieht man einen typischen Tel Aviver Hipster (Vintagekleidung, unrasiert) sich ständig für die Fehler anderer entschuldigen: Egal, ob ihm im Szenecafé die Kellnerin den Cappucino aufs Hemd schüttet, ob ihn ein Autofahrer hinten drauffährt, oder ein Hund ihn am Rothschild-Boulevard - wo denn sonst? - beisst. Es ist immer seine Schuld. Bis - ja, bis der Hipster seinen angeklebten Bart abnimmt und sich als Naftali Bennet, Vorsitzender der "Bait Jehudi"-Partei entpuppt. "Bei mir muss sich Israel nicht entschuldigen", so die Botschaft Bennets.

Aber selbst bei Untoten macht die Wahlwerbung nicht halt - so wird in einem Clip Zippi Livni (von der "HaTnuah", die mit der Arbeiterpartei ein Bündnis eingegangen ist) als Zombie gezeigt, das unschuldige Wähler in den Wald lockt - und wohl zu Zombies macht. Die für ihre stoische Art bekannte Livni hat noch nicht reagiert, wird aber wohl zeigen, dass sie weder tot noch untot ist, sondern quicklebendig...

Und so kann man gespannt sein, welche kreativen Ideen die nächsten paar Monate bringen werden - und wie sie sich auf das Wahlergebnis auswirken werden.

Bild: Screenshot
Text: Rosebud

Die Wahlwerbespot gibt es exklusiv auf der Rosenduft-Facebook-Seite

Montag, 22. Dezember 2014

Fröhliches Weihnach...ähm, Nittelfest!


                                             Weihnachtsbaum oder Schachbrett, das ist hier die Frage!

Morgen, während alle guten Christen zur Mitternachtsmesse gehen und mit der Familie bei einem Festmahl Weihnachten feiern und Geschenke öffnen, sitzt dann jeder vor dem Holzofen und hört sich Großpapas Geschichten an. Und die Straßen sind leer - oder?

Nicht ganz, denn natürlich gibt es sowohl in Europa als auch in Amerika bekanntlich ein paar Minderheiten, die nicht Weihnachten feiern. In Amerika waren das traditionell Juden und Chinesen (also Buddhisten) - und so weiß man sich zu erzählen, dass es eine klassische jüdische Tradition ist, an Weihnachten chinesisch essen zu gehen. Eine weitere Tradition ist es, ins Kino zu gehen - dort trafen sich Juden, Chinesen, Inder und jede nicht-christliche Minderheit, die in Amerika eintraf (und ein paar Atheisten)...

Aber noch lange vorher, im Schtetl in Polen, gab es eine andere jüdische Tradition: Das Nittel-Fest. Über die Herkunft des Wortes "Nittel" streiten sich die Forscher. Was klar steht, ist, dass es von chassidischen Juden an Weihnachten gefeiert wurde. Bekanntlich feiern Juden nicht Weihnachten, und so - wohl auch, um sich nicht zu alleingelassen zu fühlen - führten chassidische Rabbiner das Nittel-Fest ein, ein Fest, bei dem man sich ausnahmsweise nicht dem Talmud-Studium widmet, sondern Aktivitäten, zu denen man als religiöser Jude normalerweise nicht die Zeit hat.

Am Bekanntesten hierbei ist das Schachspielen: Man weiß sich zu sagen, dass Chabad-Chassidim bis zum heutigen Tag an Weihnachten/Nittel Schachtourniere durchführen, die oft die ganze Nacht andauern.

In der Nittel-Nacht (so wird Nittel auch genannt), die es bereits seit dem 16. Jahrhundert gab, war das Kartenspielen eine weitere Tradition, mit der sich die jüdischen Gemeinde die Zeit vertrieb, während rundherum aus allen Häusern "Stille Nacht" erklang.

Und so schafften es die jüdischen Gemeinden, auch an dem Tag, an dem sie oft nicht einmal das Haus verlassen durften, viel Freude zu haben.

Heutzutage ist von der Nittel-Tradition wenig erhalten geblieben. Das ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass sich die christlich-jüdischen Verhältnisse in den meisten Ländern Europas verbessert haben, und es Juden weder verboten ist, an Weihnachten auf die Straße zu gehen, noch sie sich den ganzen Tag mit dem Talmudstudium beschäftigen, und keine Zeit haben, Schach zu spielen.

In Israel gibt es noch einige chassidische Juden, die ihre Schachtourniere heute abhalten. Und die Christen in Nazareth und Jerusalem feiern natürlich auch weiterhin Weihnachten.

Allen Lesern: Ein frohes Fest heute, was immer es auch sein mag!

Und schon einmal EIN GUTER RUTSCH INS NEUE JAHR

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Es wird wieder Spannukah - dieses Jahr an Channuka!

Der Channukah-Song
Text: Willy Kramer (aka Willy Karma)

                                                                    Willy singt

Channukah ist der Feiertag der Wunder
an diesem Tag sind alle Juden munter
Wenn wieder Weihnachten ist, und es nervt dich wie ObL
solltest du wissen, wen wir alles bei uns haben...

yeah!

Rolf Shimon Eden spielt Dreidel in Berlin
und Henryk Broder isst Latkes mit Gil Ofarim
Der grosse Albert Einstein liebte Sufganiyot
doch leider ist er schon seit vielen Channukahs tot

Seht wie Maxim Biller und Rolf Sommer Hora tanzen
doch die koschersten T-ten der Welt hat Scarlett Johansson...
Krusty der Clown ist der Sohn eines Rabbis
und Nina Hagens Vater fuhr damals sicher keine Trabbis!

Es wird wieder spannukah - dieses Jahr an Channukah
Michel Friedmanuka hat die Nase voll von Channukah

Hella von Sinnen - a dicke Schickse
doch Hugo Egon Balder macht sehr auf jüdische Witze!
Abramowitz fährt an Channukah lieber seinen Jet-ski
aber ratet mal, wer Kerzen zündet (im Himmel) - Marcel Reich-Ranicki!

MUMPITZ!

Viele Leute geben sich diesen Channukah die Kugel
doch sicher nicht Larry Page und Sergej Brin - die Gründer von Google
Sei doch cool, und sei kein Frosch
sei einfach wie Uri Geller - sag´ "echad-shteim-shalosh"!

Es wird wieder spannukah - dieses Jahr an Channukah

Also geh ins KaDeWanukkah
und kauf Kleider von Dolce & Gabbanukah
Hast du Zahnschmerz an Channukah
tuts mir leid für dich, denn die jüdischen Zahnärztuka
sind alle am Entspannukah

Also sag deiner Babushka
Das wird das beste, beste Channukah

Happy Channukah, everybody!

Bild: Screenshots, zusammengestellt von Rosebud

Musik und Videoclip gibt es auf unserer Facebook-Seite

Montag, 15. Dezember 2014

Öl, Krapfen, und wieder Öl: (Nicht nur) Kulinarisches an Chanuka

Ab morgen abend wird in Israel und der Diaspora für 8 Tage Chanuka gefeiert.

Öl spielt an Chanukah eine sehr große Rolle:
Da ist zunächst das Wunder der Öllampe zu erwähnen. Als die Makkabäer nach dem erfolgreichen Aufstand gegen die Griechen den Tempel in Jerusalem zurückeroberten, fanden sie ihn entweiht und entheiligt vor. Der Anblick muss ein schrecklicher gewesen sein. Jedoch fand sich eine reine Öllampe, die aber nur genug Öl für eine Nacht hatte. Das Wunder der Öllampe ist es, dass sie nicht eine, sondern 8 Tage brannte, genug Zeit, um den Tempel wieder zu säubern.





                                                  Chanukiah für Olivenöl statt Kerzen

Es ist Tradition, an Chanukah jeden Tag eine Kerze anzuzünden, mit dem Wunder der Öllampe korrespondierend (d.h. am ersten Tag 1 Kerze, am zweiten Tag 2 usw.). Daher wird Chanukah auch das "Lichterfest" genannt. Und natürlich hat es auch etwas Symbolisches. So ist eines der bekanntesten Chanukah-Lieder "Banu Choshech legaresh" (wir sind hier, um die Dunkelheit zu vertreiben - gemeint ist auch die Dunkelheit der Intoleranz). Eine ganz besondere Tradition ist es, statt Kerzen zu benutzen, Dochte in Olivenöl zu stecken, und diese an Channukah anzuzünden. Damit ist man der Öllampe des Tempels am Nächsten.
 
