Mittwoch, 14. November 2012

Die schwarze Nachtigall der israelischen Musik

Die ganze Welt ist Bühne
Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.

Shakespeare

Man wird schon als Schauspieler geboren - (...) und wir spielen und heucheln. (...) Sogar in unseren Liedern.
Zohar Argov



                Zohar Argov
          
Vor genau 25 Jahren, im November, 1987, wurde Zohar Argov tot in seiner Gefängniszelle in Rishon LeZion gefunden. Mit 32 Jahren nahm sich dieses Idol des "zweiten Israels” das Leben: Er erhängte sich mit seinem Bettlaken. Niemand hat israelische Musik so revolutioniert wie der "Melekh" (König oder "The King"). Er schaffte es, "Musica Mizrahit" vom Status einer subkulturellen Randbewegung zu einem integralen Teil israelischer Kultur zu erheben.  Heute spielen dieselben Radiostationen, die einst seine Schallplatten boykottierten,


Einsam, auf dem Weg ins Nichts

(Das Lied des selben Titels heißt auf Hebräisch "Badad")

Zohar Argov wurde als Zohar Orkabi am 8. July 1955 zu jemenitischen Immigranten in Shikun mizrakh, einem Armenviertel in Rishon LeTzion, Israel, geboren. Die zehnköpfige Familie musste sich in einer Zweizimmerwohnung zurechtfinden, und war auf die finanzielle Hilfe jades Familienmitglied angewiesen. Zohar tat mit 13 Jahren, was von ihm erwartet wurde: Er brach die Schule ab und fing an, im Bau zu arbeiten. Gleichzeitig tat er bereits erste Schritte in der Musik: Zohar Argovs erste Zuhörer Gäste von Bar-Mitzvahs waren, wo er sang – und sich den Spitznamen Hasamir ("die Nachtigall") erwarb.

Die Jahre sind vergangen, aber an die Tage werde ich mich erinnern.
Zohar Argov, Kfar Awru Hashanim - so vergingen die Jahre)


Im Alter von 17 Jahren heiratet Zohar Argov. Er arbeitete tagsüber am Bau und sang nachts in Klubs. Gleichzeitig taucht am 13. Januar 1971 der Name "Pantherim Haskhorim" (Schwarze Panther) das erste Mal in der Zeitung auf. Inspiriert durch ihren amerikanischen Counterpart setzten die israelischen Schwarzen Panther den Kampf um soziale Gleichberechtigung der Mizrahim, Juden aus Nordafrika und dem Nahen Osten, an die Spitze. Auch kulturell trat eine neue, dismal authentische Stimme der Mizrahim an die Oberfläche: Es war die Stimme von Zohar Argov.

Zunächst trat er in kleinen Clubs wie Piano Bar ‘77 in Rehovot, und Moadon Habarvas in Yafo auf, wo er schon bald einen Namen für sich machte. Einer der Hauptgründe seiner Beliebtheit war der bewusste Einsatz nahöstlicher Musikformen, wie z.B. muwal (frei rhythmische Einweisung durch Wechsel von Kopf- und Bruststimme), lazima (Stimmeinsatz, gefolgt durch kurze instrumentale Antwort) und, natürlich, die nasale Stimme. Auch benutzte er Instrumente der Region wie Bozouki, Oud, und Qanun im Zusammenspiel mit Standard-Rockinstrumenten.

Aber nicht nur die Musik war unterschiedlich: Zohar Argovs Texte waren persönlich, sie handelten von Liebe, von Einsamkeit. Statt des Militärismus und Nationalismus der Mainstream-Musik traten unterpriviligierte Minderheiten in den Vordergrund seiner Lieder, sei es ein alter Beduine oder eine Zigeunerin. Er drückte eine neues Mizrahu- Selbstbewusstsein aus, als er die Heimat seiner Eltern, Jemen, als Thema für eines seiner Albume wählte (kerem hatejmanim, "die Weingärten der Jemeniten").

Bald kamen die ersten Kassetten heraus. Dies war der Beginn eines neuen Genres, musica hakassetot (Kassettenmusik) – im Gegensatz zum Mainstream, der auf Schallplatten produziert wurde. Sogar der Leiter des staatlichen Radios benutzte diesen Ausdruck. Jedoch weigerte er sich "aufgrund des niedrigen Niveaus der Texte, Musik und Begleitung" diese Musik zu spielen. Aber selbst er konnte den Erfolg nicht aufhalten: Die Clubs, in denen Argov auftrat waren ebenso schnell ausverkauft wie seine Kassetten. Und aus fast jedem Laden der Tahana Merkazit [Hauptbusbahnhof] Tel Avivs dröhnte die Musik Zohar Argovs. Eine Subkultur war geboren.

Dann, im Jahr 1982, kam das Festival der Musica Mizrahit: Zohar Argov sang – und gewann den Wettbewerb mit- sein wohl bekanntes Lied, Ha-Perah BeGani ("Die Blume in meinem Garten"). Das Lied   war bahnbrechend und das israelische Musikestablishment konnte dieses Genre nicht länger ignorieren 

Leider endete sein Weg so wie der seines Spitznamensvetter (Elvis Presley): Drogen, Reha und Gefängniszellen. Am 6. November 1987 nahem er sich das Leben.

Hier ist nocheinmal sein größter Hit: Ha-Perech be-Gani

Zohar Argov - die Nachtigall singt nicht mehr, doch wir hören Ihre Stimme auch heute noch, 25 Jahre nach ihrem Tod, und genauso schön wie damals...

Bilder: Public Domain
Text: Rosebud





 

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