Dienstag, 24. September 2019

Guter Rutsch!


Guter Rutsch? Neues Jahr? Ist das nicht ein bißchen früh?

Nein, ist es nicht: Denn das jüdische Jahr fängt nächsten Sonntagabend an. Es heißt "Rosh Hashana" (wörtlich: "Kopf des Jahres") und wird nach dem Mondkalender berechnet. Man wünscht sich dann "Shana Tova" (hebr. Gutes Jahr), oder eben "Giter Rosh" (auf Yiddish) - und daraus hat sich das deutsche "Guter Rutsch" abgeleitet. Mit Rutschbahn hat es nichts zu tun.

Rosh Hashana, und der darauffolgende Yom Kippur (Tag der Versöhnung) beenden einen Monat an "Slichot"- Vergebungsgebete, wo man sowohl beim Ewigen als auch bei den "Zeitweiligen" (also den Mitmenschen) sum Verzeichung für die Sünden des Vorjahres bittet, und versucht, sich dieses Jahr besser zu halten. Die Slichot-Gebete hören sich so an:
                                           Slichot-Gebete nach sephardischem Ritus

An Rosh Hashana selbst ist es Brauch, zu einem Fluß zu gehen, wo man Brotstücke - die die Sünden symbolisieren, ins Wasser wirft, und hofft, dass die Strömung nicht nur die Brotstücke, sondern auch die sündhaften Tendenzen wegspült. Dieser Brauch heißt Taschlich (Wegwerfen, d.h. Wegwerfen der Sünden) Bei sehr Religiösen kann dann folgendes passieren:
                                           Neulich, beim Taschlich


Eine weitere Tradition, ist es, den Shofar zu blasen: Der Shofar ist ein Widderhorn, dessen Ton durch Körper und Seele dringt - und das ist auch die Idee dahinter. Es ist dies ein letzter Aufruf zur Besserung, zu einem besseren Verhalten in diesem Jahr. Im Hebräischen kommt das Wort "Shofar" auch von derselben Wurzel wie "Shipur", Verbesserung. Dazu kann man dann sagen:

Und so hört sich der Shofar an

Schließlich ist es Brauch, Äpfel in Honig zu tauchen. Damit symbolisiert man ein fruchtvolles Jahr (im wahrsten Sinne des Wortes) sowie ein süßes Jahr. Das ist es auch, was man sich am meisten wünscht: Shana Tova u-metuka (ein gutes und SÜSSES Jahr).

Auch wir von Rosenduftgarten wünschen allen Lesern ein gutes und süßes jüdische Neujahr!
SHANA TOVA u-METUKA

Bilder: Public domain
Text: Rosebud

Mittwoch, 18. September 2019

Gruss von der Wahlkabine (Tel Aviv, 17. September, 2019)

Wer wohl gestern gewählt wurde?


                                                       eene, meene, muh...

Lustige Videos zu Wahlen allgemein und zur heutigen Wahl in Israel gibt es auf unserer Facebook-Seite

Bild und Text: Rosebud

Sonntag, 15. September 2019

Nachruf auf Shimon Peres

 
                                                 Peres (1913-2016)

Vor genau ywei Jahren starb mit Shimon Peres wohl einer der letzten Gründerväter Israels. Der als Szymon Perski in Wiszniew (damals Polen) geborene Staatsmann emigrierte als 10-Jähriger in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina, wo er zunächst als Schafhirte und Kuh-Milcher arbeitete.
                                                         Peres in jungen Jahren


Bereits in jungen Jahren zeigte sich allerdings sein politisches Talent, und so ernennte ihn David Ben-Gurion, später der erste Premierminister Israels, im Unabhängigkeitskrieg zum Leiter des israelischen Seedienstes. Nach der Staatsgründung blieb er Ben-Gurion und der Politik treu - und prägte Israels Politik bis zu seinem Tode.

Es würde den Rahmen sprengen, alle Errungenschaften von Shimon Peres aufzuzählen, daher nur ein paar Highlights:
- zweimalig Premierminister (1986-1988 sowie 1995)
- Präsident (2007-2014)
- Friedensnobelpreisträger
- Träger der amerikanischen "Presidential Medal of Freedom"

... und alles das von einem, der nie eine Wahl gewinnen konnte, und der als Outsider galt - denn er war, im Gegensatz zu Politikern wie Yitzhak Rabin und Moshe Dayan, weder in Israel geboren, noch ein Militärheld gewesen.

Peres aber war ein Aufstehmännchen, der sich von einer verlorenen Wahl nie davon abbringen ließ, es noch einmal zu versuchen, ein unverbesserlicher Optimist, der oft meinte, seine als "naive Träumerei" bezeichnete Idee von Frieden und einem "neuen Nahen Osten" sei nur ein Zeichen seines Pragmatismus.


Begeistern liess sich Peres von neuen Technologien, und von Israels Entwicklung zur "Start-Up-Nation", wie man hier sehen kann, mit typischen Peres-Humor:
                                             Peres und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg

Und so erhielt er vielleicht das beste Kompliment seines Lebens als Nachruf zu seinem Tod: "Peres war ein Visionär", meinte Tim Cook in einem Tweet. Wenn der Geschäftsführer von Apple das über einen 93-Jährigen ehemaligen Schafhirten sagt, dann ist vielleicht die Welt doch kein so schlechter Platz, und der naive Träumer hat doch recht behalten.