Als Erinnerung an dieses Wunder ist es Brauch, ölige Speisen zu essen. Vor allem erfreut sich die "Sufganiya" an Beliebtheit bei groß und Klein: Das ist ein mit Marmelade (oder Vanilla) gefüllter Krapfen, der in tiefen Öl gebacken wird, und dann mit Puderzucker bestäubt wird. Manche bevorzugen ihn aber mit Schokolade glasiert.

Inzwischen gibt es eine richtige Sufganya-Industrie - vor allem die Bäckereikette Roladin hat Krapfen in allen erdenklichen Farben, Geschmäckern und Kombinationen - von Schoko-Pistazie-Glasur mit Kirschlikör gefüllt über Vanilleglasur mit eingebauten "Alkohol-Infusion" über Puderzucker, Nuss, echter Kirsche oben, und sogar eine Art Banana-Pie-Krapfen gibt es - kurzum: der Phantasie (und den Kalorien) sind keine Grenzen gesetzt. Hier ein Poster Roladins, das nur eine kleine Auswahl zeigt:





Die ausgefallenste Sufganya aber - die gibt es nur, und exklusiv auf der Rosenduft-Facebook-Seite...

 




Happy Hannukah!

Bilder und Text: Rosebud

Dienstag, 9. Dezember 2014

Vorfreude auf Channukah

Nächste Woche fängt das Channukah-Fest an: Da wird es eine Woche lang in ganz Israel rund gehen, mit Kerzenzünden, viel Musik und Feiern, den berühmten "Sufganiot"-Krapfen und und und.

Mehr dazu ab nächste Woche.

Einen kleinen Vorgeschmack gibt es aber jetzt schon auf unserer Facebook-Seite.

Viel Spass!
Rosebud

Montag, 1. Dezember 2014

Der Stand-Up-Komiker: Ein orthodoxer Jude namens Christian

                                                    Circumcize me: Yisrael Campbell

"Als sie mir sagten, dass ich noch einmal eine Beschneidung über mich ergehen lassen muss, antwortete ich: 'Von mir aus. Aber wisst nur, dass drei Beschneidungen nicht Regeln einer Religion sind - DAS ist ein FETISCH"
(Yisrael Campbell, aus "Circumsize me")

Der 1963 als Christian Campbell in Philadelphia geborene Comedian hat in der Tat drei Beschneidungen über sich ergehen lassen - denn er trat dreimal zum Judentum über; Einmal Reform, einmal Konservativ, und dann Orthodox. Doch er nimmt es gelassen, mit Humor - und hat darauf seine Karriere als Stand-Up-Komiker aufgebaut.

So meinte der seit dem Jahr 2000 in Jerusalem lebende Campbell - ein oft gesehener Zuschauer bei Spielen von "HaPoel Katamon" - über Sicherheitskontrollen bei Flügen von Israel:
"Die Sicherheitsleute sehen einen orthodoxen Juden mit Kaftan, Schäfenlocken und Bart vor sich, auf dessen Pass der Name 'Christian' steht. Da fragen die erst gar nicht, ob ich selber gepackt habe. Sie wollen wissen, wo die Bombe ist!"

Ob er - wie der Zahnarzt bei "Seinfeld" - wegen der jüdischen Witze übergetreten ist, ist unbekannt. Was er mit dem fiktiven Zahnarzt gemeinsam hat, ist die Tatsache, dass er "Witz-Immunität" der drei monotheistischen Religionen hat, denn der als Katholik geborene ("ich war so gläubig, dass ich übergetreten bin, um der Hölle zu entkommen") Campbell war mit einer ägyptischen Muslime liiert, bevor er zum Judentum übertrat - dazu meinte er einst: Die Geschichte vom Pessach-Fest über den Auszug aus Agypten führte bei uns immer zum Streit - sie war für "Team Pharao", ich für "Team Moses"...

Aber auch das Judentum bekommt - siehe oben - oft sein Fett ab. So meinte er über Chanukah: "Da zündet man die zweite Kerze vor der ersten an, damit man auf die Gefühle EINER KERZE Rücksicht nimmt! Ach, wie oft denke ich - 'warum bin ich keine Chanukakerze?'"

Inzwischen ist Yisrael Campbell gut in Israel eingelebt, verheiratet und hat Kinder - und auch das ist Teil seiner Routine: "Grösse 0 für Babykleidung - wenn das Baby 0 Kilo wiegt, braucht es vielleicht gar keine Kleidung, oder?" Zudem scheut er sich nicht vor politischen Themen, und war u.a. Teil der sehr erfolgreichen "Israeli-Palestinian Comedy Tour".

Zum Abschluss die neueste Erfindung von Yisrael Campbell: Das J-Phone ("what, you don't come with a bottle of Schnapps?") - na dann, L'Chaim! Auf den jüdischen Humor!

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Mehr Sketche von Yisrael Campbell gibt es auf der Rosenduft-Facebook-Seite

Montag, 24. November 2014

Buchtipp: Templer, Liebe und Krieg in Jerusalem

Gad Shimrons historischer Roman und Bestseller in Israel Templer, Liebe und Krieg in Jerusalem über Nazi-Geheimagenten im britischen Mandatsgebiet Palästinas jetzt auf Deutsch erschienen…

                                               Templer-Viertel Sarona in Tel Aviv, ca. 1930                              

Dieser historische Roman erzählt eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund von Geheimagentenaktionen der Nazis im britischen Mandatsgebiet Palästina, die sich wirklich abgespielt haben. Wir schreiben das Jahr 1942, “Wüstenfuchs” Rommel ist bereits bis nach Ägypten vorgedrungen und die Juden in Palästina bereiten sich auf einen Massenselbstmord a la Massada vor – unwissend, dass Nazis bereits Spione im Land haben: Nazianhänger der deutschen Templersekte kollaborieren mit pro-Nazi-Palästinenser, die Anhänger des Muftis von Jerusalem, Haj Amin al Husseini sind (der sich u.a. mit Hitler in Berlin trifft). “Operation Atlas” beginnt.

                                           NSDAP, Ortsgruppe Jerusalem

“Templer, Liebe und Krieg in Jerusalem” ist ein historischer Roman, der zur Zeit des Dritten Reiches spielt, und dessen Handlung sich im britischen Mandatsgebiet Palästina ereignet. Der Roman verknüpft wenig bekannte geschichtliche Tatsachen mit einer fiktiven Liebesgeschichte. Seine Protagonisten sind jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich, Mitglieder der deutschen Templergesellschaft in Jerusalem (die zu teils pro-Nazi waren und sogar eine HJ-Abteilung in Jerusalem hatten!), englische Geheimagenten, jüdische Untergrundorganisationen und arabische Nazi-Spione.

Zu Ende der 1930er entwickelt sich eine außergewöhnliche Liebesgeschichte zwischen der in Wien geborenen Henriette-Tamar Landwehr, die nach dem “Anschluss” nach Palästina geflüchtet ist und Wolfgang Schwerte, einem Mitglied der Templergesellschaft in Jerusalem. Aufgrund des Druckes der Templer, unter denen sich viele Nazisympathisanten befinden, auf Wolfgang, sowie aufgrund von Morddrohungen von jüdischer Seite gegen Tamar sind die beiden gezwungen, die Beziehung zu beenden. Wolfgang kehrt gebrochenen Herzens nach Deutschland zurück. Auch Tamar versucht ihn zu vergessen, u.a. indem sie Krankenpflege lernt.



Drei Jahre später treffen die beiden wieder in Jerusalem aufeinander, just in dem Moment, als sich die jüdische Gemeinde auf die Invasion des Landes durch Erwin “Wüstenfuchs” Rommel vorbereitet, jüdische Untergrundorganisationen gegen die britische Besatzungsmacht in Palästina kämpfen, und die Nazis deutsche und arabische Spione in Palästina einsetzen.

