Montag, 2. November 2015

Ein Jude im Gefängnis Kaddafis


Was macht ein Jude aus gutem Zuhause in einer Folterkammer des lybischen Tyrannen Kaddafis? Diese Frage stellte sich Rafram Haddad auch. Wir schreiben das Jahr 2010, März. Haddad, in Israel lebender gebürtiger Lybier war in seinen Geburtsort gefahren, um dort im Auftrag einer Organisation der Erhaltung des lybisch-jüdischen Kulturerbes jüdische Friedhöfe und ehemalige Synagogen dort zu dokumentieren.  Kurz nach seiner Ankunft wird er vom lybischen Geheimdienst verhaftet, die ihn verdächtigen, ein Mossadagent zu sein. Er wird zu einem Kellergeschoss gebracht, wo er für fünf Monate lang verhört und gefoltert wird. Haddad ist sich sicher, dass er nie wieder lebendig herauskommt.

 

So fängt eine Reise unbekannten Ausgangs an. Diesen Freitag hat Rafram Haddad in Israel sein neu herausgekommenes Buch „Raframs Reiseführer der lybischen Haft“ (Hebräisch) vorgestellt, das seine Zeit in der Haft dokumentiert. Der Ausgang dieser Haft könnte in einem James Bond-Film passen: Haddad sitzt in einem Privatflieger von Tripoli nach Wien, neben ihn schlürft der australische Milliardär Martin Schlaff mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman Champagner. Sie erzählen Haddad, dass hinter den Szenen der russische Präsident Vladimir Putin, der italienische Premierminister Silvio Berlusconi, der englische Premierminister Tony Blair und der französische Präsident Nicolas Sarcozy tätig waren. Alle hatten nur ein Ziel: Die Rettung Rafram Haddads.

 

 
 
Die Leser von Haddads Buch bekommen einen Einblick in den Nahen Osten vor dem „arabischen Frühling“: Alle Diktatoren waren noch an der Macht, allen voran Kaddafi, der damals zu den am längsten amtierenden Regierungschefs weltweit gehörte (ununterbrochen 1969 bis zu seinem Sturz und Tötung 2011), und seine Macht u.a. durch beliebige Verhaftungen und Folter wie die, die Haddad erlebte, zum Ausdruck brachte. Keiner hätte damals gedacht, dass die Regierungen Ägyptens, Tunesiens und Lybien wie ein Kartenhaus fallen würden, und Syrien in einen blutigen Bürgerkrieg involviert sein würde, der bis heute anhält. Nicht nur Haddad würde die unerwartete Luft der Freiheit bald riechen und sehen - nur sollte es ein kurzer Frühling für sie werden, dem ein kalter und brutaler Winter folgte.
 
Text: Rosebud
Bild: Public Domain

 

 


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