Montag, 7. März 2022

MyHeritage - High-Tech und Familienstammbaum

 

 

                                            My Heritage Hauptquartier in Or Jehuda, Israel


Or Jehuda

Or Jehuda ist eine verschlafene Kleinstadt südlich von Tel Aviv. Im Gegensatz zu Tel Aviv, Jerusalem und Haifa hört man weder im Ausland noch in Israel selten von ihr, und wenn, dann eher Kurioses, wie die Verbrennung von Neuen Testamenten oder die Partnerstadt in Deutschland - Charlottenburg-Wilmersdorf (ja, Or Jehuda hat es nicht einmal geschafft, eine ganze Stadt als Partnerstadt zu haben, stattdessen muss sie es mit einem Stadtteil von Berlin vorlieb nehmen)

Jedoch hat Or Jehuda nicht nur eine lange und interessante Stadtgeschichte, sondern leistet auch Pionierarbeit - so war es eine der ersten Städte, die mit der Bar-Ilan Universität ein Mathematikprogramm für talentierte Gymnasiasten entwickelte (die Kurse an der Uni nehmen können). Auch ist mit Babylon eine der führenden Software-Firmen für Ubersetzung in Or Jehuda.

Ja, und dann ist da MyHeritage.


Israelische Chutzpe und deutsche Gründlichkeit


Wir schreiben das Jahr 2004. Gilad Japhet, der ein Jahr zuvor MyHeritage, eine Geneologie-Webseite in Or Jehuda gegründet hat, fliegt zu einer deutschen Start-Up-Firma nach Dresden, die eine Gesichtserkennungs-Software entwickelt hat. Der deutsche Gründer ist bereit, sie für 250.000 Euro zu verkaufen. "Ich biete Ihnen dafür 0 an", sagt Japhet - und erhält die Software.

Denn statt Geld gibt er der deutschen Start-Up, die die Software für Anti-Terror-Maßnahmen entwickelt hat, etwas viel Besseres: eine Datenbank von anonymen Gesichtern in verschiedenen Altern. "Bei uns in der Geneologie hinterlegen Menschen Fotos ihrer Oma im Alter von 6 bis 90", erzählt Japhet seinen Kollegen (und erinnert sich daran in einem Interview mit "the Marker") "und somit kann man daraus ein Alogrithmus entwickeln, mit dem man ungefähr schätzen kann, wie ein Terrorist, der beispielsweise 5 Jahre nicht gesehen wurde, heute ausschaut."

Zwischen Archivarbeit und High-Tech


MyHeritage hat ein sehr ungewöhnliches Konzept: einerseits basiert es auf Archivarbeit, alten Dokumenten und vergilbten Fotos - und, auch da sind sie Pioniere Fotografien von Grabsteinen.

Andererseits ist es eine High-Tech-Firma, die Algorithmen und in Web- und Handyversionen neuester Flash-Technologie Stammbaume entwickelt, Gen-Test analysiert, und ein Teil der "Big Data"-Revolution ist. 

Und genau die Mischung macht es! So hat MyHeritage über eine Milliarde Users weltweit, ist in 42 Sprachen erhältlich und verfügt über mehr als 6 Milliarden historische Aufzeichnungen. Vertreter von MyHeritage fahren in die entferntesten Ecken der Welt, um Stämme zu dokumentieren, die vom Aussterben bedroht sind. 

MyHeritage kauft ein

Und heute? MyHeritage hat inzwischen verschiedene Zweigstellen in Israel, und auch in Amerika. Es konnte seinen grössten Konkurrenten (Geni) aufkaufen, sowie ein Abkommen mit dem dänischen Nationalarchiv abschliessen. 2013 gewann MyHeritage den 1. Platz als eines der aussichtsreichsten israelischen Start-ups. Und heute, 2021, wurde MyHeritage von Francisco Partners für sage und schreibe 600 Millionen Dollar gekauft. Und das Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Bild: Public Domain
Text: Rosebud

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