                                           Bibelstelle auf restorierten Templer-Haus

Das Buch beginnt und hört in der Jetztzeit (1995) auf, und da wird auch das Geheimnis bekannt, dass die Protagonisten über Generationen bewahrt haben. Es basiert auf sehr gründlicher historischer Nachforschung, und gibt der Öffentlichkeit wenig bekannte geschichtliche Begebenheiten wieder. Die von den Nazis in Zusammenarbeit mit dem Mufti Haj Amin al-Husseini durchgeführte „Operation Atlas“ wurde erst mit diesem Buch aufgedeckt. Über die Aktivitäten von deutschen Nazi-Sympathisanten und Nazi-Spionen im britischen Mandatsgebiet Palästina ist bis dato kein historischer Roman auf Deutsch erschienen.  Die Liebesgeschichte ist erfunden, aber realistisch in den historischen Kontext eingewoben, und lädt auch die, die an historischen Tatsachen weniger interessiert sind, zum Weiterlesen an.

Zu beziehen ist das Buch, über Amazon

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Dienstag, 11. November 2014

Tel Aviv von oben

                                           
Wow! Was für eine Aussicht...

 Es gibt wirklich viel zu sehen und zu tun dort, auf den 49 Stockwerken des höchsten Gebäude Tel-Avivs: Einkaufen, Dinieren, Arbeiten, oder am obersten Stockwerk auf der Bar die atemberaubende Aussicht der Tel-Aviver Skyline bei Tag oder Nacht genießen.

                                           Auch bei Nacht nicht zu verachten

In dem historischen Roman "Das Haus der Rajanis" (Alon Hilu, ins Deutsch wunderschön von Markus Lemke übersetzt) verkauft die arabische Familie Rajani, aus Jafo, ihr Haus an einen jüdischen Käufer. Wir schreiben das Jahr 1895, und außer Sanddünen gibt es im damaligen Palästina fast nichts. Das Kind der Rajanis hat aber Wahnvorstellungen: Es träumt von drei Gebäuden aus Glas, die soviele Stockwerke haben, dass sie den Himmel förmlich berühren. Eines ist rund, eines dreieckig und eines viereckig. Und sie glitzern in der heißen Sonne, und geben grelles Licht in der Nacht ab. Eine Wahnvorstellung, für die das Kind in die Psychatrie eingeliefert wird...

Unvorstellbare Phantasie 1895, Aufregende Realität seit 1999: Auf über 34.000 Quadratmater zeigen sich die nach dem Besitzer (David Azrieli, der einen Hubschrauberlandeplatz auf einen der Gebäude hat) benannten Tempel der Moderne in ihrer ganzen Pracht. Und für lächerliche 350 Millionen Dollar wurden sie zuende gestellt.

Heute gehört "Azrieli" zum Stadtbild Tel-Avivs wie der Strand, die Ben-Yehuda-Straße mit ihren Straßencafés, die lockere Atmosphäre bei Tag und das wilde Nachtleben. Es gibt dort eine riesige Parkstruktur, eine Zugstation und alle Geschäfte, die der Mensch begehrt: Von Kosmetik über Bücher bis zu Kleidung. Zu den Restaurants kamen außer den ursprünglichen Ketten auch Luxusrestaurants der bekanntesten Chefköche Israels sowie - siehe oben - eine der coolsten Bars der Gegend.

                                              Bar bei Azrieli

Und wen es mal bei Tag oder Nacht zu heiß ist in Tel-Aviv, der kann sich hier im immer angenehm kühlen modernen Turm Babylons (aber mit Happy End! Er steht noch!) ein bisschen erholen und bei einem ebenso coolen Drink und noch coolerer Aussicht die Hitze mal Hitze sein lassen...


Bilder und Text: Rosebud

Donnerstag, 6. November 2014

Der "Black Panther" der israelischen Musik - ein Nachruf auf Zohar Argov z"l

 

Der Kampf der Mizrahim, der Juden aus Nordafrika, um Gleichberechtigung in Israel spiegelt sich im Leben und der Musik Zohar Argovs wider. Er war die erste Stimme der Mizrahim in einer vom ashkenazischen (europäischen Juden) Establishment dominierten Gesellschaft. Sein Erfolg öffnete die Tür für eine neue Musikrichtung "musica mizrahit". Heute hört man –nicht nur in der Musik- viele ethnische Stimmen in Israel. Hat er sein Ziel erreicht?...

Von Benjamin Rosendahl

Die ganze Welt ist Bühne
Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.

Shakespeare, as you like it

Man wird schon als Schauspieler geboren - (...) und wir spielen und heucheln. (...) Sogar in unseren Liedern.
Zohar Argov, adam sahkan

Vor 27 Jahren, am 6. November, 1987, nahm sich Zohar Argov das Leben. Er wurde tot in seiner Gefängniszelle in Rishon LeZion gefunden. Mit 32 Jahren nahm sich dieses Idol des "zweiten Israels” das Leben: Er erhängte sich mit seinem Bettlaken. Niemand hat israelische Musik so revolutioniert wie der "Melekh" (König oder "The King"). Er schaffte es, "Musica Mizrahit" vom Status einer subkulturellen Randbewegung zu einem integralen Teil israelischer Kultur zu erheben. Gleichzeitig stellte er damit die Einstellung des ashkenazischen Establishments zu den Mizrahim in Frage. Heute spielen dieselben Radiostationen, die einst seine Schallplatten boykottierten,

Musica Mizrahit auf tagtäglicher Basis. Diese Musikform spielt heute einen zentralen Teil in der israelischen Musik. Leider hat Zohar Argov den Umfang dieser Entwicklung nicht mehr miterlebt.

1950s: Mapai - Einsam, auf dem Weg ins Nichts

Zohar Argov wurde als Zohar Orkabi am 8. July 1955 zu jemenitischen Immigranten in Shikun mizrakh, einem Armenviertel in Rishon LeTzion, Israel, geboren. Seine Kindheit wurde von ähnlichen Erfahrungen wie vielen Mizrahim geprägt: Die zehnköpfige Familie musste sich in einer Zweizimmerwohnung zurechtfinden, und war auf die finanzielle Hilfe jades Familienmitglied angewiesen. Zohar tat mit 13 Jahren, was von ihm erwartet wurde: Er brach die Schule ab und fing an, im Bau zu arbeiten.

Zohar Argovs erste Zuhörer waren Gäste von Bar-Mitzvahs waren, wo er sang – und sich den Spitznamen Hasamir erwarb. Das alles sollte sich schnell ändern.

1970s: Der Anfang der Mizrahi- Revolution

Sie sind keine netten Jungs
Golda Meir, über die israelischen "Black Panthers"

Die Jahre sind vergangen, aber an die Tage werde ich mich erinnern.
Zohar Argov, Kfar Awru Hashanim

 Dann, 1971, kamen die Pantherim Haskhorim (Schwarzen Panther).

Es war ein Jahr vor Zohar Argovs Heirat (im Alter von 17 Jahren). Er arbeitete tagsüber am Bau und sang nachts in Klubs. Während die meisten Mizrahim in Rishon Letzion –so wie er- still ihr Schicksal akzeptierten, wurde im Jerusalemer Musrara- Viertel die Grundlagen für die Mizrahi- Revolution gelegt: So tauchte am 13. Januar 1971 der Name Pantherim Haskhorim das erste Mal auf (in der Al Hamishmar – Zeitung) "Wir werden die ‘Black Panthers’ von Israel sein."  Schnell weitete sich die Bewegung aus. 

 Auch kulturell trat eine neue, dismal authentische Stimme der Mizrahim an die Oberfläche: Es war die Stimme von Zohar Argov.

Nach einem kurzem Gefängnisaufenthalt (1978) entschloss sich Argov, Musiker zu werden. Vorerst trat er in kleinen Clubs wie Piano Bar ‘77 in Rehovot, und Moadon Habarvas in Yafo auf, wo er schon bald einen Namen für sich machte. Einer der Hauptgründe seiner Beliebtheit war der bewusste Einsatz nahöstlicher Musikformen, wie z.B. muwal (frei rhythmische Einweisung durch Wechsel von Kopf- und Bruststimme), lazima (Stimmeinsatz, gefolgt durch kurze instrumentale Antwort) und, natürlich, die nasale Stimme. Auch benutzte er Instrumente der Region wie Bozouki, Oud, und Qanun im Zusammenspiel mit Standard-Rockinstrumenten.