Text: Rosebud
Bilder: Public Domain

Mittwoch, 4. September 2019

Lithurgie zu Morgengrauen: Slichot

                                            
             Slichot-Gebet

Seit Anfang dieser Woche befinden wir uns im jüdischen Monats Elul (des letzte Monat des jüdischen Jahres). Und da ist es Tradition, bei Morgengrauen die sogenannten Slichot-Gebete zu singen.

 Bei den Slichot-Gebeten handelt es sich um sogenannte "Piyutim" - das sind lithurgische Gedichte aus dem Mittelalter oder älter, die sich oft reimen, und manchmal in alphabetischer Reihenfolge geschrieben werden, und die später in Musik gesetzt werden. Sie heiligen den Namen des Ewigen und bitten gleichzeitig um Vergebung für das sündenvolle und unbescheidene Leben des letzten Jahres.

Bei den Sepharden werden die Slichot um 5 Uhr früh,also vor Sonnenaufgang und dem Morgengebet, gebetet, während bei den Ashkenazen es spät am Abend, meist nach Mitternacht gebetet werden. Und so sieht man in religiösen Gegenden wie z.B. Nachlaot in Jerusalem oft um 4:30 einen Mann mit einer Glocke durch die Nachbarschaft gehen, der mit Geklingel und "Slichot, Slichot" die Leute aufweckt.

Trotz des Ernst dieser Gebete und des damit verbundenen Insichgehens ist es aber eine wunderschöne Tradition, wo man die Möglichkeit hat, wunderschöne Melodien zu hören und zu singen, und oft wird süßer Tee und Süßigkeiten serviert, um die späten Nacht- oder frühen Morgenstunden zu versüßen.

In letzten Jahren ist es Tradition geworden, dass auch Nicht-Religiöse Slichot-Touren durch religöse Gegenden machen - das sind meist Nachttouren, wo man verschiedenen Nachbarschaften und Synagogen verschiedener Gemeinden sieht - und vor allem hört. Hier ein Beispiel für zwei Slichot-Piyutim, wunderschön vorgesungen von Lior Amendy.

Ein weiterer Trend ist es, dass bekannte israelische Sänger Slichot-Piyutim neu vertonen - hier Meir Banai sel. And., der "El Nora Alila" (wie schlimm sind unsere Taten) singt, dessen zweite Zeile heisst "himza lanu mechila be-shaat ha-Neila" (vergebe uns, wenn sich die Pforten schließen), wobei die Pforten des Himmels gemeint sind, die sich beim Schlussgebet von Jom Kippur, dass auch so heisst -Neila - schließen.

Wir wünschen allen Lesern ein Shana Tova u-Metuka (ein gutes und süßes Neues Jahr), und dass der Adon HaSlichot, der Vater der Slichot, die Gebete erhöhern möge.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

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Montag, 2. September 2019

Nazikiller-Ballerina



"Zieht Euch aus!", rief  SS-Oberscharführer Walter Quakernack der Gruppe Frauen zu, die gerade in Auschwitz angekommen waren. Eine davon, eine ausgebildete Tänzerin,tat dies in einer erotischen Striptease-Performance. Quackernack schaute ihr mit lechzender Zunge zu. Plötzlich nahm sie ihren Stöckelschuh und bohrte den Absatz in seine Stirn. Der SS-Oberscharführer sank zu Boden. Die Tänzerin griff sich seine Pistole, und schoss auf zwei weitere SS-Männer. Die anderen Frauen folgten dem Beispiel, und stürzten sich auf die Nazis, nach Berichten zufolge schafften sie es, einen zu skalpieren, und einen anderen die Nase aus dem Gesicht zu reissen. Dann aber kam vollbewaffneter Nachschub der Nazis, mit auf die Frauen gerichtete Maschinengewehre. Die Tänzerin, die sah, wie aussichtslos die Situation war, nahm die Pistole, die sie vom ersten SS-Mann entwendet hatte, setzte sie an ihre Stirn - und drückte ab...

Was wie eine Szene aus einem Tarantino-Film klingt - so in etwa "Kill Bill meets Inglorious Basterds", beruht auf wahren Begebenheiten - es ist dies die Geschichte von Francisza Mann, einer 1917 in Polen geborener Jüdin, die bereits in jungen Jahren (zur Zeit ihres Todes war sie 26 Jahre alt) bereits eine Karriere als Ballerina für sich geschaffen hatte. Als zusätzliche Einnahmequelle tanzte sie in Nachtclubs, wo sie wohl das Ablenkungsmanöver des Stripteasetanzes ebenso lernte, und auch, wie man sich lästige Männer weghält...



Diese Geschichte wäre wohl in Vergessenheit geraten, hätte sich nicht, wie in "Haaretz" berichtet  2019 das "Jerusalem Ballet" sich - wie passend! - durch ein Ballett sich ihrer erinnert. Die Premiere war am 1. September 2019. Das ist der 80. Jahrestag des Beginn des Zweiten Weltkriegs.





Text: Rosebud
Bilder: Public Domain

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