 
Bald kamen die ersten Kassetten heraus. Und noch heute erinnert sich Meir Reuveni, einer der Reuveni Brüder (die damals die einzigen Produzente von Musica mizrahit waren) daran, wie er Zohar Argovs erstes Demotape hörte und sagte: "Endlich habe ich den Meister, den ich all diese Jahre gesucht habe, gefunden". Argovs erstes Album, Elianor, war ein sofortiger Erfolg, und verkaufte sich schneller als es geliefert wurde. Es musste daher am Eingang des Ladens verkauft werden.

Dies war der Beginn eines neuen Genres, musica hakassetot (Kassettenmusik) – im Gegensatz zum Mainstream, der auf Schallplatten produziert wurde. Sogar der Leiter des staatlichen Radios Kol Israel benutzte diesen Ausdruck. Jedoch weigerte er sich "aufgrund des niedrigen Niveaus der Texte, Musik und Begleitung" diese Musik zu spielen. Aber selbst er konnte den Erfolg der Musica Mizrahit nicht aufhalten: Die Clubs, in denen Argov auftrat waren ebenso schnell ausverkauft wie seine Kassetten. Und aus fast jedem Laden der Tahana Merkazit [Hauptbusbahnhof] Tel Avivs (im Zentrum armer Arbeiterviertel) dröhnte die Musik Zohar Argovs. Eine Subkultur war geboren.

Dann, im Jahr 1982, kam das Festival der Musica Mizrahit: Zohar Argov sang – und gewann den Wettbewerb mit- sein wohl bekanntes Lied, Ha-Perah BeGani ("Die Blume in meinem Garten"). Das Lied hatte alle Elemente Musica Mizrahit (siehe oben),insbesonders muwal. Es war bahnbrechend, sowohl für israelische Musik im allgemeinen als auch für Musica Mizrahit im Besonderen: Das Lied wurde so beliebt, dass das israelische Musikestablishment dieses Genre nicht länger ignorieren konnte: Die staatliche Radiostation spielte von nun an Ha-Perah BeGani, und bald darauf konnte man überall Musica Mizrahit hören. Asher Reuveni (der andere Reuvenibruder) teilt den Status der Musica Mizrahit in "vor Ha-Perah BeGani” und "nach Ha-Perah BeGani". Und Argov, der vorher von den israelischen Medien ignoriert worden war, konnte sich vor Interviewanfragen nicht mehr retten. Er produzierte 10 Platten in 5 Jahren, die allesamt Erfolge waren. Mit seinem Erfolg öffnete er den Weg für andere Mizrahi Sänger. Man nannte ihn Hamelekh (der "King").

Leider endete sein Weg so wie der seines Spitznamensvetter (Elvis Presley): Drogen, Reha und Gefängniszellen. In einer derselbigen nahm er sich am 6. November 1987 das Leben.

Heute: Zwischen Kommerz und Korruption

Und heute? Heute spielt jede Mainstream- Radiostation Zohar Argovs Musik und niemand denkt daran Musica Mizrahit zu boykottieren, und sei es nur der Einschaltquoten wegen. Auch waren fast alle Gewinner der Talentshow kohav nolad (israelische Version von "Deutschland sucht den Superstar") Mizrahim (eine von ihnen gewann den Wettbewerb mit einer Coverversion eines Zohar Argov- Liedes, yam shel dm'aot). Auch öffnete Argov die Tür für andere ethnische Minderheiten: So kann Idan Reichel, der mit äthiopischen Musikern arbeitet, als Beispiel genannt werden. Und die Tatsache, dass israelische Musik eine Bandbreite an Identitäten und Stimmen vertritt –von russischem Rock bis arabischen Rap- hat viel mit einem Sänger zu tun, der das muwal seiner jemenitischen Eltern nicht aufgeben wollte.
 
Hier Zohar Argovs grösster Hit: Ha-Perech be-Gani 
 
Bild: Public Domain
Text: Rosebud
 

Sonntag, 2. November 2014

Bahai: Geschichte einer faszinierenden Religionsgemeinschaft

                                             Bahai-Garten in Haifa: 100% symmetrisch


Verkehret mit allen Religionen in Herzlichkeit und Eintracht, auf daß sie Gottes süße Düfte von euch einatmen. Hütet euch, daß euch im Umgang mit den Menschen nicht die Hitze törichter Unwissenheit übermanne.“

So steht es in den Schriften von Baha-Ullah, dem Gründer der Bahai-Religion, dessen Tempel, Gräber und heilige Stätten in Israel, genauer gesagt, in Haifa und Umgebung ihr Zentrum haben. Am Bekanntesten sind natürlich die Gärten (siehe Bild oben), die zwar ausschauen, als ob sie vom britischen Königshaus adaptiert wurden, so symmetrisch und harmonisch sind sie, die aber ihren Ursprung - wie Bahai überhaupt - in Persien haben...

Bab und Babismus

Bahai ist eine moderne Religion. Ihren Anfang hatte sie mit dem "Bab" (Tor), einen iranischen Muslim aus Shiraz (Iran), der am Abend des 22. Mai 1844 den Anspruch einer göttlichen Offenbarung gab, und sich den Titel "Bab", gab, da er sich als Tor zu Gott sah - dabei greift er den schiitisch-eschatologischen Begriff des „Bab“ auf. Bab versammelte bald viele Anhänger um sich, die "Babismus" praktizieren, damals noch im Rahmen des Schiismus.

Doch bald richtete sich der Mainstream- Schiismus gegen den Bab und seine Anhänger - er wurde 1850 öffentlich erschossen, seine Anhänger verfolgt.


Baha'ulla - und Bahai

Sein Nachfolger, Baha'ulla, der Babismus in Richtung Mystizismus weiterentwickelte, und die Religion immer mehr vom Islam entfernte, wurde ebenso verfolgt - zuerst musste er nach Bagdad fliehen, dann nach Istanbul. Aber auch das osmanische Reich war ihm nicht freundlich gesonnen - und wurde in das heutige Israel verbannt, wo er 1892 verstarb. Sein Schrein, in Akkon in Galiläa, ist heute der wichtigste Schrein der Bahaii-Religion, ein Wallfahrtsort und es bestimmt die Gebetsrichtung.

Während der  mehr als zwanzig Jahre, die der Bah'ulla vor seinem Tod in Galiläa verbrachte,entstand der größere Teil des umfangreichen Schrifttums Baha'ullahs, worin die grundlegenden Lehren der neuen Bahaii-Religion ausgeführt werden, insbesondere der Gedanke der Einheit der Menschheit und die Versöhnung der Religionen. Hinzu kommen Religionsgesetz und Gemeindeordnung. Der wichtigste Text der Bahai ist das sogenannte Heiligste Buch, aus dem Jahr 1873.

Und heute?

Weltweit gibt es 5 bis 8 Millionen Anhänger der Bahaii-Religion. Wie gesagt ist das Zentrum im Norden Israels. Der Schrein des Babs ist die Kuppel in den Bahaii-Garten Haifas, wohl eines der Hauptattraktionen der Stadt - wobei die meisten Touristen sich eher für die Gärten als für den Schrein interessieren...

Die Gärten liegen auf einer Anhöhe, die Teil der biblischen Carmel-Gebirge sind, wo u.a. der Prophet Elisha aktiv war. Am Fuße der Anhöhe fängt die "German Colony" an, eine weitere Tourismusattraktion. Somit hat die Lage der Bahaii-Tempel in sich die Lehre des interreligiösen Dialogs gut integriert - und natürlich ist Haifa auch die Stadt, wo Juden, Christen und Muslime weitgehend in Harmonie leben.

Bild und Text: Rosebud

Dienstag, 28. Oktober 2014

Filmtipp: Das Shakshuka-System


Ein Beispiel aus Israel zeigt, wie sich private Familien staatliche Ressourcen aneignen und sich zu Lasten der Bevölkerung daran bereichern.

                                    Der Journalist Micki Rosenthal: Inzwischen in die Politik gegangen



 

                                             Sammy Ofer: inzwischen verstorben
Eines Morgens las der israelische Journalist Micki Rosenthal eine kleine Nachricht in der Zeitung: Dort wurde bekanntgegeben, dass Sammy Ofer, israelischer Milliardär und einer der reichsten Männer der Welt, dem Stadtmuseum Tel-Aviv 20 Million Dollar spendet. „Das ist doch eigentlich eine sehr nette Geste“, hört man den Kameramann zu Beginn des Dokumentarfilms „Das Shakshukah-System“ sagen. Micki Rosenthal jedoch wittert etwas Unreines. „Die Ofer-Brüder (Sammy und Juli Ofer) würden nie etwas umsonst hergeben.“

 

Und er behält recht: Als Gegenleistung zu seiner Spende (die dem Wert eines halben Museumsflügel entsprechen) verlangt Ofer, dass das stadtliche Museum auf seinen Namen unbenannnt werden würde. Mehr noch: In einer leicht übersehbaren Klausel wird festgelegt, dass die Ofer-Familie bei Fragen, die das Grundstück des Museums betreffen,  ein Mitspracherecht haben müssen.

 

Diese Methode hat Programm bei den Ofers: Bei fast allen privatisierten Ressourcen des Staates kauften sie sich prozentweise zu Schleuderpreisen ein, oft mit Hilfe von illegalen Insidertipps oder Angeboten, die sehr nach Bestechung rochen (so arbeiteten Mitarbeiter der Regierung, die den Ofer-Brüdern halfen, später oft für ein besseres Gehalt bei ihnen). Anschließend führten sie diese Betriebe zu riesigen Profiten, von denen sie ihren festgelegten Anteil an den Staat aber nie abführten. Wie ein trojanisches Pferd übernahmen die Ofer-Brüder dann selbst Betriebe, bei denen sie nur zu einem kleinen Prozentsatz eingekauft hatten: Salzwerke am Toten Meer, Ölraffinerien, Hafenwerke, staatliche Medien etc.

 

Der Anwalt der Ofers (Ram Caspi) hat das mit dem Kochen von Shakshuka, einem Gericht, bei dem Spiegeleier in eine Tomatensoße hineingerührt werden, verglichen. Der Geschmack der Tomatensoße –des Staates- wird da fast unmerklich von dem Geschmack der Spiegeleier –der neuen Privatbesitzer- dominiert, bis nichts mehr von ihm übrigbleibt. „Beachte meine Handbewegung“, meint der Staranwalt noch und macht eine Kreisbewegung. Er bereitet dieses Gericht nämlich vor, sämtlichen rechtlichen Hindernissen zum Trotz.

 
                                              Shakshuka

Für die Arbeiter hat dieses „Shakshuka-System“ nichts Gutes zu bedeuten: Hafenarbeiter wurden durch billige Fremdarbeit ersetzt, bei den Salzwerken wurden Tagelöhner eingestellt, die auf dem Papier gar nicht existieren und für 12-14 Stunden am Tag einen Hungerlohn bekommen - und der Rest kuscht oder wird gefeuert.

 

Kaum hat man diese schwere Mahlzeit verdaut, wird noch mehr Pfeffer in das Shakshuka –und unsere Augen- gestreut: Sammy Ofer gibt eine Spende von drei Millionen Shekel (ca. 750,000 EURO) für Krebspatienten. Auch hier hebt Micki Rosenthal – und nicht nur er- eine Augenbraue: Der skrupellose Geschäftsmann zuerst Patron der Kunst, und jetzt auch Patron der Krebskranken?

 

Ein Blick auf die Statistik der Betriebe der Ofers macht hier vieles klar: Versäuchte Flüsse, verunreinigte Luft, nicht eingehaltene Sicherheits- und Gesundheitsvorkehrungen sowie eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Krebs-, Unfruchtbarkeits-, Lungenkrankheits- und Asthmavorfällen sind alles Beiprodukte der Ofer-Betriebe. Im Vergleich zu den Kosten, die die Ofers zahlen müssten, um diese Betriebe nach den Richtlinien in Stand zu halten, ist die Spende nicht mehr als Wechselgeld – und gibt zudem eine PR, die preislos ist. Und auch das Gewissen ist beruhigt.

 

Micky Rosenthal ist nach diesem Film in die Politik gegangen, und sitzt als Vertreter der Arbeiterpartei in der Knesset. Die Ofer-Brüder sind bereits verstorben, aber ihre Nachkommen kochen weiter Shakshuka. Durch Vetternwirtschaft und aufgekaufte Proteges haben sie es geschafft, ihre Kontrolle auszuweiten. Der Geruch des Ofer-Spiegeleis liegt in der Luft, oder genauer gesagt: Es richt nach faulen Eiern.


 Bilder: Public Domain
Text: Rosebud
 

Sonntag, 19. Oktober 2014

Ende einer Legende: Zum 5. Todestag von Dudu Topaz


Der israelische Thomas Gottschalk war in Ungnade gefallen. Jetzt erhängte er sich im Gefängnis.

 
 

 

Die Geschichte von Dudu Topaz liest sich wie „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“:

 

Auf der einen Seite war der israelische Showmaster verschiedener TV-Programme der „König der Quoten“, der einmal sogar eine Einschaltquote von 51% erzielte. Er moderierte  meist seichte Unterhaltungsprogramme mit vielen Prominenten, Interviews, Musikeinlagen und ein paar Sketchen – sozusagen „Wetten, dass …?“ ohne Wetten. Topaz wirkte dabei wie ein israelischer Thomas Gottschalk – er lächelte gerne, sang oft mit und versuchte, niemandem bei den Interviews zu nahe zu treten.

 

Topaz hatte jedoch auch eine andere, dunkle Seite: So beleidigte er bereits 1981 bei einer Wahltagskundgebung nordafrikanische Juden, die er als „Chach-Chachim“ (ungefähr: arabischer Müll) und Wehrdienstverweigerer bezeichnete. Diese Episode beendete beinahe seine Karriere. Sein Fernsehprogramm wurde abgesagt, Auftritte gekündigt, und Topaz verließ zeitweise sogar das Land.

 

Dann kam in den 90er Jahren das Comeback, das man wohl mit dem Comeback Thomas Gottschalks bei „Wetten, dass …?“ vergleichen kann. Der Moderator wurde sein eigener Nachfolger und war populärer denn je zuvor. Viele etablierte Prominente unterstützten sein Programm, das „Ha Rishon ba-Bidur“, also „die Nummer 1 der Unterhaltung“ hieß. Dieses Format galt zudem als Sprungbett für bis dato unbekannte Talente.

 

Im Privatleben von Topaz ging es turbulent zu: Er hatte drei Kinder mit drei Frauen, etliche Affairen und zusätzlich kursierten Gerüchte hinsichtlich sexueller Belästigung. Die Zuschauer verziehen es ihm jedoch, wenngleich seine Quote sank – nicht zuletzt aufgrund der immer wachsenden Anzahl von Fernsehsendern und Unterhaltungsprogrammen in Israel, oft moderiert von just jenen Talenten, die vorher in Topazs Show entdeckt worden waren.

 

Topaz konnte die Tatsache, dass die neuen Stars ihn an Popularität überholt hatten, nie überwinden. In einem Interview bezeichnete er sie als „Müll, Scheiße, Opportunisten“ und fügte hinzu: „Diese Leute warteten früher  vor meiner Tür und flehten mich an, dass ich sie doch bitte in mein Programm bringen könnte. (...) Als ich  sie aber brauchte, um etwas Glamour in meine Show zu bringen, rief mich keiner zurück. (...) Solche Leute sollte man umbringen.“

 

Schon bald zeigte er, dass diese Worte, die eher nach Don Corleone als nach Thomas Gottschalk klingen, ernst gemeint waren. Die Polizei fand vor ein paar Monaten Beweise, dass Topaz Menschen aus der Unterwelt  angeheurte hatte, um für ihm feindselig gesinnte Leute vom Fernsehen brutal zusammenzuschlagen. Nach anfänglichem Abstreiten gestand der in Ungnade gefallene Showmaster.

 

In U-Haft erhängte sich Dudu Topaz in der Dusche (dem einzigen Raum ohne Überwachungskamera). Es war sein zweiter Selbstmordversuch in der Haft. Vorher hatte der an Diabetes leidende Showmaster bereits versucht, sich durch eine Überdosis Insulin das Leben zu nehmen.

 

Damit geht die Sage des „Königs der Quoten“ zu Ende. Eine Geschichte voller Intrigen, Machtkämpfen, Affairen, Erfolgserlebnissen und Niederlagen, mit einer Hauptperson, deren Persönlichkeit zwischen seichtem TV-Unterhalter, skrupellosem Herzensbrecher und eiskaltem Mafiaboss hin und her schwankte. Als Film würde sich die Geschichte von Dudu Topaz sehr eignen. Eines hat es jedoch nicht gegeben: ein Happy End.

 

Bildquelle: Wikimedia Commons
Text: Rosebud
 

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Fröhlicher Feiertag: Simchat Torah


                                               Feierlichkeiten im Kikar Rabin

Heute abend und morgen wird in der jüdischen Welt Simchat Torah gefeiert: Dieses Fest, das sich als "Freude der Torah" übersetzen lässt, wird am 23. Tishrei begangen, und beendet den Monatszyklus von Feiertagen, das mit Hashana - dem jüdischen Neujahrsfest beginnt. An Simchat Torah wird die Vorlesung der Torah (5Rosh Bücher Moses) mit dem letzten Abschnitt des fünften Buches beendet, und sogleich wird mit dem ersten Abschnitt des ersten Buches angefangen.

Es ist Brauch. die Torahrollen in einer Prozession durch die Synagoge zu tragen - mit viel Gesang und Tanz.
Das sieht dann so aus:


                                                      Hakafot-Video

Desweiteren werden Fahnen und Früchte an Kinder ausgeteilt, die dann kräftig mittanzen und mitfeiern können. Oft nehmen die Eltern die Kinder auf die Schulter, damit sie die Feierlichkeiten schön sehen können.

                                               Kind mit Flagge bei Simchat Torah

In Israel gibt es eine neuere Tradition: "Hakafot Shniyot" (zweite Hakafot). Der Hintergrund dazu ist folgender: Aus historischen Gründen ist in Israel Simchat Torah einen Tag vor der Diaspora. In den 1940er Jahren, in der Süd-Tel-Aviver "Florentin"-Gegend, entschloß sich Rabbiner Yedidya Fränkel, der damals Oberrabbiner von Tel-Aviv war, am Abend nach dem israelischen Simchat Torah eine weitere Feierlichkeit zu begehen, die "Hakafot Shniyot". Dies sollte für alle Diasporajuden sein, die aufgrund von Verfolgung, Pogromen etc. nicht feiern konnten.

Im Laufe der Jahre kamen mehr und mehr Menschen aus ganz Israel nach Süd-Tel-Aviv, um mit Rabbiner Fränkel Hakafot Shniyot zu feiern.

Heute finden diese Feierlichkeiten im ganzen Land statt, und sind richtige Großereignisse, mit Live-Bands, Feuerwerken, Ehrengästen, und und und. Hier sind ein paar Bilder aus dem Rabinplatz in Tel-Aviv, wo es rund ging, bis in die frühen Morgenstunden:

                                               Es geht rund

                                                       Ehrengast: Rabbiner Yisrael Meir Lau
                                                      Oberrabbiner Tel-Avivs und
                                                      ehemaliger Oberrabbiner Israels

                                            Feuerwerk

Na denn: FRÖHLICHER FEIERTAG/ Chag sameach!

Freitag, 10. Oktober 2014

Ephraim Kishon - ein Rückblick


                                                           Ephraim Kishon sel. And.

"Hebräisch kann man nicht lernen. Es ist unmoglich! Das weiss ich jetzt nach vielen Jahrzehnten im Lande. Warum ich es trotzdem gelernt habe? Weil ich damals nicht wusste, dass es unmoglich ist..."

Das Zitat ist von DEM israelischen Satiriker schlechthin, von Ephraim Kishon. Symbolischerweise jähren sich in diesem Jahr einige Daten, die uns - so wie seine Werke - ein trauriges und ein lachendes Auge hinterlassen: So wäre der in Ungarn als Ferenc Hoffmann geborene Kishon in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden. Und auch eines seiner bekanntesten Werke, der Film "Salach Shabbati" (auf deutsch passend mit "Salach, oder: tausche Tochter gegen Wohnung übersetzt) hat ein Jubiläum, nämlich 50 Jahre für den von Kritikern anfangs gehassten und von Zuschauern weltweit hochgeliebten Film über einen orientalischen Einwanderer nach Israel, der sich gegen die Bürokratie durchsetzen muss, seine Tochter verheiraten will (noch dazu mit einem Kibbutznik, der kein Geld hat! Gespielt vom unvergessenen Arik Einstein) und aus dem Auffanglager für Neueinwanderer endlich in eine normale Wohngegend ziehen will...

Nächstes Jahr (also 2015) gibt es wieder zwei Jahrestage - nämlich den 10. Todestag von Kishon, und den Tag, den Kishon als seine "Wiedergeburt" bezeichnet hat - nämlich seine Einwanderung nach Israel (damals britisches Mandatsgebiet, 1945), nachdem er einige Arbeitslager in Ungarn überlebte...

"Willkommen im Venedig des Nahen Ostens" 

Das ist natürlich aus einem von Kishons bekanntesten Büchern, das er auch selbst verfilmt hat - der Blaumilchkanal. Hier fängt ein aus der Irrenanstalt Entlaufener einfach an, in der Mitte von Tel Aviv ein Loch zu bohren - und jeder denkt, das es natürlich ein ganz offizielles Stadtprojekt ist, bis dann Tel Aviv tatsächlich vom Mittelmeer überschwemmt wird, während der Bürgermeister es als "Venedig des Nahen Ostens" bezeichnet.

Hier zeigt sich Kishon als Satiriker schlechthin, der die Bürokratie des jungen Staaten mit einer kräftigen Portion Humor auf die Schippe nimmt. Herrlich, wie beispielsweise die Anwohner auf der Polizeistation wie bei einer Symphonie den Lärmpegel des Bohrens beschreiben, bis sogar der Polizist mitsingt...

"Hier, nimm diesen geschlossenen Umschlag.
- Aber woher weiss ich dann, wen ich wähle?
- Weisst du nicht. Das ist eine Geheimwahl, daher heisst es ja Demokratie..."

Auch dieser Austausch ist von Sallach Shabati, der dieses Jahr sein 50. Jubiläum feiert. Es ist die Szene, wo die politischen Funktionäre versuchen, den Neueinwanderer Sallach zu bestechen - hier die Szene, wo er als "Meinungsmacher" erkoren wird.

Der Film ist inzwischen ein absoluter Kultfilm, der wie kaum ein anderer Themen, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben (orientalische vs. europäische Juden, politische Korruption, Neueinwanderer vs. Sabres, Kibbutzim vs. Stadt, etc.) auf augenzwinkernde Weise thematisiert. Haim Topol, der die Hauptrolle spielt, war nebenbei nur 29 Jahre alt, also halb so alt wie Sallach. Und während er im hebräischen Original mit arabischen Akzent spricht (er ist Einwanderer aus einem arabischen Land wie Marokko oder Irak, im Film wird das Land nicht explizit erwähnt), hat er in der deutschen Synchronfassung ironischerweise einen jiddischen Akzent. Kishon hätte es nicht besser schreiben konnen...

Nebenbei sprach Golda Meir, damals Aussenministerin, 5 Jahre kein Wort mit Kishon oder den Schauspielern - denn im Film wurde gezeigt, wie die KKL (Jewish National Fund) denselben Waldabschnitt unterschiedlichen ausländischen Spendern als deren Spende präsentiert, indem sie das Holzschild x-mal am Tag austauschen. Die Reaktion war eine bedeutsame Reduzierung von Spenden - erst als die KKL Beton- statt Holzschilder aufstellte, ging das Vertrauen wieder zurück.


Seargant Bejarano, ich präsentiere Bo-Bo-Borekas, von meiner lieben Frau Betty zubereitet

Dieses Zitat ist von "The Policeman" (im Original "HaShoter Azulai), ein Film, der liebevoll - mit viel Humor, aber auch viel Gefühl - das Leben eines einsamen, einfach gestrickten Polizisten zeigt. Hier das Lied zum Film.

Ein Tipp zum Schluss:
Aufgrund des Kishons-Jubiläum zeigt das Film-Festival in Haifa  eine Retrospektive seiner Filme. Absolut empfehlenswert!



Bild: „Ephraim Kishon, drawing by Chaim Topol“ von Chaim Topol - Chaim Topol. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ephraim_Kishon,_drawing_by_Chaim_Topol.JPG#mediaviewer/File:Ephraim_Kishon,_drawing_by_Chaim_Topol.JPG

Text: Rosebud

Sonntag, 5. Oktober 2014

Israel feiert Laubhüttenfest - Sukkot


Die 10 Busstage sind vorbei, und auch das Fasten und um Versöhnung bitten.

Am Mittwoch fängt Sukkot an, das Laubhüttenfest, das eine ganz andere Stimmung beschreibt: Man sitzt eine Woche lang in der Laubhütte, feiert, singt, isst gute Speisen und trinkt guten Wein - und ist vor allem eines: fröhlich. Denn es ist ein religiöses Gebot, in dieser Zeit glücklich zu sein, unbeschwert.

Natürlich hat das Fest - wie die meisten Feste - sowohl eine spirituelle als auch eine landwirtschaftliche Bedeutung, in diesem Fall der Beginn der Regenzeit, auf die man sich in Israel ganz besonders freut - alles grünt und wächst und blüht, ein wahrer Gaumenschmaus für die Augen.

Auch die vier Arten haben sowohl spirituelle als auch landwirtschaftliche Bedeutung - so symbolisieren sie Augen (Myrthen), Mund (Bachweidenzweige), Rückgrat (Palmzweig) und - am wichtigsten - das Herz (Etrog, eine grosse Zitrone). Hier ein Bild des Herzens:


Das Bild ist vom Film "Ushpizin", der zur Zeit von Sukkoth spielt - "Ushpizin" sind die heiligen Gäste, die man sich in die Laubhütte einladen soll. Leider sind im Falle von Moshe Belanga und seiner Frau diese Gäste alles andere als heilig - sie sind nämlich entflohene Straflinge, die Moshe aus seinem früheren, nicht religiösem Leben kennen.

Wie das alles ausgeht, welche Rolle der Etrog spielt, den die beiden da halten, und was es mit der gestohlenen Sukkah auf sich hat - das wird hier nicht verraten. 

 Bis dann: Chag sameach/ fröhliches Sukkot!

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud

Dienstag, 30. September 2014

Afula - die Hauptstadt des "Emeks"

    

Im Norden Israels, im "Yizrael-Tal" (hebr. "Emek Israel") in Galiläa liegt Afula. Die Straße, die dort hinführt, heisst "Kvish HaSargel", also "Lineal-Strasse", wohl auch weil sie - anders als die meisten Straßen Israels - fast ohne Abweichungen gerade ist, als ob sie vom Lineal gezeichnet wäre. Bösartige Zungen behaupten, dass die Strasse das Lineal ist, und Afula das Loch des Lineals (wohl aufgrund des nicht so aktiven Nachtlebens). Das täte dieser wunderschönen Stadt, die in eine der pastoralischsten Gegenden liegt, Unrecht.

Der Name "Afula" kommt entweder von arabisch "Al-Fule" (ob es mit "Ful", Bohnen zusammenhängt, ist unbekannt) oder von Althebräisch "O-Fel" (Festung). Archäologische Ausgrabungen zeigen Bevölkerung bereits zu Bronzezeiten. Die Stadt wird namentlich vom syrischen Geographer Yakut al-Hamawi bereits 1226 erwähnt - er spricht dort vom "Kampf um Al-Fule", der 1183 stattgefunden hat. Auch in späteren Zeiten wird Afula öfter erwähnt, insbesonders 1799, als Napoleon die Gegend erobert und den "Kampf um den Tavor" in Afula austrägt.

Seit 1909 ist Afula eine jüdische Stadt - in dem Jahr hat Yehoshua Hankin den Grund für die zionistische Bewegung aufgekauft. Damit ist das moderne Afula genau so alt wie Tel Aviv...

                                                        Falafel Golani - Kultcharakter

Und heute? Heute ist Afula vor allem für seine kulinarische Szene bekannt - so gibt es eine ganze Reihe von Imbissbuden und Restaurants, wobei das bekannteste "Falafel Golani" ist - die frischen Zutaten sind hier ebenso Kult wie das Einfülllen der Falafel - die werden jeweils ca. 2 Meter in die Luft geworfen, bevor sie in der Pita landen... Und so kommen Besucher aus dem Ausland und aus sämtlichen Ecken des Landes, um Falafel Golani kennen- und schmecken zu lernen!

                                               "Garinei Afula" - das Original


Am bekanntesten ist Afula aber für seine "Garinei Afula" (geröstete Sonnenblumen- und Wassermelonenkerne) - oft imitiert, aber nie so gut wie das Original - und das Original ist ein kleiner Laden bei der Busstation Afulas, der sämtliche Art von Snacks und Nüsse verkauft, und der - siehe Foto - auch sehr schön ist. Alleine das ist ein Besuch in dem "Nuklear-Powerhouse" (in Hebräisch ist Nuklear und Kern derselbe Wortstamm) wert!

Kurzum: Afula, nicht nur schön, sondern auch schmackhaft!

Landkarte: Public Domain
Bilder und Text: Rosebud


Montag, 22. September 2014

Guter Rutsch ins Neue (jüdische) Jahr!


Guter Rutsch? Neues Jahr? Ist das nicht ein bißchen früh?

Nein, ist es nicht: Denn das jüdische Jahr fängt Mittwochabend an. Es heißt "Rosh Hashana" (wörtlich: "Kopf des Jahres") und wird nach dem Mondkalender berechnet. Man wünscht sich dann "Shana Tova" (hebr. Gutes Jahr).

Rosh Hashana lautet die "10 Busstage ein", die am 10. Tag mitYom Kippur (Tag der Versöhnung) enden. Es wird sowohl beim Ewigen als auch bei den Mitmenschen um Verzeichung für die Sünden des Vorjahres gebetet und gebittet, und man versucht, sich dieses Jahr besser zu halten.  


An Rosh Hashana selbst ist es Brauch, zu einem Fluß zu gehen, wo man Brotstücke - die die Sünden symbolisieren, ins Wasser wirft, und hofft, dass die Strömung nicht nur die Brotstücke, sondern auch die sündhaften Tendenzen wegspült. Dieser Brauch heißt Taschlich (Wegwerfen, d.h. Wegwerfen der Sünden) Bei sehr Religiösen kann dann folgendes passieren:
                                           Neulich, beim Taschlich


Eine weitere Tradition, ist es, den Shofar zu blasen: Der Shofar ist ein Widderhorn, dessen Ton durch Körper und Seele dringt - und das ist auch die Idee dahinter. Es ist dies ein letzter Aufruf zur Besserung, zu einem besseren Verhalten in diesem Jahr. Im Hebräischen kommt das Wort "Shofar" auch von derselben Wurzel wie "Shipur", Verbesserung. Dazu kann man dann sagen:


Und so hört sich der Shofar an

Schließlich ist es Brauch, Äpfel in Honig zu tauchen. Damit symbolisiert man ein fruchtvolles Jahr (im wahrsten Sinne des Wortes) sowie ein süßes Jahr. Das ist es auch, was man sich am meisten wünscht: Shana Tova u-metuka (ein gutes und SÜSSES Jahr).

Auch wir von Rosenduftgarten wünschen allen Lesern ein gutes und süßes jüdische Neujahr!
SHANA TOVA u-METUKA


Bilder: Public domain
Text: Rosebud

Sonntag, 7. September 2014

Besuch in Halpers Buchladen in Tel Aviv



Ein eher unscheinbares Schild (siehe oben) zeigt den Eingang zu einer Welt, der Buchfreunde ganz Israels entzückt: Es ist dies der Eingang zu Halpers Books, der sich im Süden Tel Avivs, auf Allenby 37 befindet. Dort finden sich Bücher auf Englisch, Russisch, natürlich auch Hebräisch, aber auch Französisch und Deutsch, vor allem Literatur, aber auch Bücher zu sämtlichen nur erdenkbaren Themen...



Bereits im Hof stapeln sich die Bücher reihenweise (siehe oben) - und das ist nur ein Vorgeschmack auf der Riesenauswahl, die kommt.

Angefangen hat alles 1991, kurz vor dem Golfkrieg, als der neu verheiratete und neu in Israel eingewanderte amerikanische Bibliophil Yofel Halpern sich entschloss, sein Glück in Israel mit dem zu machen, was er am liebsten hatte: Bücher! Natürlich passt das gut zum Volk, zu dem er gehört - dem Volk des Buches...

Seit dem hat er zig Geschichten erlebt, die selbst Bücher füllen konnte: Beispielsweise den Besitz eines von Sigmund Freud persönlich gewidmeten Buches (nicht an Halpern, aber trotzdem), eine Bestellung vom Buckingham Palace - sie wollten für ihre Bücherei eine Biographie von König Christian von Dänemark - und einen Obdachlosen, der nach Übernachtung in Allenby die Tage im Buchladen verbrachte. Als der Obdachlose starb, und sich keine Verwandten fanden, richtete Halpern die Beerdigung aus...


Aber die wahren Geschichten erzählen natürlich die ca. 50.000 Bücher (grobe Rechnung), die von Boden bis Decke 4 Zimmer füllen. (siehe oben) Dazu gehörte ein Brief Albert Einsteins an den jüdischen Untergrund während des Britischen Mandats (Halpern verkaufte ihn an Sothebys), seltene Pessach-Haggadas (ein ehemaliger Präsident Israels war Sammler), die Nachlässe des legendären Verteidigungsministers Moshe Dayans, des ehemaligen Präsidenten Ezer Weizmanns und des kürzlich verstorbenen Schauspieler und Regisseur Assi Dayans.

Die Kundschaft ist ein farbenfrohes Gemisch aus typischen Tel Avivis, Anglos und anderen Einwanderer, Fremdarbeiter aus den Philippinen, Arbeiter verschiedener Botschaften (vor allem der amerikanischen, aber auch anderer) und - aufgrund des guten Judaica-Bestands - auch viele Haredim.

Und (fast) jeder findet das Buch seiner Träume bei Halperns, einer Tel Aviver Institution.

Bilder und Text: Rosebud



Montag, 1. September 2014

Zeit der Slichot - wunderschöne liturgische Lieder und Gebete bei Morgengrauen

                                             
             Slichot-Gebet

Wir befinden uns im Monat vor Rosh Hashana, dem jüdische Neujahr. Ab Anfang des jüdischen Monats Elul (des letzten des alten Jahres) ist es Tradition, bei Morgengrauen die Slichot-Gebete zu singen.

 Bei den Slichot-Gebeten handelt es sich um sogenannte "Piyutim" - das sind lithurgische Gedichte aus dem Mittelalter oder älter, die sich oft reimen, und manchmal in alphabetischer Reihenfolge geschrieben werden, und die später in Musik gesetzt werden. Sie heiligen den Namen des Ewigen und bitten gleichzeitig um Vergebung für das sündenvolle und unbescheidene Leben des letzten Jahres.

Bei den Sepharden werden die Slichot um 5 Uhr früh,also vor Sonnenaufgang und dem Morgengebet, gebetet, während bei den Ashkenazen es spät am Abend, meist nach Mitternacht gebetet werden. Und so sieht man in religiösen Gegenden wie z.B. Nachlaot in Jerusalem oft um 4:30 einen Mann mit einer Glocke durch die Nachbarschaft gehen, der mit Geklingel und "Slichot, Slichot" die Leute aufweckt.

Trotz des Ernst dieser Gebete und des damit verbundenen Insichgehens ist es aber eine wunderschöne Tradition, wo man die Möglichkeit hat, wunderschöne Melodien zu hören und zu singen, und oft wird süßer Tee und Süßigkeiten serviert, um die späten Nacht- oder frühen Morgenstunden zu versüßen.

In letzten Jahren ist es Tradition geworden, dass auch Nicht-Religiöse Slichot-Touren durch religöse Gegenden machen - das sind meist Nachttouren, wo man verschiedenen Nachbarschaften und Synagogen verschiedener Gemeinden sieht - und vor allem hört. Hier ein Beispiel für zwei Slichot-Piyutim, wunderschön vorgesungen von Lior Amendy.

Ein weiterer Trend ist es, dass bekannte israelische Sänger Slichot-Piyutim neu vertonen - hier Meir Banai, der "El Nora Alila" (wie schlimm sind unsere Taten) singt, dessen zweite Zeile heisst "himza lanu mechila be-shaat ha-Neila" (vergebe uns, wenn sich die Pforten schließen), wobei die Pforten des Himmels gemeint sind, die sich beim Schlussgebet von Jom Kippur, dass auch so heisst -Neila - schließen.

Wir wünschen allen Lesern ein Shana Tova u-Metuka (ein gutes und süßes Neues Jahr), und dass der Adon HaSlichot, der Vater der Slichot, die Gebete erhöhern möge.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

Sonntag, 24. August 2014

Jaffo bei Tag und bei Nacht


Die Straßen sind leer, die Gassen gehören ihm allein...

 

In Ephraim Kishons Oskar-nominierten Film „ha-Shoter Azulai“ (dt.: Schlaf gut, Wachtmeister) dreht der Polizist Azulai im Morgengrauen in seinem Revier Jaffo noch eine letzte Runde durch die leeren Gassen (siehe auch Video links). Die Nachtschicht war lang – sie hat ihn in Kinos, Restaurants und Nachtclubs geführt, für die Jaffo berühmt ist. Noch ist es dunkel. Die Wellen des Meeres klatschen gegen die Strandpromenade, während im Hintergrund des großen Uhrturms die Sonne aufgeht.

 

Ain kmo Jaffo ba-Leilot.


Altland vs. Neuland

 

Jaffo, ein Vorort von Tel-Aviv, ist gewissermaßen auch das Gegenteil: Tel-Aviv ist eine moderne und dynamische Stadt der Hochhäuser, trendigen Cafés und schicken Autos. Jaffo kann man zu Fuß erreichen, wenn man die Strandpromenade entlang geht.

 

Nach nur wenigen Metern befindet man sich in einer der ältesten Städte der Welt: Seit über 3000 Jahren existiert Jaffo, das bereits in der Bibel erwähnt wird. Sein Charme ist das Romantische, das Nostalgische, das Historische: Der alte Hafen, die Altstadt, die engen Gassen, die die Geschichte von hunderten von Jahren erzählen: Das mächtige babylonische Imperium, das mächtige osmanische Reich, das mächtige britische Imperium, die Kreuzfahrer, die dachten, Gott ist auf ihrer Seite. Sie alle kamen nach Yafo, sie alle wollten die Stadt erobern. Was blieb: Jaffo.

 

Ain kmo Jaffo ba-Leilot.

 

 

Shuk ha-Pishpishim – der Flohmarkt.

 

Das schließt unseren Besuch am Flohmarkt ab. Freitagvormittag gibt es eigentlich nur einen Ort, wo man in Israel sein sollte: Dem Shuka ha-Pishpishim in Jaffo, wo es sämtliche Gebrauchtwaren gibt, die das Auge und Herz begehrt: Kleidung, Schmuck, Kochinstrumente, die nicht mehr hergestellt werden, Eisenwaren etc. etc.

 

Der Charme ist das Alte. Denn dies ist nicht Tel-Aviv, sondern Jaffo.

 

 

Docktor Shakshuka

 

Der Geruch der gedünsteten Tomaten vermischt sich mit dem sanften Duft des zarten Kalbfleisches. Auch visuell ist das von knallroten Tomaten umgebene perfekt symmetrische Rührei ein Genuss der Sinne. Das Kalbfleisch ist in van-Gogh-artigem Muster hinzugefügt.

 

Mein guter Freund Jacques hat jedoch keine Augen für das gerade servierte Essen. Die Schönheit am Nebentisch hat es ihm angetan. Ihr langes, dunkles Haar weht im Wind, während sie durch den Vorgarten des Restaurants sanft schreitet. Die Stöckelschuhe hallen auf dem verzierten Steinboden des Restaurants. Im Hintergrund wird griechische Musik gespielt, die hier in Yafo sehr populär ist. „Jaffa“, wie die Stadt auch genannt wird, heißt: Hübsch. Wunderhübsch.

 

Ain kmo Jaffo ba-Leilot.
 
 

 

Ain kmo Jaffo ba-Leilot.
 
 

Azulai gähnt. Nur noch ein leckeres Bäckereiprodukt bei Aulafia – der Bäckerei, die seit 1879 existiert und auch für die süßen Sachleb- und Malibi-Getränge bekannt ist – und dann geht es ab ins Bett. Yafo in der Früh ist langweilig und verschlafen. Wenn die Sonne aber untergeht, gilt wieder:

 

Ain kmo Jaffo ba-Leilot.. Nichts ist schöner als Jaffo bei Nacht.